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Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018. Cedric BalmoreЧитать онлайн книгу.

Auswahlband Schicksalsroman 8 Romane in einem Buch September 2018 - Cedric Balmore


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Fachkenntnisse.

      „Donnerwetter“, meinte Winter, „für eine Schwester sind Sie ganz gut im Bilde, finde ich.“

      Doris lächelte bescheiden und sagte zu Winter: „Mein geschiedener Mann war Internist. Zwar mit der Fachrichtung Kardiologie. Aber damit hat er eigentlich sehr spät erst begonnen. Vorher ist er mehr allgemeinorientierter Internist gewesen. Und Fälle von Leberzirrhose gehören nun einmal in diese Praxis.“

      „Werden auch in Zukunft zu Ihrer Praxis gehören“, sagte Winter. „Umso besser für Sie und die Patienten, wenn Sie so einschlägig fundierte Kenntnisse haben. Ja, mein lieber Herr Graf, gibt es noch Fragen?“ Er wandte sich Dr. Graf zu, und der schüttelte den Kopf.

      „Sind Sie also noch weiter interessiert? Oder möchten Sie es erst von einem Rundgang durchs Haus abhängig machen“, fragte Winter.

      „Vielleicht ja“, meinte Doris zögernd.

      ,,Dann werden Sie ihr bitte Ihre Abteilung kurz vorführen, Herr Graf“, schlug Winter vor.

      Es war keine normale Schwesterneinstellung. Da hätte man sich diese Mühe vermutlich nicht gemacht. Aber Graf suchte eine rechte Hand, der man also immer absolut vertrauen musste und mit der er engstens zusammenarbeiten wollte. Folglich kam es da auf etwas mehr an als üblich. Und so führte er sie durch seine Abteilung, erklärte ihr sachlich alles, machte keine umschweifenden Worte, blieb konkret beim betreffenden Punkt.

      Doris war ihm sehr dankbar dafür. Sie hatte in letzter Zeit einige solcher Gespräche mit Klinikleitern und Abteilungsärzten hinter sich. Die Bewerbung um diese Stelle zwar ihr zwölfter Versuch. Nicht, dass die anderen sie nicht genommen hätten. Im Gegenteil. Sie wollten sie alle haben. Sie war es gewesen, die schließlich ablehnte. Und oft genug hatte es gar nichts mit den betreffenden Kliniken zu tun, sondern in erster Linie mit den in Frage kommenden Ärzten. Der ihr nicht unbekannte Blick von unten nach oben, den Männer beim Betrachten einer Frau oft anwandten, tat ihr beinahe körperlich weh. Sie konnte sich die Gedanken jener Männer vorstellen und wusste, dass das Zusammenarbeiten nicht ohne Probleme bleiben würde. Da hatte sie lieber vorher verzichtet.

      Bei Wieland Graf war alles anders. Für ihn, diesen Eindruck hatte sie sofort, schien sie ein absolutes Neutrum zu sein. Ein Wesen, geschlechtslos und unpersönlich. Und genau das hatte sie im Grunde gesucht. Einen Mann, der nicht die Frau in ihr sah, sondern den Mitarbeiter.

      Nach dem Rundgang, den Graf hinter sich gebracht hatte wie eine üble Pflicht, gingen sie beide noch einmal zu Professor Winter.

      Als sie dann vor ihm saß, schaute er sie gespannt an, und sie sagte lächelnd: „Hier gefällt’s mir. Wenn Sie mich wollen, ich möchte auch.“

      Winter lachte und schien sichtlich erleichtert. „Also gut. Und wie sieht es bei Ihnen aus, Herr Graf?“

      „Ich bin sehr einverstanden.“

      Dieses „sehr“ in seiner Antwort war das erste deutliche Zeichen, dass er Doris nicht ablehnte, sondern sie offenbar akzeptierte. Und als sie ihn daraufhin ansah, lächelte er verstohlen, wurde dann sofort wieder ernst und fügte seinen Worten von eben hinzu:

      „Die Voraussetzung wäre natürlich, dass Sie auch die stellvertretende Stationsschwesterrolle übernehmen.“

      Nicht Doris, sondern Winter antwortete darauf:

      „Mein lieber Herr Graf, das ist Frau Fenzing bekannt. Ich hatte das von vornherein so ausgeschrieben, wenn Sie sich an den Text der Annonce erinnern würden.“

      „Ach ja, jetzt fällt es mir ein“, sagte Graf. „Dann ist ja alles klar. Und wann kommen Sie?“

      „Den Ersten nächsten Monats. Das ist ein Mittwoch“, sagte Doris, als Graf einen Blick auf den Kalender werfen wollte.

      Winter tat es dennoch und nickte bestätigend. „Ja, es ist ein Mittwoch. Wie sieht es denn bei Ihnen mit einer Wohnung aus?“ Er blickte Doris fragend an.

      „Das ist ein Problem, das ich schnell gelöst habe. Sie brauchen sich nicht zu bemühen, und ich hatte auch nicht vor, hier im Hause ein Zimmer zu nehmen oder dergleichen.

      „Ist auch etwas problematisch. Wir sind knapp an solchen Räumen“, erwiderte Winter. Dann lächelte er und streckte Doris die Hand hin. „Auf gute Zusammenarbeit.“ Er erhob sich gleichzeitig, und sie stand ebenfalls auf. Graf zögerte noch, dann stemmte er sich aus dem Sessel hoch.

      Als sie sich dann von ihm verabschiedete, meinte sie einen prüfenden Blick auf sich zu spüren. Der Händedruck von ihm war fest, und er sagte: „Auf gute Zusammenarbeit, Frau Fenzing, oder soll ich schon Schwester Doris sagen? Sie heißen doch Doris, nicht wahr?“

      Sie nickte. „Ja. Von mir aus sagen Sie Schwester Doris.“

      „Dann sehen wir uns am Ersten früh um acht. Es wäre vielleicht ganz ratsam, wenn Sie hier am Tag vorher noch einmal anrufen, dass alles dabei bleibt. Schließlich müssen wir uns darauf einrichten.“

      Sie nickte und versprach es. Dann ging sie.

      Sie hatte ein merkwürdiges Gefühl, als sie die Klinik verließ und die Hirschauer Straße in Richtung Stadt entlangging. Sie hätte ein Taxi nehmen und zu ihrer Pension zurückfahren können, aber sie wollte ganz gerne zu Fuß gehen. Beschloss dann, einen Spaziergang durch den Englischen Garten zu machen. Es war herrliches Wetter draußen, und sie hatte Zeit. Zeit den ganzen Tag. Auch die nächsten Tage. Bis zum Monatsende reichte ihr Urlaub. Gekündigt hatte sie ja schon länger. Und irgendwie war sie froh, nicht mehr nach Erlangen zurückzumüssen. Höchstens um ihre Sachen zu holen. Davor graute es ihr. Es bedeutete die Wohnung – die gemeinsame Wohnung – zu betreten, die sie mit ihrem Mann sechs Jahre geteilt hatte. Sechs Jahre einer Katastrophe, wie sie sich eingestand. Ein Mann, den sie viel zu spät als Ehrgeizling und Weiberheld entdeckt hatte. Aber als es ihr klar wurde, war der Würfel schon gefallen, und sie trug seinen Namen. Seit ihrer Scheidung nannte sie sich wieder Fenzing wie früher als junges Mädchen.

      Als sie dann im Englischen Garten war und einen der Wege entlangging, entdeckte sie eine Bank. Sie ließ sich in vollem Sonnenschein darauf nieder, lehnte sich zurück, beugte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Die wärmende Sonne tat ihr wohl. Und zugleich war es ein Platz zum Träumen. Ihr erschien allerdings das, woran sie denken musste, eher wie ein Alptraum. Gedanken an eine Ehe, Gedanken an einen Weiberhelden, der zugleich an nichts mehr dachte als an seine Karriere. Dem jede Form recht war, die ihm helfen konnte, seine Karriere zu beschleunigen.

      Eine Zeit lang war es ihr gelungen, ihn wieder fester an sich zu binden und sein Streben einzudämmen, ihn mehr daran zu erinnern, was das Leben schön macht. Doch es hatte nicht lange gedauert. Er betrog sie, wo sich die Gelegenheit dazu bot, und er machte es geschickt. Sie brauchte Jahre, um dahinterzukommen.

      Vielleicht bin ich lange Zeit die Einzige gewesen in der ganzen Klinik, die von nichts wusste, die ahnungslos war, während alle anderen über ihn und besonders über mich Bescheid wussten.

      Die Gedanken an diese Zeit waren schmerzhaft. Schon dabei regte sich ihr Trotz aufs Neue, ihre Wut. Eine ohnmächtige Wut, wie ihr bewusst geworden war. Spätestens während der ganzen Scheidungsprozedur war sie dahintergekommen, dass ihr Mann sogar diesem Ausgang seiner Ehe vorgebeugt hatte. Vor Gericht spielte er die Rolle eines frustrierten, unverstandenen Ehemannes, dessen kaltherzige, unnahbare Frau ihn geradezu gezwungen hatte, die menschliche Wärme, die ihm seine Frau angeblich nicht geben konnte, bei anderen Frauen zu suchen. Ein Bild des Mitleids. So hatte er auch auf die Richterin gewirkt.

      Eine Richterin!, dachte Doris. Eine Frau wie ich. Aber er hatte ihre volle Sympathie. Und mich hat sie jedes Mal angesehen wie eine, der ganz recht geschieht, von einem Mann betrogen zu werden.

      Ihr eigener Anwalt war auch kein Ausbund juristischen Könnens gewesen. Sie hatte einfach den ersten besten genommen und musste nun die Konsequenzen tragen. Aber das Einzige, was sie wirklich wollte, war, von ihrem Mann loszukommen und von ihm wegzugehen. Männer, das hatte sie sich geschworen, würden niemals mehr in ihre Intimsphäre gelangen.

      Das alles war jetzt zwei Monate her; frisch


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