Roman Paket 9 Glenn Stirling Liebesromane für den Strand. Glenn StirlingЧитать онлайн книгу.
doch nicht mit rechten Dingen zu“, brüllte Gött. „Mit einem Male sechs Schwestern krank, drei Ärzte krankgemeldet, wie soll denn hier der Betrieb aufrechterhalten werden?“ Sein Augenmerk richtete sich jetzt auf seinen Oberarzt Dr. Kiesewetter. Hans Breitenbacher wirkte eher zierlich und schwächlich. Sein ein wenig unproportioniert großer Kopf erinnerte umso mehr an den geistigen Theoretiker, der er auch war.
„Sie hätten Ersatz besorgen müssen. Wieso haben Sie das nicht getan, Kiesewetter?“
„Weil gestern nur drei Krankmeldungen vorlagen, zwei von Ärzten, eine von einer Schwester. Ich bin kein Hellseher, Herr Chefarzt. Ich kann nicht voraussehen, dass heute so viele Krankmeldungen vorliegen.“
„Dafür haben wir aber eine Personalstelle in diesem Haus“, fauchte Gött. „und als ich eben da angerufen habe, wusste noch niemand etwas von unserem Dilemma. Zum Teufel nochmal, wollen Sie mir vielleicht verkaufen, Sie hätten sich um alles gekümmert? Einen feuchten Kehricht haben Sie getan!“
Götts Blick schweifte in die Runde, er suchte ein neues Opfer. Und da war es schon: Ina Bender, die schlanke, dunkelhaarige Ärztin, ahnte in diesem Augenblick, dass sie an der Reihe war.
„Und Sie, Frau Bender, schicken ausgerechnet für heute zwei Schwestern auf diesen verdammten Lehrgang. Wie kommen Sie darauf? Sind Sie total verrückt geworden?“
„Die Entscheidung, welche Schwestern den Lehrgang machen werden, musste bereits vorige Woche fallen. Auch ich gehöre nicht zu den Hellsehern, falls Sie das erwartet haben sollten.“
„Werden Sie hier nur nicht vorlaut!“, brüllte Gött und er wuchtete mit der Faust auf die Schreibtischplatte. „Hier bestimme ich und sonst niemand! Und ich will gefragt werden, wenn irgendjemand in einen Lehrgang geht.“
„Ich hatte es gebilligt, Herr Chefarzt“, erklärte Kiesewetter und Ina blickte den Oberarzt überrascht an. Von seiner Seite hatte sie keine Hilfestellung erwartet.
„Ich bestimme hier!“, brüllte Gött erneut. „Und ich schicke Leute auf den Lehrgang und nicht Sie! Und jetzt die zweite schlechte Nachricht an diesem Morgen. Auch das haben Sie gewusst, Kiesewetter. Wir müssen einen Arzt und einen Pfleger oder eine Schwester zu diesem verdammten Containerschiff schicken, das auf der Reede vor Cuxhaven liegt.“
Keiner der Ärzte, die da vor Gött standen, stellte eine Frage. Dabei brannte sie allen dreien auf den Lippen. Denn niemand wusste, welche Seuche denn auf dem Containerschiff ausgebrochen war. Offenbar kannte nur Gött die Einzelheiten. Aber er hatte im Augenblick alles andere im Sinn, als seine Ärzte zu unterrichten. Er war ganz einfach wütend, dass er so viele Krankmeldungen hatte und zudem noch Personal zu einem Notfall abstellen musste.
Krebsrot im Gesicht brüllte Gött: „Ich kann da nicht irgendeinen Anfänger hinschicken. Das muss ein Arzt sein, der Erfahrung hat und der sich nicht mehr in der Facharztausbildung befindet.“
Völlig überraschend für alle Umstehenden sagte Oberarzt Dr. Kiesewetter plötzlich: „Ich bin bereit, das zu erledigen, und im Übrigen käme ja nur der Kollege Breitenbacher in Frage, der mit seinem Fuß nicht kann. Die Kollegin Bender möchte ich nicht noch einmal auf ein Schiff schicken, das hatten wir bereits. Und sonst kommt wohl niemand anderer in Frage.“
Gött blähte die Nasenflügel. Die Zornesader auf seiner Stirn schwoll noch mehr an. Er wollte schon wieder losbrüllen, da schellte das Telefon. Missmutig nahm er ab und bellte seinen Namen in den Hörer.
Die Umstehenden verstanden nicht, was am anderen Ende der Leitung gesprochen wurde. Aber das Gesicht von Gött wurde so dunkel, fast blaurot, dass Ina sich um die Gesundheit ihres Chefs Sorgen machte. Er sah jedenfalls aus, als befände er sich unmittelbar vor einem Schlaganfall. Doch er schwieg, er hörte nur. Aber dann brach es aus ihm heraus wie eine Detonation.
„Soll ich mir Personal aus den Fingern saugen? Ich habe selbst nicht genug Leute heute. Völlig unmöglich ... Nein, ausgeschlossen ... Es interessiert mich einen Dreck, ob das so abgemacht ist oder nicht. Wenn ich keine Leute habe, kann ich Ihnen keine geben... Ich brülle so viel wie ich will. . . Nein, es geht nicht und damit basta!“ Er knallte den Hörer auf die Gabel und sah wild um sich.
So sehr ihn Ina sonst mochte, aber in seinen cholerischen Ausbrüchen, die von Zeit zu Zeit wie bei einem Vulkan stattfanden, war er ihr unheimlich. Aus diesem Grund wohl hatte er trotz seines hohen internationalen Ansehens nicht gerade sehr viele Freunde.
„Diese Idioten!“, polterte Gött. „Wollen die von mir für den Notdienst zwei Mann haben. Ich kann sie doch nicht zaubern. Da weist diese Knalltüte auf das Bereitschaftsabkommen. Sollen die sich selber welche im Frühbeet wachsen lassen. Ich kann keine Ärzte und Schwestern aus dem Boden stampfen.“ Plötzlich schien ihm etwas einzufallen. Er blickte zornig auf Kiesewetter. „Haben Sie eigentlich Schwester Heidemarie freigegeben für diese Woche?“
„Sie ist zur ihrer Mutter nach Köln gefahren“, erklärte Kiesewetter, „und hatte schon vor Wochen um diese vier Tage, die es sind, Herr Chefarzt, und nicht eine Woche, Urlaub gebeten.“
„Und jetzt? Wer macht das jetzt?“ Kiesewetter blickte hilfeheischend auf Ina Bender.
Die verstand Kiesewetters Blick und erwiderte an seiner Stelle: „Das macht Schwester Marita.“ „Schwester Marita?“, Gött' schüttelte den Kopf und dachte nach. „Wer ist denn das?“
Er hatte den Namen wohl schon irgendwann mal gehört, aber er konnte sich nicht an das Gesicht der Schwester erinnern.
Auch Kiesewetter schien da seine Schwierigkeiten zu haben.
Aber genau an Kiesewetters Adresse richtete Gött die nächste Frage: „Ist sie qualifiziert? Immerhin tut sie Stationsschwester-Dienst.“
Auch jetzt musste Kiesewetter wieder auf Ina schauen und die erklärte spontan:
„Natürlich ist sie qualifiziert. Sie ist eine hervorragende Schwester. Außerdem hat sie eine ganze Zeit lang den Spätdienst gemacht. Das müsste Ihnen doch aufgefallen sein, Herr Chefarzt.“ Gött, der sich eben ein wenig beruhigt hatte, wurde wieder krebsrot und brüllte los: „Was mir auffallen muss und was nicht, geht Sie einen Dreck an, merken Sie sich das!“
„Sie sind hier nicht auf dem Kasernenhof, Herr Chefarzt“, widersprach ihm Ina heftig, die es nicht ausstehen konnte, angebrüllt zu werden, auch nicht von ihm.
Ob das ein Kasernenhof ist oder nicht...“,
... das bestimme ich“, ergänzte Ina Bender und lächelte ihn herausfordernd an.
Sie war die einzige, die ihm in solchen Situationen Widerpart gab.
Er wollte schon zu erneutem Gebrüll ansetzen, besann sich aber eines Besseren und grollte nur noch: „Was für eine Qualifikation hat sie denn?“
„Sie könnte jederzeit als Stationsschwester arbeiten, hatte sich auch darum beworben“, erklärte Ina ruhig, „doch es war keine Stelle bei uns frei.“
„Wieso kenne ich sie nicht?“
„Sie kennen sie ja.“
„Ich weiß aber nicht, wer sie ist!“, brüllte Gött. „Ich will sie sehen, schicken Sie mir die mal her! Und jetzt raus mit Ihnen allen! Und sehen Sie bloß zu, dass Sie über die Runden kommen, ganz gleich wie.“
„Und was ist mit der Bereitschaft?“, fragte Breitenbacher jetzt.
„Was für eine Bereitschaft?“, brüllte Gött.
„Die Bereitschaft, zu der wir verpflichtet sind, Herr Chefarzt, Sie können das jetzt nicht einfach abwehren. Bei der nächsten Gelegenheit bekommen wir Ärger. So wie die uns brauchen, brauchen wir die. Es ist auch durchaus möglich, ein oder zwei Tage mit einer kleineren Besetzung auszukommen“
„Darüber denke ich nach. Aber dazu brauche ich keinen von Ihnen. Raus!“ Es war seine Art und die kannten sie ja, wenn sie ihnen auch nicht gefiel.
Kiesewetter war am ehesten