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Neun ungewöhnliche Krimis Juni 2019. Pete HackettЧитать онлайн книгу.

Neun ungewöhnliche Krimis Juni 2019 - Pete Hackett


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in Luft aufgelöst, und eine Sekunde lang glaubte ich schon, einer Fata Morgana aufgesessen zu sein. So etwas kommt ja vor.

      Man ist von etwas so besessen, dass man Dinge sieht und hört, die gar nicht existieren, und sich irgendetwas einbildet, sich aus kleinen Versatzstücken der Wirklichkeit etwas zurechtlegt, das dann nichts als Erfindung ist.

      Aber die junge Frau hatte sich keineswegs in Luft aufgelöst. Mein Blick fiel auf das zerstörte Siegel der Kripo.

      Die Lady, der ich auf den Fersen war, befand sich in der Wohnung!

      Jake McCord hätte jetzt an die Hüfte gegriffen, blitzartig seinen 45er aus dem Holster gerissen und dann mit einem kraftvollen Tritt die Tür geöffnet.

      Ich ging da entschieden ziviler vor, schon deshalb, weil ich keinen 45er Colt an der Seite hatte. Vor allem war ich keineswegs scharf darauf, irgendwelche Reparaturrechnungen begleichen zu müssen.

      So drückte ich also ganz einfach die Klinke herunter, machte auf, blickte in den noch immer völlig chaotischen Flur, und dann sah ich sie.

      Ihr hübsches, fein geschnittenes Gesicht war bleich wie die Wand geworden. Fast so bleich wie das Gesicht von Lammers, als ich ihn in der Badewanne gesehen hatte. Aber sie hatte es besser.

      Sie hatte sich nur zu Tode erschrocken, Lammers war tot. Ein nicht unbeträchtlicher Unterschied, den sie im Moment aber wohl nicht so recht zu würdigen wusste.

      Sie machte ihren hübschen roten Mund erst auf und dann wieder zu. Und dann schluckte sie.

      Und ich?

      Jake McCord blieb so gelassen, wie es in dieser Lage nur möglich war.

      Ich nickte ihr zu. "Tag", murmelte ich. "So sieht man sich wieder!"

      Sie schien nicht zu begreifen. "Wer...?"

      "Erinnerst du dich nicht?" Ich duzte sie einfach.

      "Woran?", fragte sie unsinnigerweise.

      Ich erklärte ihr: "Wir sind uns schon einmal begegnet. Eine Treppe tiefer vor meiner Wohnungstür. Du hattest es ziemlich eilig ..."

      Sie atmete tief durch, und irgendwie machte es ganz den Eindruck, als sei ihr eine Zentnerlast vom Herzen gefallen. "Ja", sagte sie. "Ich erinnere mich."

      "Hattest du mit jemand anderem gerechnet?"

      "Wieso?"

      "Es war nur eine Frage."

      "Hör mal, ich ..." Sie brach ab und kam etwas näher. Ich blieb in der Tür stehen.

      "Bist du eine Freundin von Jürgen Lammers?"

      "Wieso?"

      Auskunftsfreudig war sie jedenfalls nicht.

      "Weil es einen Grund dafür geben muss, dass du in seiner Wohnung bist. Wie bist du überhaupt hineingekommen? Hattest du einen Schlüssel?"

      "Was geht dich das alles an?"

      "Eigentlich nichts, da hast du Recht."

      "Na, also!"

      "Trotzdem, es ist doch irgendwie merkwürdig, nicht wahr? Wir treffen uns hier schließlich in der Wohnung eines Mannes, der vor zwei Tagen ermordet wurde und dessen Wohnung von der Polizei versiegelt war. Die Polizei ist ganz wild darauf, sich mit dir zu unterhalten!"

      Sie wollte etwas erwidern, aber dann wurde sie durch irgendetwas abgelenkt. Von unten aus dem Treppenhaus waren Schritte zu hören.

      "Mein Gott ..." Sie flüsterte es so vor sich hin. Sie hatte Angst. Höllische Angst.

      "Was ist los?", fragte ich unnötigerweise.

      "Raus hier!", rief sie, und dann lief sie an mir vorbei. Zusammen stolperten wir die Stufen hinab, obwohl ich nicht die geringste Ahnung hatte, worum es hier ging.

      Die Schritte von unten kamen bedrohlich näher.

      Sie fragte: "Ist das deine Wohnung dort?"

      "Ja."

      "Dann mach auf! Schnell!"

      Ich beschloss, erst einmal zu handeln und dann darüber nachzudenken, obwohl ich es eigentlich lieber anders herum halte. Manchmal kann man es sich eben nicht aussuchen. Ich drehte also den Schlüssel in meinem Schloss herum, und zwei Sekunden später war die junge Frau bereits in meine Wohnung gehuscht.

      Gerade noch rechtzeitig.

      Aus dem Augenwinkel heraus sah ich zwei Männer die Stufen hinaufhetzen. Der Erste, der die Treppe hochgestürmt kam, wirkte wie eine Kopie von Flash Gordon, dem unerschrockenen Sternenkämpfer und Feind aller intergalaktischen Fieslinge, bekannt aus Comic, Film und Roman-zum-Film.

      Ich sah allerdings eine Version des Weltraum-Helden, die man offenbar einem zusätzlichen Bodybuilding-Programm und einer erfolgreichen Gehirnamputation unterzogen hatte.

      Er war mindestens einen Meter neunzig groß, und seine hellblonden Haare waren kurz geschoren wie bei einem Fremdenlegionär. Aber seine hellblauen Augen leuchteten lange nicht so hellwach wie die von Flash Gordon. Sie waren trübe und wirkten stumpfsinnig. Sein Gesicht war rot angelaufen, und er keuchte wie ein belgisches Kaltblutpferd.

      Durch den verzogenen Mund konnte man seine blitzenden Zähne sehen. Sie schienen noch alle da zu sein, zumindest die vordere Reihe, was bei einem wie ihm wohl nur bedeuten konnte, dass er stets als Erster zugeschlagen hatte.

      Vielleicht trug er auch ein Gebiss.

      Der Zweite war etwa ein Dutzend Stufen im Rückstand, und dieser Rückstand würde sich wohl eher noch vergrößern. Er hatte einfach nicht die Kondition, um mit der Dampfwalze, die ihm vorauseilte, mitzuhalten. Und das, obwohl Flash Gordon ja schließlich noch seine gesammelten Muskelpakete mit sich herumtragen musste.

      Der zweite Mann war vom Äußeren her so etwas wie ein exaktes Gegenstück zu seinem Partner.

      Er war klein und drahtig und hatte dunkles Haar. Er wirkte fast wie ein südländischer Typ, wozu aber die verhältnismäßig bleiche Haut nicht passte.

      Seine Wangen wurden von einem ungepflegten, dünnen Bart bedeckt, von dem man nicht sagen konnte, ob er absichtlich als Eine-Woche-Bart stehengelassen worden war oder einfach nicht üppiger sprießen wollte.

      Flash Gordon würdigte mich nur eines kurzen, dumpfen Blickes, und ich musste einen Schritt zur Seite springen, um von ihm nicht umgerannt zu werden.

      Er blieb zwei Sekunden auf dem Treppenabsatz vor meiner Tür stehen und warf einen Blick an mir vorbei in meine Wohnung.

      Ich widerstand der Versuchung, mich auch dorthin umzublicken. Ich hoffte nur, dass dort niemand zu sehen sei − aber was immer man auch über die junge Frau sagen konnte, dämlich schien sie nicht zu sein.

      Der Kerl hetzte weiter nach oben, und ich ging in meine Wohnung und schloss die Tür hinter mir.

      Sicherheitshalber schob ich sogar den Riegel vor. Man konnte ja nie wissen.

      Wenn die beiden Wölfe ihre Beute oben bei Lammers nicht vorfanden, kamen sie möglicherweise auf die Idee, woanders nachzusuchen.

      Ich ging ins Wohnzimmer und sah sie am Fenster stehen. Sie hatte sich noch nicht so recht beruhigt, das war ihr deutlich anzumerken.

      Eine sanfte Röte überzog ihr fein geschnittenes Gesicht, das ich jetzt im Profil zu sehen bekam.

      Ich musterte sie, und zwar in diesem Moment wohl erstmalig mit Verstand. Die Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst. Das lindgrüne Kleid, das sie trug, war schlicht, wirkte aber elegant. Und der dezente Schmuck, den sie angelegt hatte, schien echt zu sein.

      Im Ganzen machte sie den Eindruck einer Frau, für die Geld kein allzugroßes Problem darstellte. Ich konnte mich täuschen, aber ich glaubte, da richtig zu liegen. Natürlich mochte alles nur Maske sein, aber wenn dem so war, dann war es eine sehr gute. Sie trug ihre Sachen mit großer Selbstverständlichkeit,


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