Spuren intelligenten Lebens. Len MetteЧитать онлайн книгу.
die zum Wutbürger werden, wenn eine Gartenhecke die in einer Satzung festgelegte Höhe um 3cm überschreitet. Ihr seid´s, die stetig mit dem Finger auf andere zeigen. Und Ihr seid´s ebenso, die im Aldi Montag morgens um acht wegen eines Gartenstuhls zum, von der Genetik gesteuerten, Neandertaler werden.
Meinen Glückwunsch, eine große gesellschaftliche Leistung. Das hält selbst Ghandi nicht aus und ich habe mich gleichfalls davon anstecken lassen.
Denkt mal drüber nach!
Ich tu´s.
Vielleicht in Thailand. Oder in Nordamerika. Mal sehen.
Nach dem Kochen Hände waschen!
Man mag es nicht glauben, aber selbst als gestandenes, männliches Individuum mittleren Alters lernt man tagtäglich viel Neues dazu. Das können auch Kleinigkeiten sein. Besonders schön, gemessen am fortschreitenden Alter, ist es, dass sich die Kleinigkeiten durch ihren immensen Nutzen für die Restlaufzeit dieses ermüdenden und sich bereits langsam zersetzenden Köpers auszeichnen. So die recht einfache, wie nützliche Erkenntnis, nach dem Kochen die Hände zu waschen! Ja, ganz recht: Danach.
Ich meine, dass man sich vor dem Kochen die Hände waschen sollte, weiß ja jedes Kind. Man will schließlich niemanden mit Altlasten bekleben, die ein jeder von uns an seinen, sündhaft im Alltag kontaminierten, Händen mit sich herumträgt. Nach dem Kochen sieht das allerdings anders aus. Hier ist es, wie soll ich sagen, eher eine persönliche Angelegenheit, wie ich vor Kurzem, in geradezu prägender Weise erlernen durfte.
Es mag darüber hinaus ein Prozess der inneren Reife sein, sich an einem gewissen Punkt seines Lebens von Dosenfraß und Fastfood-Tempeln zu distanzieren und in eine Welt der Würze, des frischen Geschmacks und der sinnlich anregenden Freude eintauchen zu wollen. So auch ich. Zumindest teilweise. Ganz gelungen ist es mir bis heute nicht. Nichtsdestoweniger tauchte ich eines schönen Tages in diese Lebensphase ein. Vielleicht, um überhaupt noch etwas Neues zu erleben, vielleicht aber auch nur einfach so. Ich vermag es nicht zu sagen, ich weiß es nicht.
Ein gutes Beispiel an dieser Stelle ist Kaffee. Bis zu meinem 30. Lebensjahr trank ich keinerlei Kaffee, kannte ich doch nur diese gefilterte Plörre, die bei Ommma, morgens gekocht, in die Thermoskanne gefüllt und auf dem mit einer Wachsdecke versehenen Fliesentisch der Marke Eiche-rustikal platziert wurde. Ein Bild, wie man es vielleicht nur als Ruhrgebietskind kennt, bekannt als Gelsenkirchener Barock. Hach, das waren Zeiten. Als die Welt noch einfach war. Bei Ommma.
Aber ich schweife ab.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn du nicht ein halbes Kilo Zucker und ein Euter voll Sahne in die Plörre schütten wolltest, hat das Zeug wie durch eine Socke gefiltertes Grubenwasser von Zeche Zollverein geschmeckt und sah zudem genauso aus. Heute ist das ganz anders: Frisch gemahlene Bohnen und exakt berechnete Brühtemperatur zaubern einen Genuss aus dem Siebträger, der dich glauben lässt, die 25-jährige Tochter des Kaffeebauern vor dir zu sehen, die wie in einem dieser realitätsfernen Rambo-Filme, die einzige Schönheit ihrer Population weit und breit ist. Was ich meine: Dschungel, Krieg, Dreck, Ungeziefer … und dann taucht da diese exotische, gepflegte Traumfrau auf der Plantage auf, die sogar gemachte Nägel hat ...
Sei´s drum.
In kulinarischer Hinsicht – und damit versuche ich, die dramaturgische Kurve zu bekommen – ist es nahezu unglaublich, was ein frisches Kraut vom Wegesrand mit einer Mahlzeit und mit dem Gaumen des die Mahlzeit verspeisenden Neandertalers anzurichten vermag:
Die Frische von Basilikum, die Wärme des Rosmarins oder das Feuer einer dosiert eingesetzten Chili-Schote eröffnen neue Perspektiven. Ja, ich möchte sagen, sie eröffnen gar neue Dimensionen des Genusses. Ich persönlich zum Beispiel, habe mich an die facettenreichen Formen der Schärfe herangetastet. Leichtsinnigerweise war ich in jungen Jahren der unangefochtene Currywurst-Schärfe-Champion Duisburgs und konnte Saucen in mich aufsaugen, die wohl klingende Namen, wie LaBomba oder SuddenDeath trugen. Das hatte zugegebenermaßen wohl weniger mit Geschmack, als mehr mit dem Ruhm zu tun, den mir die staunende Meute beim Verzehr der mit allerlei Warnzeichen markierten Brühe entgegenschleuderte, die man nur erhielt, wenn man einen Wisch unterschrieb, der die eigene geistige Zurechnungsfähigkeit bescheinigte.
Ein gewisses Maß an Leidenschaft steckte aber wohl schon damals darin. Fakt war: Das Zeug brannte in der Tat mehrfach. Erst im Mund, danach an der Kimme und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch noch einmal dem städtischen Kanalarbeiter in den Augen. Das wiederum ist Berufsrisiko, schätze ich. Ähnlich dem des australischen Schlangenfängers aus der Glotze. Dem wollte mal eine Schlange Gift in die Augen sprühen, um der Gefangenschaft zu entgehen. Gut, in meinem Fall entgeht nichts irgendeiner Gefangenschaft. Allenfalls metaphorisch betrachtet ...
Ich schweife abermals ab.
Was ich eigentlich sagen wollte: Ich esse gern scharf. Sehr scharf. Und spätestens dann, wenn man sich der eigenhändigen Zubereitung dieser Genussmittel im fortgeschrittenen Alter widmet – ich berichtete darüber – sollte man sich der Tatsache bewusst sein, dass jene Schärfe nicht nur etwas ist, das über die Geschmacksknospen wahrgenommen wird. So auch an jenem Tag, an dem ich leichtsinnigerweise eine Chilimarinade zauberte. Wie der Name schon sagt, sind hier frische Chilis, fein gehackt, wesentlicher Bestandteil der Gesamtkomposition. Da muss man jetzt kein Sternekoch sein, das ist selbst für Mama Miracoli nachvollziehbar.
Nun ist es so, dass ich hin und wieder einmal für kleine Rockstars gehen muss, so auch an diesem Tag. Insbesondere daheim bin ich überzeugter Imsitzenpinkler. Ich steh dazu. Das kurze Verweilen in innerer Einkehr auf dem Trichter, dem Thron des kleinen Mannes, dem Donnerbalken, dem Stuhl des Denkers ... Einfach mal lockerlassen. Ja und es ist so schön sauber. Ich mag das. Ich mag es wirklich, werde nicht gezwungen. Ich bin einfach über den Punkt hinweg, an dem so manchem männlichen Individuum daran gelegen ist, möglichst effektiv zu markieren. Ich bin halt anders.
Für die Damen in der Runde muss ich vielleicht erklären, dass es nicht einfach damit getan ist, sich hinzusetzen und laufen zu lassen. Weit gefehlt! Als Kerl setzt du dich und musst den Piephahn, der sich zuvor, wie ein Maulwurf in seiner Höhle Untertage, in die Jeans gequetscht hat, zunächst einmal in Richtung Zielgebiet ausrichten. Geschieht das nicht, ist der Sanitärbereich vor der Schüssel in Gefahr. Man kann sich das ähnlich vorstellen, wie wenn Frauen ein öffentliches Klo besuchen. Wundert euch nicht, ich habe Quellen, die ich zu dieser Recherche heranziehen konnte. Das erkläre ich ebenfalls kurz: Wenn Frau also, mehr oder minder klar im Kopf, auf ein Diskoklo oder eine andere öffentliche Einrichtung dieser Art geht, setzt sie sich da in aller Regel nicht einfach drauf. Sie will sich ja nicht die Pest, Ebola oder HansaPil“z“ einfangen. Man beachte das gewagte Wortspiel für Intellektuelle. Dafür gibt es zwar Vagisan, wie ich der aktuellen Fernsehwerbung entnehmen darf, aber das ist hier nicht das Thema.
Vielmehr entledigt sie sich also ihrer Textilien auf oder abwärts, je nach Outfit. Ich trage weder Jumpsuit, noch Abendkleid, aber grundsätzlich entledigt sich Frau auf irgendeinem geheimnisvollen Wege bereichsweise ihrer Textilien, um dann in einer annähernd hockenden Stellung, mit zielsuchend kreisendem Hinterteil zu versuchen, die Schüssel zu treffen. (Beiläufig möchte ich erwähnen, dass das Wort Stuhlkreis aus dem Kindergarten stammt und rein gar nichts mit dieser hier beschriebenen Situation zu tun hat.)
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Sache mit der kreisenden Zielsuche kann gutgehen, sie kann aber auch eklatanten Schaden anrichten, wenn man nicht ganz klar im Kopf, oder dem erwähnten, männlichen Maulwurfseffekt, übersetzt in die weibliche Welt, erlegen ist. Hat eigentlich schon mal jemand gesehen, wie Hippos ihr Revier markieren? Aus beruflichen Gründen musste ich in meiner Jugend, nach Pfortenschluss die Toiletten einer Diskothek betreten. Ich glaube, ich habe hin und wieder das Ergebnis solcher Markierverhalten sehen müssen.
Wir fassen zusammen: Beide Parteien haben Strategien, die der Peilung des Ziels mehr oder minder dienlich sind und gleichermaßen Herausforderungen, die das Vorhaben torpedieren. Das muss an dieser Stelle einfach mal ausreichen.
Unschönerweise, und damit komme ich zurück zum eigentlichen Thema, müssen die Herren, so auch ich, dieser Peilung mit einem