Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe). August SchraderЧитать онлайн книгу.
Leute müssen stets mit einer gewissen Manier …«
»Meine Manier ist die richtige, dummer Teufel, denn ohne sie wäre ich sicher nicht geworden, was ich bin. Jetzt tritt näher und antworte auf meine Fragen«, sagte der Pflanzer in einem milderen Ton und stieß den Ladestock in den Schaft des Gewehres zurück.
Kato nahm seinen Strohhut ab, trocknete sich mit einem seidenen Taschentuch das glänzende Gesicht und trat mit der Miene eines Kindes näher, das aus Furcht vor Strafe gehorsam ist.
»Du hast Eile, Freund, dass du nach Hause kommst – sagtest du nicht so?«
»Ja, Sir Jackson«, war die Antwort des Mulatten.
»So! Und darf man den Grund wissen?«
»Den Grund, lieber Herr?«, sagte Kato lächelnd, dass zwei Reihen großer, weißer Zähne, wie künstlich aus Elfenbein gearbeitet, sichtbar wurden. »Fragen Sie lieber nach den Gründen, denn ich habe so viel zu besorgen, dass ich nicht weiß, wo ich beginnen soll.«
»So? Liegt denn die Verwaltung des ganzen Hauswesens auf den Schultern eines einzigen Domestiken?«
»Domestiken«, rief der Mulatte in komischer Entrüstung, und die Augen rollten im Kopf wie ein Paar Räder, »Domestiken – ich bin Verwalter und oberster Sklavenaufseher, Sir Jackson!«
Das Gesicht des Pflanzers verzog sich zu einem melancholischen Lächeln; ruhig legte er die gekreuzten Hände wieder auf die Mündung seines Gewehrs und fragte weiter:
»Oberster Sklavenaufseher! Wer sollte mir das gesagt haben?«
»Das ist eine sonderbare Frage! Sehen Sie mich an und Sie müssen wissen, dass ich kein Domestik bin!«
»Und woran soll ich das sehen?«
»Sir Jackson«, antwortete Kato und seine Entrüstung stieg mit jedem Wort, das er sprach, »wenn es Ihnen mein ausgewählter fashionabler Anzug nicht sagt, so müssen es Ihnen meine Miene und meine Manieren sagen, denn es sind die eines gebildeten, anständigen Mannes und keines Domestiken. Spricht ein Domestik wie ich? Nein! – Trägt ein Domestik die Kleider nach dem neuesten Londoner Schnitt? Nein! – Weiß ein Domestik die Geheimnisse seiner Herrin? Nein! Weiß ein Domestik sich überhaupt mit der Eleganz zu bewegen wie ich? Sir Jackson, wenn Sie nur ein wenig Menschenkenntnis besäßen, zum Beispiel nur den zehnten Teil der meinen, so müssten Sie sich alle diese Fragen selbst beantworten können.«
»Du bist ein vortrefflicher Mensch, Freund Kato, und ich bekenne, dass du mein Lehrer sein könntest«, entgegnete der Pflanzer mit Ironie, indem er dem Mulatten seine rechte Hand reichte.
Katos Furcht war völlig verschwunden; er glaubte ein moralisches Übergewicht über den Pflanzer erlangt zu haben, das ihn nicht nur vor den Ausbrüchen seiner Grobheit schützte, sondern auch ein gewisses Ansehen verschaffte, mithilfe dessen er sein Lieblingsthema verhandeln und ausbeuten konnte.
»Ihr Lehrer, sagen Sie?«, begann der Mulatte mit großer Genugtuung. »Ich glaube es wohl, denn die Kenntnisse, die ich besitze, habe ich mir in London erworben, in der Stadt der Eleganz und feinen Sitten. Ihnen, Sir Jackson, fehlt nichts weiter als ein dreijähriger Aufenthalt in dieser Weltstadt, und Sie wären der liebenswürdigste Pflanzer in ganz Louisiana – auf Ehre, das Zeugnis würde ich Ihnen geben.«
Jackson schien an der Unterhaltung Gefallen zu finden; lächelnd legte er die Hand ans Kinn und fragte:
»Nun, was missfällt dir denn in diesem Augenblick an mir?«
»O Himmel«, rief Kato, »wenn ich das alles aufzählen wollte, würde Miss Jenny noch lange auf mich warten müssen!«
Der Pflanzer betrachtete sich von den Zehen bis zur Brust herauf, so weit es das Auge erlaubte, und fragte dann in einem Ton, der keinen entscheidenden Aufschluss gab, ob er des Scherzes wegen die Unterhaltung fortsetzen wollte oder aus einem andern Grund:
»Antworte, Kato, was missfällt dir?«
Der Mulatte warf sich in die Brust, steckte die rechte Hand in die rote Schärpe und setzte die breiten Füße in die dritte Tanzposition. Sein Gesicht nahm einen höchst einfältigen Ausdruck an und seine dünne, schnarrende Stimme wurde etwas stärker und feierlich.
»Sir Jackson«, sagte der braune Mann, »Sie sind der reichste und mächtigste Pflanzer im ganzen Distrikt von New Orleans, und nun betrachten Sie sich einmal, wie Sie aussehen! Fangen wir bei den Füßen an: Ihre Stiefel sind aus rohem Leder, schlecht gemacht und jedes Glanzes unfähig. – Ihre Hosen sind so schlecht gemacht und aus so erbärmlichem Stoff, dass ich sie sofort konfiszieren und verbrennen würde, wenn einer meiner Domestiken es wagte, damit in den Zimmern meiner Herrin zu erscheinen. – Ihr grauer Rock, Sir Jackson, ist nun völlig unter aller Kritik, denn der kurze Kragen, der wie das Schirmdach eines Höckerweibes über die Schultern fällt, deutet an, dass er dem vorigen Jahrhundert angehört, dass ihn vielleicht schon Ihr Großvater getragen hat. – Ihr Hut … nun, den will ich gelten lassen, denn er ist comfortable und schützt vor den Sonnenstrahlen, die mich diesen Sommer schon so zugerichtet haben, dass ich aussehe wie ein Mulatte – o diese Sonnenstrahlen, ich wollte, es wäre ewige Nacht! Und nun bedenken Sie einmal Ihr Betragen! Man fürchtet sich jedes Mal, wenn Sie den Mund öffnen, so hart und barsch kommen die Worte unter Ihrem wilden Bart hervor. Lassen Sie sich raten, Sir Jackson: Werden Sie fashionable, das heißt, kleiden Sie sich sorgfältiger und etwas mehr nach der Mode, dann erhält Ihre Person mehr Interesse, Sie sind überall wohlgelitten und werden vorzüglich Glück machen bei den Damen, deren wir sehr schöne in dieser Gegend besitzen. Mit einem Wort, Sie müssen ein Salonmann werden, müssen nicht mehr wie ein Wolf in den finsteren Wäldern umherschleichen, und sich eines guten Tons, das heißt angenehmer Manieren und Sitten, befleißigen. Denken Sie denn, mein bester Sir Jackson, dass Sie so, wie Sie da vor mir stehen und wie ich Sie schon seit einem Jahr fast täglich erblicke, je eine Frau finden werden? O nein, die Frauen lieben nur dann das Starke und Kräftige, wenn es sich mit dem Zarten und Milden paart; sie lieben nur dann die Gerüche des Waldes, wenn sie sich mit dem Duft lieblicher Pomaden mischen. Sehen Sie, Sir Jackson – und Sie können es mir auf Ehre glauben –, seit ich mich der süß duftenden Pomaden und Wasser bediene, habe ich enorme Fortschritte in der Gunst der reizenden Eva gemacht. Noch vor wenigen Wochen, ehe ich mich dieser Mittel bediente, um meine Person in einen liebenswürdigen Geruch zu bringen, wollte die süße Eva nichts von mir wissen; sobald sie mich nur erblickte, rümpfte sie ihre himmlische Nase, und sooft ich in ihre Nähe kam, hielt sie sich ihr weißes Schnupftuch vor den Mund – und bedenken Sie, ich trug damals schon diese eleganten Kleider, die ich aus London mitgebracht habe, ich hatte schon damals das feine Benehmen eines echt-englischen Dandys; aber alles brachte nicht die Wirkung hervor, die ich mit dem Duft der Pomaden und Wasser erzielte. Eva, die himmlische Eva reicht mir die Hand, wenn ich mich ihr nähere, rümpft nicht mehr die Nase, wenn ich ihr zärtlich in das himmelblaue Auge blicke, und erlaubt mir sogar, dass ich ihr die wunderniedliche Hand küssen darf. Und nun Miss Jenny, meine schöne Herrin – bei allen Gelegenheiten zieht sie mich zurate, sogar bei ihren Herzensangelegenheiten …!«
»Genug, Kato«, sagte der Pflanzer ernst, »ich werde deinen Rat befolgen.«
»Daran werden Sie wohl tun, und ich möchte wetten, dass Ihnen Miss Jenny den Zutritt in ihre Zimmer nicht mehr verweigert. Mir tat es immer leid, wenn ich Sie an der Tür abweisen musste – aber meine Ehre setze ich zum Pfand ein, dass sich Ihnen die Türen von selbst öffnen, wenn Sie in einem eleganten Frack, modernen Hosen und glänzenden Stiefeln mit klirrenden Sporen erscheinen – aber vergessen Sie die Pomaden und Parfüme nicht, denn sie machen den Mann in unserm Klima eigentlich fashionable. Sir Jackson, wenn ein Mann ein seidenes Tuch aus der Tasche zieht, das lieblich duftet, so hat er bei jeder Dame gewonnenes Spiel. Der Dandy muss mit allen Sinnen zu vernehmen sein, vorzüglich aber mit dem Geruch, denn die Riechorgane sind bei den Damen am empfindsamsten, das weiß ich, auf Ehre, ich weiß es ganz genau!«
Mit den letzten Worten zog Kato aus der Seitentasche seines Rockes ein seidenes Tuch hervor, das einen starken, wohlriechenden Duft verbreitete.
»Ist das alles, was ich zu befolgen habe?«, fragte der Pflanzer lächelnd.
»Ja«,