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Verteidigung. TertullianЧитать онлайн книгу.

Verteidigung - Tertullian


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oder den Sternen zu. Denn sie wollen nicht, dass ihnen angehöre, was sie als schlecht erkennen. Beim Christen aber findet sich nichts Ähnliches. Keiner von ihnen empfindet Scham, keiner Reue, als darüber, nicht schon früher Christ geworden zu sein. Wenn er angezeigt wird, rühmt er sich; wenn er angeklagt wird, verteidigt er sich nicht; wenn er verhört wird, bekennt er von selbst; wenn er verurteilt wird, dankt er. Was kann da Böses sein, wo die natürlichen Kennzeichen des Bösen fehlen? Furcht, Scham, Leugnen, Reue und Trauer? Ist das etwas Böses, worüber der Angeklagte sich freut? Wo angeklagt zu werden Gegenstand des Verlangens ist und die Verurteilung als Sieg gilt? Du darfst das nicht Wahnsinn nennen, was nicht zu kennen du überführt bist.

      Wenn es gewiss ist, dass wir so große Verbrecher sind, warum werden wir von euch anders behandelt als unseresgleichen, die übrigen Verbrecher? Es müsste bei gleicher Schuldbarkeit doch auch die gleiche Behandlung eintreten. Mögen wir nun auch immer gehalten werden, wofür man will – wenn andere dafür gehalten werden, so bedienen sie sich der eigenen und bezahlten Verteidigungsrede, um ihre Unschuld zu beweisen; sie dürfen sich verantworten und für ihre Sache streiten, weil es ja durchaus nicht erlaubt ist, jemanden ohne Verteidigung und Verhör zu verurteilen. Den Christen allein erlaubt man nicht, die Aussagen zu machen, wodurch ihre Sache entlastet, die Wahrheit verteidigt und es dem Richter möglich gemacht wird, nicht ungerecht zu sein, sondern man wartet einzig auf das, was der allgemeine Hass für allein wesentlich hält, nämlich nicht auf die Untersuchung über das Verbrechen, sondern auf das Bekenntnis zu jenem Namen.

      Wenn ihr hingegen über irgendeinen Verbrecher zu erkennen habt, mag er sich auch – um bei unsern Titulaturen zu bleiben – zu der Schuldbezeichnung: Mörder, Religionsverbrecher, Blutschänder oder Hochverräter bekannt haben, so begnügt ihr euch nicht damit und sprecht ohne weiteres das Urteil, sondern ihr forscht auch nach den damit zusammenhängenden Dingen, nach der Beschaffenheit der Tat, nach Zahl, Ort, Zeit, Mitwissern und Mitschuldigen. In Betreff unser findet nichts derart statt, obwohl man bei den gegen uns erhobenen falschen Anschuldigungen es gerade so gut herauspressen müsste, wieviel Kindsmorde ein jeder schon hinuntergeschlungen habe, wie viele Mal er zur Blutschande dunkel gemacht, wer als Koch und welche Hunde dabei gewesen seien. Welcher Ruhm wäre es für einen Präsidenten, einen ausfindig gemacht zu haben, der schon hundert Kinder gefressen hätte!

      Im Gegenteil, wir finden, dass sogar das Nachforschen nach uns verboten ist. Als nämlich Plinius Secundus seine Provinz verwaltete und einige Christen verurteilt hatte, andere aber zu Falle gekommen waren, fragte er, durch ihre Menge in Verlegenheit gesetzt, beim Kaiser Trajan an, was er in Zukunft tun solle, indem er beifügte, dass er außer dem Eigensinn, nicht opfern zu wollen, in Betreff ihres Religionswesens weiter nichts habe in Erfahrung bringen können, als Versammlungen, die zur Zeit der Morgendämmerung gehalten würden zu dem Zwecke, Christus als Gott Lob zu singen und die gemeinsame Sittenzucht zu befestigen, zufolge welcher Mord, Ehebruch, Betrug, Verrat und sonstige Verbrechen verboten seien.

      Da schrieb Trajan zurück, diese Art Leute sei nicht aufzusuchen, aber wenn sie angezeigt würden, zu bestrafen. Eine Entscheidung, die unvermeidlich verworren ausfallen musste! Er sagt, wie bei Unschuldigen, man solle nicht auf sie fahnden, und befiehlt, sie doch, gleich Schuldigen, zu bestrafen! Er schont und wütet, er vertuscht und straft! Warum, o Zensur, umgarnst du dich selbst? Wenn du verdammst, warum lässt du nicht auch fahnden? Wenn du nicht fahnden liest, warum sprichst du nicht auch frei? Zur Aufsuchung der Räuber wird in allen Provinzen eine Abteilung Soldaten beordert, gegen Majestätsverbrecher und Hochverräter wird jedermann zum Soldaten, bis auf die Helfer und Mitwisser wird die Nachsuchung ausgedehnt.

      Den Christen allein darf man nicht aufsuchen, wohl aber denunzieren, als ob die Aufsuchung etwas anderes bezweckte, als vor Gericht zu stellen. Ihr verurteilt also den Denunzierten, den doch niemand aufgesucht wissen wollte. Die Strafe also, so muss ich denken, hat er nicht deswegen verdient, weil er schuldig ist, sondern weil er als ein solcher erfunden wurde, auf den man nicht fahnden darf.

      Aber auch in dem Punkte behandelt ihr uns nicht nach den Formalitäten des Kriminalprozesses, dass ihr bei anderen Verbrechern, wenn sie leugnen, die Folter anwendet, um sie zum Geständnis zu bringen, bei den Christen allein aber dazu, damit sie leugnen. Und doch, läge ein Verbrechen vor, so würden wir ganz gewiss uns aufs Leugnen verlegen, ihr aber würdet bemüht sein, uns durch die Folter zum Geständnis zu bringen. Denn ihr könnt unmöglich der Ansicht sein, von dem peinlichen Verfahren zur Ermittlung der Verbrechen sei deshalb abzusehen, weil ihr der festen Überzeugung seid, dass sie infolge des Bekennens zu diesem Namen begangen werden, da ihr doch aus einem Mörder, der bekannt hat, obwohl ihr recht gut wisset, was ein Mord ist, trotzdem jeden Tag auch noch den Hergang des Verbrechens herauszubringen sucht. Um wieviel ungerechter handelt ihr nun, wenn ihr uns, bei denen ihr schon infolge des Bekennens zu jenem Namen das Vorhandensein von Verbrechen voraussetzt, durch die Folter zwingen wollt, von dem Bekenntnis abzulassen und so mit Verleugnung des Namens in gleicher Weise auch die Verbrechen abzuleugnen, die ihr wegen des bloßen Bekenntnisses zu jenem Namen schon als vorhanden voraussetztet.

      Aber vielleicht, scheint mir, ist es nicht euer Wille, dass wir, die ihr für die schlechtesten Menschen haltet, umkommen. Denn so pflegt ihr zum Mörder zu sagen: "Leugne", vom Religionsverbrecher, er müsse zerfleischt werden, wenn er bei dem Bekenntnis verharrt. Wenn ihr an Verbrechern nicht in dieser Weise handelt, so gebt ihr uns damit die Erklärung, dass wir unschuldig sind. Denn wie bei ganz Unschuldigen wollt ihr nicht, dass wir in einem Bekenntnis verharren, welches ihr nicht aus gerechten Ursachen, sondern nur notgedrungen verurteilen zu müssen glaubt. Es ruft jemand aus: "Ich bin ein Christ!" Er sagt, was er ist. Du – willst hören, was er nicht ist. Ihr, die ihr als Vorsitzende bestellt seid, um die Wahrheit herauszubringen, von uns allein bemüht ihr euch Lügen zu hören. "Ich bin", sagt jener, "das, wovon du erforschen willst, ob ich es bin. Was folterst du mich ungerechter Weise? Ich bekenne und du folterst mich?! Was hättest du also getan, wenn ich geleugnet hätte?" Fürwahr! Wenn andere leugnen, so messet ihr ihnen nicht leicht Glauben bei; – uns glaubt ihr, wenn wir geleugnet haben, sogleich.

      Es sollte euch bei diesem völlig ungerechten Verfahren der Verdacht aufsteigen, ob nicht im geheimen irgendeine Macht verborgen liege, die euch gegen alle Form, gegen das Wesen des Gerichtsverfahrens, ja gegen die Gesetze selbst zu handeln treibt. Wenn ich nicht irre, so befehlen die Gesetze, die Übeltäter ans Licht zu bringen, nicht sie versteckt zu halten, und schreiben vor, die Geständigen zu bestrafen, nicht aber sie freizusprechen. Dies bestimmen die Senatsbeschlüsse, dies die Verordnungen der Kaiser. Unser Staatswesen, dessen Diener ihr seid, ist eine zivilisierte Regierungsform, keine Tyrannenherrschaft. Denn bei den Tyrannen wurde die Folter auch als Strafe angewandt, bei uns ist ihre Anwendung auf das Verhör beschränkt.

      Beobachtet nur in Bezug auf sie eure eigene, gesetzliche Vorschrift, wonach sie nur bis zum Geständnis notwendig ist. Kommt das Geständnis ihr zuvor, so wird sie unterbleiben; dann ist die Sentenz am Platze. An dem Schuldigen muss die verdiente Strafe vollzogen, er darf derselben nicht entzogen werden. Überhaupt wünscht niemand dessen Freisprechung; es ist nicht einmal erlaubt, sie zu wünschen. Deshalb wird auch niemand zum Ableugnen gezwungen. Den Christen aber hält man für einen Menschen, der sämtlicher Verbrechen schuldig ist, für einen Feind der Götter, Kaiser, Gesetze, Sitten, ja der ganzen Natur und – man zwingt ihn zu leugnen, um ihn dann frei zu sprechen, ihn, den man nicht würde freisprechen können, außer wenn er geleugnet hat! Man setzt sich über die Gesetze hinweg. Man will, dass er seine Schuld leugne, um ihn schuldlos zu machen, und zwar gegen seinen Willen und sogar auch noch hinsichtlich der Vergangenheit! Woher kommt eine solche große Verkehrtheit, dass ihr nicht einmal das bedenket, einem, der freiwillig bekennt, sei eher zu glauben, als einem, der gezwungen leugnet, und nicht befürchtet, ob nicht etwa, wer gezwungen ableugnet, ohne Überzeugung ableugne, freigesprochen auf der Stelle nach eurer Gerichtssitzung sich über euren Hass lustig macht und wieder Christ ist?

      Da ihr mit uns also in allen Stücken anders verfahrt als mit den übrigen Verbrechern und nur das eine anstrebt, dass wir jenes Namens verlustig werden – wir gehen desselben nämlich verlustig, wenn wir tun, was die Nichtchristen tun


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