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Mami Staffel 1 – Familienroman. Gisela ReutlingЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 1 – Familienroman - Gisela Reutling


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Sie versucht nicht einmal zu verbergen, daß sie in dich verliebt ist.«

      »Du bist eifersüchtig. Wunderbar. Man ist nur eifersüchtig, wenn man liebt.«

      »Hat Goethe das gesagt?« neckte sie ihn. Er küßte sie auf den Mund, zuerst leicht, behutsam, aber dann drückte er seine Lippen besitzergreifend auf ihre bereitwillig geöffneten Lippen.

      Er stöhnte, als sie sich hinter das Lenkrad setzte.

      »Ich möchte dich jetzt auf meine Arme nehmen, Liebes, dich ins Haus tragen. Ich möchte dich einschließen, damit du nie wieder fortgehst.«

      »Du wirst dich wundern, wie schwer ich bin«, lachte sie, aber auch ihr fiel der Abschied schwer, das erleichterte ihn.

      »Ich bin kein leichtes Mäd­chen«, flachste sie. »Versuche es besser nicht, mich zu tragen. Du hast doch keine Lust, einen Hexenschuß zu bekommen?«

      »Ich glaube, Marie-Luise, du nimmst mich nicht ernst. Warum kann ich jetzt nicht das tun, was ich will«, rief er verzweifelt. »Ich möchte dich nicht fahren lassen.«

      Er wollte sie noch einmal küssen, aber sie drehte den Kopf, seine Lippen streiften ihre Wange.

      »Bitte nicht, Max. Wir haben den beiden Damen schon ein Schauspiel geboten. Vermutlich sitzen sie hinter der Gardine und sind empört. Oder sind sie zu vornehm, um Neugier zu zeigen?«

      »Sei nicht wütend auf Pat«, bat er sie unglücklich. »Sie wird sich an dich gewöhnen. Sie sieht die berühmte Schauspielerin in dir und nicht das Mädchen, das ich liebe.«

      Er errschrak selbst vor seinen Worten. Er holte den Atem tief aus seiner Brust.

      »Ja, ich liebe dich.«

      Er musterte ängstlich ihr Gesicht, als hätte er Angst, sie könnte schockiert sein. So töricht war er, so wenig glaubte er, daß ein Mädchen wie Marie-Luise ihn lieben konnte.

      Ihr Gesicht war ihm sehr nahe. Es war so jung, so mädchenhaft. Ihre Augen wirkten sehr groß, daß sie aussahen wie zwei grüne Teiche. Während er sie ansah, grübelte er über ein Wort nach, daß zu diesem bezaubernden, anmutigen Gesicht paßte.

      Das Wort unschuldig kam ihm in den Sinn. Ja, sie sah wie ein unschuldiges, schutzbedürftiges Mäd­chen aus, das am liebsten seinen Kopf an seine Brust gelegt hätte.

      Ein Lächeln entspannte ihren Mund.

      »Ich liebe dich auch, Max. Nicht nur, weil du der Vater der Zwillinge bist. Aber jetzt solltest du ins Haus gehen, Max.« Sie hob den Kopf und küßte ihn. Als er sie an sich ziehen wollte, schob sie ihn sanft, aber energisch zurück.

      »Ich muß fahren, Max. Es gibt doch keinen Grund, daß wir uns den Abschied schwermachen. Ich komme bald wieder.«

      »Ja. Ich weiß, daß du dein Wort hältst. Aber es fällt mir trotzdem schwer, dich fahren zu lassen. Es gibt so vieles, was ich dir sagen möchte, Marie-Luise.«

      *

      Marie-Luise hatte spielfrei. Aber sie konnte sich nicht entschließen den Tag so zu verbringen, wie sie es früher gehalten hatte. Früher… das war die Zeit, bevor die drei Gilbergs in ihr Herz gehüpft waren. Ein Schauer lief über Marie-Luises Rücken, wenn sie nur daran dachte, wie schrecklich ihr Leben wäre, wenn sie den Gilbergs nicht begegnet wäre.

      Marie-Luise wanderte durch ihre Wohnung. Sie war mit viel Liebe und Geschmack eingerichtet. Als Max zum ersten Mal bei ihr gewesen war, hatte er alles gebührend bewundert.

      »Ja, Liebste, das ist der Rahmen, der zu dir paßt«, hatte er erklärt. Aber dann hatten sie keine Zeit gehabt, die Möbel, Bilder und Teppiche zu bewundern.

      Die Sehnsucht nach Max zerrte an Marie-Luises Herzen. Max war für drei Tage in Hamburg. Gestern war sie im Waldhaus gewesen, aber Pats Abneigung ging ihr doch langsam auf die Nerven. Noch schlimmer war es, wenn Franziska Treu im Haus war. Franziska versuchte mit allen Mitteln, die Kinderherzen zu erobern, aber die beiden mochte sie offensichtlich nicht. Und wenn Marie-Luise da war, war Franziska völlig Luft für sie.

      Marie-Luise schielte zu dem Drehbuch hinüber. Es lag auf ihrem Schreibtisch, sehr vorwurfsvoll ins Auge springend lag es da.

      Es war das Drehbuch zu einer Fernsehserie.

      Es war ein tolles Angebot, ihr Partner war ein berühmter Schauspieler, und die Serie würde ganz bestimmt ein Erfolg werden. Damit würde sie die Spitze erklimmen, der Film machte sie ganz sicherlich berühmt. Bei der Besetzung konnte gar nichts schiefgehen.

      Natürlich träumte jede Schauspielerin von so einer Chance. Und wenn sie vor Wochen gekommen wäre, hätte Marie-Luise nicht eine Minute überlegt.

      Aber jetzt?

      Nahm sie das Angebot an, mußte sie für mindestens ein Jahr in Paris wohnen. Die Serien sollten hintereinander abgedreht werden. Ein Jahr war eine lange Zeit, besonders bei einer so jungen Liebe. Natürlich konnte sie zu Besuch ins Waldhaus kommen, es gab schließlich Flugzeuge.

      Aber sie konnte den Gedanken, von den dreien durch so viel Kilometer getrennt zu sein, nicht ertragen.

      War sie deswegen so unruhig?

      Sie stand am Fenster und sah auf die Straße hinunter. Aber sie sah weder die Autos, die am Bordstein standen, noch die wenigen Bäume, die lustlos ihre Schatten über die Steine warfen.

      Es zerrte und riß an Marie-Luises Herzen. Ihr ganzer Körper war voll Nervosität. Es war seltsam, aber sie hatte das Gefühl, von unsichtbaren Fäden zum Waldhaus gezogen zu werden. Die Unruhe in ihr konnte doch unmöglich nur Heimweh sein. Sie hatte die Kinder gestern noch gesehen. Und heute war diese verliebte Franziska da, die Pats ganzes Wohlwollen genoß.

      Aber der Drang, die nicht erklärbare Unruhe waren stärker als alle Vernunft. Marie-Luise nahm sich nicht einmal die Zeit, sich umzuziehen. Sie trug im Haus am liebsten dreiviertellange Hosen; daß sie uralt waren, störte Marie-Luise nicht. Sie warf nicht einmal einen Blick in den Spiegel.

      Sie wurde auch nicht ruhiger, als sie in ihrem »Laubfrosch« zum Waldhaus fuhr. Sie fuhr viel zu schnell, was gar nicht Marie-Luises Art war. Die letzten Kilometer drückte sie das Gaspedal sogar bis unten durch.

      Da lag das Waldhaus. Behäbig, vertraut, wie ein guter Freund duckte es sich unter den Bäumen.

      Und doch stimmte etwas nicht. Marie-Luise spürte es mit jedem Atemzug. Die Haustür flog auf.

      Pat stürzte heraus. Die disziplinierte Pat, die nie ihre Gefühle zeigte, die hoheitsvoll über Marie-Luise hinwegzusehen pflegte, sie stürzte ihr entgegen.

      »Sie schickt der Himmel!« Pats Stimme überschlug sich. Sie war völlig aufgelöst, stolperte, umklammerte Marie-Luises Hand. Die Augen waren wie irr.

      Max… Max ist etwas passiert, dachte Marie-Luise und ihr Herzschlag setzte aus.

      »Die Kinder«, stieß Pat hervor. Die Stimme war mehr ein Kreischen. Das völlig aufgelöste Gesicht weckte Panik in Marie-Luise.

      »Was ist mit den Kindern?«

      »Sie wurden entführt.« Sie hatte gar nicht bemerkt, daß Franziska aus dem Haus gekommen war. Sie schien sehr gefaßt.

      Marie-Luise starrte sie an, als spräche sie in einer fremden Sprache zu ihr.

      »Was heißt das?« flüsterte Marie-Luise, als wagte sie nicht, das Entsetzliche laut auszusprechen.

      »Ja, sie wurden entführt!« Pat wimmerte und umklammerte Marie-Luises Hand noch fester, als erhoffte sie sich Kraft aus der Berührung.

      »Es wurde gerade angerufen. Eine Männerstimme«, erklärte Franziska knapp, die zum Glück die Nerven nicht verlor. »Sie haben die Kinder entführt. Sie wären in Sicherheit, sagte der Mann. Aber nur, wenn wir uns genau an ihre Anweisungen halten. Keine Polizei. Sie wollen Geld und sie rufen wieder an.«

      Ich träume das alles nur, dachte Marie-Luise verzweifelt. Eine Angst überströmte sie, für die es keinen Namen gab.


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