Tagebuch eines sentimentalen Killers. Luis SepulvedaЧитать онлайн книгу.
hörte mich schon meinen Auftraggeber fragen, was der Mann angestellt hatte. »Ich will wissen, warum ich ihn umlegen soll.« Lächerlich. Der einzige Grund war ein Scheck über eine siebenstellige Zahl. Ich war mir sicher, ihn noch nie gesehen zu haben. Und selbst wenn, so änderte das nichts. Ich hatte einmal einen Mann liquidiert, den ich auf eine gewisse Art sogar schätzen gelernt hatte. Aber er hatte es nicht anders gewollt, und als er mich kommen sah, wusste er, dass es für ihn kein Entrinnen gab.
»Es ist so weit, stimmt’s?«, fragte er.
»So ist es. Du hast einen Fehler gemacht, und du weißt es.«
»Trinken wir ein letztes Glas miteinander«, schlug er vor.
»Wie du willst.«
Er schenkte zwei Whisky ein, wir stießen an, er trank und schloss die Augen. Er war ein anständiger Kerl, und ich sorgte dafür, dass ich ihn mit dem ersten Stück Blei von der Liste der Lebenden strich.
Was zum Teufel kümmerte mich der Typ von dem Foto? Er arbeitete offensichtlich für eine NGO, aber von dieser Seite kam der Auftrag nicht. Keine NGO verfügt über so viel Geld, dass sie die Dienste eines Profikillers in Anspruch nehmen kann; und ich glaube auch nicht, dass sie sich ihre Probleme auf diese Weise vom Hals schaffen.
Schlecht gelaunt machte ich mich auf den Rückweg ins Hotel. Die Nacht war immer noch heiß, und ich freute mich auf meine französische Braut. Wenigstens würde ihr die Hitze von Veracruz nicht fehlen. Sie liebte es, wenn ich ihr in den Hals biss, und ihr gebräunter Körper würde eine Einladung sein, von oben bis unten hineinzubeißen. »Na also«, sagte ich mir, »du denkst ja schon wieder wie ein ganz normaler Mann.«
An der Rezeption bat ich um meinen Zimmerschlüssel und stellte fest, dass ein weiterer Umschlag für mich angekommen war. Das gefiel mir nicht. Mein Kontaktmann schickte mir nie schriftliche Anweisungen. Im Zimmer nahm ich ein Bier aus der Minibar und öffnete den Umschlag. Es war ein Fax aus Mexiko von meiner französischen Braut.
»Warte nicht auf mich. Es tut mir leid, aber ich komme nicht. Ich habe einen Mann kennengelernt, der mich die Welt mit ganz anderen Augen sehen lässt. Ich liebe Dich, aber ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt. Ich werde noch zwei Wochen in Mexiko bleiben, bevor ich nach Paris zurückkomme. Da besprechen wir dann alles. Ich möchte für immer bei ihm bleiben, aber Deinetwegen komme ich zurück, weil ich Dich liebe und wir über alles sprechen müssen. Ich küsse Dich.«
Regel Nummer eins: Lebe allein und hole dir, was der Körper verlangt, von einer Nutte. Ich ließ mir eine Tageszeitung aufs Zimmer bringen und suchte im Anzeigenteil unter der Rubrik Entspannung. Nach einer halben Stunde klopfte es an der Tür. Ich öffnete und ließ eine Mulattin herein, mit der die ganze Hitze der Karibik ins Zimmer wehte.
»Das macht dreißigtausend im Voraus, mein Süßer«, sagte sie, während sie einen Blick in die Minibar warf.
»Hier sind hunderttausend; aber nur, wenn du brav bist.«
»Ich bin immer brav, Papacito«, erwiderte sie, wobei sich ihr großer roter Mund in die Breite zog.
Und das war sie. Die angenehme Wirkung der Krabben und Muscheln in meinem Bauch verflog nach der dritten Runde, und während sie sich anzog, sagte sie: »Du bist so schweigsam gewesen, mein Süßer. Ich mag es, wenn man mir Schweinereien ins Ohr flüstert. Bist du immer so?«
»Nein. Aber heute habe ich einen schlechten Tag gehabt. Einen verdammt schlechten Tag. Einen richtig beschissenen Tag«, sagte ich, weil dies die Wahrheit war; die verdammte beschissene Wahrheit.
Als die Mulattin das Zimmer mit hunderttausend Peseten und dem heißen Wind der Karibik verlassen hatte, rief ich in der Bar an und bestellte mir eine Flasche Whisky.
Und so verbrachte ich die Nacht jenes Tages, der schon schlecht angefangen hatte, vor der ungeöffneten Flasche, trotz einer wahnsinnigen Lust, mich zu betrinken, und sprach mit dem Foto des Typen, den ich liquidieren sollte, denn Profi bleibt Profi, auch wenn man ihm die Frau ausgespannt hat.
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