Cattle Valley: Mehr als gedacht. Carol LynneЧитать онлайн книгу.
haben, wenn Mario ihm nur gehörig die Meinung sagte, denn eigentlich wollte er dem Idioten eine verpassen.
Er hielt vor dem protzigen Sicherheitstor und drückte auf den Klingelknopf.
»Ja«, erklang eine ihm unbekannte Frauenstimme.
»Mario Benta für Asa«, knurrte Mario.
»Einen Moment.«
Mario zupfte an dem kleinen Bärtchen unterhalb seiner Unterlippe. Das tat er häufig, wenn er unter Strom stand. Einige Sekunden später schwangen die Torflügel aus schwarzem Eisen nach innen.
Angeberischer Schweinehund. Mario fuhr die lange, gewundene Einfahrt hinauf und hielt unter dem ausladenden Säulenvorbau, der über die Auffahrt des aus Baumstämmen und Stein erbauten Hauses hinausragte. Mario sprang aus dem Wagen und stieg die Stufen hinauf.
Bevor er überhaupt dazu kam anzuklopfen, wurde die Tür geöffnet und eine ältere Dame bat ihn herein.
»Bitte folgen Sie mir«, sagte die Frau.
»Vielen Dank, Ma'am.«
Mario versuchte, den Blick nicht über die hohe Balkendecke oder den zweigeschossigen Kamin aus Flussgestein schweifen zu lassen. Er würde sich nicht von Asas Besitz beeindrucken lassen, auf gar keinen Fall, niemals. Die Frau, bei der es sich vermutlich um die Haushälterin handelte, führte ihn zu einem großen rundum verglasten Raum im hinteren Teil des Hauses.
»Ihr Gast, Sir«, verkündete sie.
»Danke, Miss Guttenberg.«
Mario ballte die Hände an seinen Seiten zu Fäusten und bekam Asa zum ersten Mal seit diesem schrecklichen Tag zu Gesicht. Er war überrascht, dass der normalerweise tadellos gepflegt auftretende Mann so vernachlässigt aussah. Asa schien nicht nur auf eine Rasur zu verzichten, Mario schätzte auch, dass er ziemlich viel Gewicht verloren hatte. Wer zum Teufel kümmerte sich um den Mann?
»Wie ich sehe, hast du meine Nachricht erhalten«, begrüßte Asa ihn grinsend.
Dieser Gesichtsausdruck reichte aus, um Mario wieder an seine angefressene Laune zu erinnern. »Habe ich und ich bin hergekommen, um dir zu sagen, dass du dir dein Angebot in den Arsch schieben kannst. Ich würde noch nicht mal für dich arbeiten, wenn du das Gehalt verdreifachen würdest.«
Marios Antwort schien Asa zu schockieren, doch offensichtlich war er zu stolz, um etwas dagegen einzuwenden. »Nun gut. Ich werde dich nicht noch einmal belästigen.«
Asa richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Ausblick durch die deckenhohen Fenster. Mario betrachtete das Objekt so vieler seiner Fantasien und empfand eher Mitleid als alles andere. Wo waren all seine Groupies hin? Beinahe hätte er gefragt, doch dann überlegte er es sich anders und wandte sich zum Gehen.
»Wenn du deine Meinung änderst…«, setzte Asa an.
»Werde ich nicht.« Mario wartete nicht darauf, dass Miss Guttenberg ihn zur Tür brachte. Er stürzte aus dem Haus, sprang in seinen Pick-up und ließ die Villa in einer Wolke aus schwarzem Rauch hinter sich zurück.
Er war sich nicht sicher, auf wen er wütender war: auf sich selbst oder Asa. Der verdammte Kerl hatte seine Gefühle bei mehr als nur einer Gelegenheit verletzt und trotzdem hatte Mario immer noch Mitleid mit ihm. Der bekannte Millionär sah nicht nur beschissen aus, Mario hatte auch das starke Gefühl, dass sich Asa genauso fühlte.
Mario lenkte seinen Wagen in die Richtung des Gym. Ihm war der Appetit vergangen. Während der Fahrt begann sein Zorn, sich langsam in Luft aufzulösen. Er wusste, dass er trotz allem immer noch etwas für den reichen Mistkerl empfand. Wenn er nur nicht so ein Arschloch wäre.
***
»Sir, ein Anruf für Sie«, verkündete Miss Guttenberg, als sie Asa das Telefon reichte.
»Wer ist dran?«, formte er mit den Lippen. Insgeheim hoffte er, dass Mario sich endlich umentschieden hatte.
»Ihre Schwester«, wisperte sie zurück.
Asa verdrehte die Augen. Seit dem Unglück hatte seine Familie nicht ein einziges Mal angerufen, um sich nach seinem Gesundheitszustand zu erkundigen, ohne eine Möglichkeit zu finden, ihn um mehr Geld zu bitten.
»Hey, June«, grüßte er sie.
»Wie geht es dir, Asa?«, fragte die vierunddreißigjährige Mutter von fünf Kindern.
»Bin auf dem Weg der Besserung. Was kann ich für dich tun?«
Es blieb einen Moment still, bevor seine Schwester sagte: »Na ja, es geht nicht wirklich um mich. Dean wird im nächsten Monat sechzehn und braucht Unterstützung dabei, sich ein Auto zu kaufen.«
»Braucht er Unterstützung oder will er, dass ich ihm ein Auto kaufe?«, fragte er, als würde er die Antwort nicht längst kennen.
»Na ja, es ist ja nicht so, als würde er ohne Auto einen Job bekommen. Er denkt darüber nach, sich einen Job zu suchen, wenn er eins hat, aber Dean meinte, er könnte dabei helfen, dir das Geld zurückzuzahlen, wenn du darauf bestehst.«
»Früher ist man durch die Nachbarschaft gelaufen und hat angeboten, für andere den Rasen zu mähen, um Geld zu verdienen. Was ist damit? Das habe ich jedenfalls gemacht.«
»Ja, wir wissen alle ganz genau, dass du alles aus eigener Kraft geschafft hast, Asa. Wir dachten nur, weil du Allan und Julie eins gekauft hast, dass du…«
Asa stieß demonstrativ den Atem aus. Er hatte es so verdammt satt, dass ihm unaufhörlich die offene Hand hingehalten wurde. »Ich sag dir was. Du kannst Dean sagen, wenn er fünfhundert Mäuse auf die altmodische Art verdient, bekommt er von mir ein Auto.«
»Das ist nicht dein Ernst, oder?«
»Das ist das Angebot, nimm es an oder lass es bleiben.«
Wieder war es still. »Ich rede mit Dean.«
»Schön. Lass mich wissen, was er sagt.« Asa rückte sein rechtes Bein zurecht, damit es sicherer auf dem Kissen lag. »Gibt es noch etwas?«
»Nein.«
»Bis bald, Schwesterherz.« Asa legte auf und warf das Telefon auf den Tisch neben sich. Er fühlte sich wie ein gewaltiges Arschloch, weil er seinem Neffen etwas verweigerte, das nicht einmal ansatzweise ein spürbares Loch in seine Finanzen reißen würde, aber vielleicht würde es dem Jungen guttun.
Seine Eltern hatten sich die Finger wund gearbeitet, damit er und seine vier Geschwister ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen hatten. Asa wusste, dass es ihre Entschlossenheit, Erfolg zu haben, gewesen war, die ihn den Wert eines Dollars gelehrt hatte. Welche Lektionen lernte die neue Generation der Montgomerys?
»Entschuldigen Sie, Sir. Möchten Sie ihr Mittagessen hier oder im Speisezimmer einnehmen?«
Asa grinste. Ganz egal, wie oft er Stella schon gesagt hatte, sie solle ihn Asa nennen, sie hielt an den Formalitäten fest, die ihrer Meinung nach mit ihrer Position einhergingen. »Ich habe keinen Hunger, aber danke.«
Er hörte das allzu vertraute Schnalzen, das sie immer von sich gab, wenn sie etwas missbilligte. »Vielleicht schaue ich in einer Stunde noch einmal rein, um zu hören, ob Sie Ihre Meinung geändert haben.«
»Einverstanden.«
Stella zog sich zurück, um zu tun, was auch immer sie eben tat, und Asa sackte etwas weiter in seinem Stuhl zusammen. Er faltete die Hände vor der Brust und betrachtete noch einmal den Ausblick. Seit dem Keller, in dem er praktisch aufgewachsen war, hatte sich viel verändert. Bei sieben Menschen, die in einem Haus mit drei Schlafzimmern gewohnt hatten, war er der Außenseiter gewesen und in eine Ecke des unfertigen Kellergeschosses in seinem Elternhaus im westlichen Kansas abgeschoben worden.
Asa schmunzelte. Seine Familie hatte nicht geahnt, dass er sein erzwungenes Exil dazu genutzt hatte, sein erstes Softwareprogramm zu entwerfen. Er war immer eines dieser seltsamen Kinder gewesen, die nirgendwo hinzupassen schienen. Im Alter von sechs Jahren hatte er begonnen, Dinge auseinanderzunehmen,