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Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst. Albrecht MüllerЧитать онлайн книгу.

Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst - Albrecht Müller


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für eine lebendige Demokratie schon lange überlagert. Regierungen und internationale Organisationen haben genauso wie die Wirtschaft Strukturen von Einfluss-Agentinnen und -Agenten aufgebaut. Das werden wir nicht so schnell ändern können. Wir können aber unser Wissen verbessern und deshalb skeptisch werden, wenn wir Texte und Sendungen dieser abhängigen Medienarbeiterinnen und -arbeiter anschauen und lesen.

      Parallel zu den Veränderungen bei der Struktur und Konzentration der Medien und parallel zum wachsenden Gewicht der Public-Relations-Agenturen und der Public-Relations-Tätigkeit insgesamt gab es eine Verschiebung in unserem Land, die sonderbarerweise von großer Bedeutung für die Meinungsbildung ist: Die Einkommens- und Vermögensverteilung wurde einseitiger – schlechter kann man sagen, wenn man die Bewertung nicht scheut. Im unteren und mittleren Bereich der Gesellschaft stagnieren die Einkommen beziehungsweise haben real abgenommen, im oberen Bereich hat es einen gravierenden Zuwachs an Einkommen und Vermögen gegeben.

      Diese Verschiebung verschärft eine immer schon erkennbare Schlagseite der demokratischen Meinungsbildung und politischen Entscheidungsfindung: Wer über viel Geld oder publizistische Macht verfügt, kann in viel größerem Maße als die normalen Menschen Einfluss nehmen. Diese Einflussnahme bezieht sich auf die Bildung der öffentlichen Meinung und auch schon auf die Bildung der veröffentlichten Meinung, also die Meinung der Medienmacher. Auf diese Weise wird auch direkter Einfluss auf die politischen Entscheidungen genommen. Es gibt einen kleinen Lichtblick: Plattformen wie YouTube erlauben es »kleinen Leuten« (Rezo) Einfluss auf die Meinungsbildung zu nehmen.

      Die Lage wird noch dadurch verschärft, dass mehrere Besitzer von Medien, also von großen Zeitungskonzernen und Rundfunksendern zur Gruppe der besonders reichen Personen in unserer Gesellschaft gehören und sich mit dieser Schicht identifizieren. Und auch die Medienmacher in den Fernsehsendern sind inzwischen in Einkommenssphären, die sie zu der Einkommensoberschicht zugehörig fühlen lassen. Das wird noch verstärkt dadurch, dass Talkmaster und Talkmasterinnen ihre eigenen Produktionsfirmen besitzen und auf diesem Weg besonders gut verdienen

      Während die wirklich Reichen in Deutschland an Gewicht gewonnen haben, ist gleichzeitig der Faktor Arbeit und seine Repräsentanz zurückgefallen: Die Gewerkschaften finden in den meisten Medien und auch in der breiten Öffentlichkeit kaum mehr statt. Auch die Öffentlichkeitsarbeit der Gewerkschaften und ihre eigene Publizistik sind zurückgefallen. Die Zeiten, in denen Metall, das Organ der IG Metall, mit fast jeder Ausgabe Schlagzeilen in die Medienlandschaft pflanzte, sind lange vorbei. Oder dass eine IG Druck und Papier nicht nur während Tarifverhandlungen zu vernehmen war, sondern auch zu politischen Grundsatzfragen Stellung bezog, ist auch vorbei. Gewerkschaftsvorsitzende wie Heinz Oskar Vetter, Heinz Kluncker und Otto Brenner und weitere bestimmten die öffentliche Meinungsbildung mit. Von Frank Bsirske ist heute in erster Linie bei Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst etwas zu lesen. Wer kennt heute noch den DGB-Vorsitzenden oder die Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften?

      Das Umfeld, in dem wir uns zu orientieren versuchen und um eigenständiges Denken und Urteilen kämpfen, wurde in den letzten 40 Jahren deutlich verändert. Das wird auch sichtbar daran, dass das politische Interesse zurückgegangen ist, dass die Parteien mehrheitlich massenhaft Mitglieder verloren haben und dass es wenig programmatische Diskussionen in den Parteien und Verbänden gibt – von neuen Themen wie der Klimaveränderung abgesehen.

      Das ist der Hintergrund, vor dem massive Versuche der Meinungsbeeinflussung stattfinden. Wir sind umzingelt von Kampagnen und müssen feststellen, dass die totale Manipulation möglich ist.

      Wir könnten uns damit beruhigen, dass so etwas gerade in Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus schon einmal möglich war und dass diese bleierne Zeit schon einmal überwunden werden konnte. Vielleicht gelingt das noch einmal.

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