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Auf den Flügeln der Liebe. Barbara CartlandЧитать онлайн книгу.

Auf den Flügeln der Liebe - Barbara Cartland


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zueinander abgebrochen.

      Rêve hatte ihren Stiefbruder nie kennengelernt. Sie wußte, daß er fünfzehn Jahre älter war als sie, und daß ihre Mutter immer sehr traurig wurde, wenn man ihn erwähnte. Das alles hatte Antoinette ihr erzählt, denn ihre Mutter starb, als Rêve erst zwei Jahre alt war, an einer unbekannten, qualvollen Krankheit, die die Ärzte weder heilen noch lindern konnten.

      Die Herzogin hatte darauf bestanden, Rêves Stiefbruder ihre Rückkehr ins Château mitzuteilen und ihn dorthin einzuladen.

      Sie hatte dieses Thema mehrere Male angeschnitten, bevor Rêve endlich einwilligte. Erst als von ihrer Heirat die Rede war, gestattete sie der Herzogin, Armand d’Augeron einzuladen.

      »Es schickt sich nicht, daß ich wegen deiner Heirat verhandle, wenn du einen noch näherstehenden Verwandten hast«, gab die Herzogin zu bedenken. »Wenn dein Bruder nicht existierte, täte ich notgedrungen mein Bestes für dich, Kind; aber wenn es sich um eine Heirat handelt, ist es von äußerster Wichtigkeit, die Form zu wahren und geschickt vorzugehen.

      Ich aber werde alt. Bei Finanzen und Zahlen schwindelt mir, ich kann sie nicht erfassen. Der Mann, der um deine Hand angehalten hat, ist sehr reich, und der Ehevertrag sollte sehr großzügig ausfallen. Ich jedoch habe Angst davor, derart heikle Verhandlungen zu führen. Laß uns deinen Halbbruder bitten herzukommen!

      Er hat eine hohe Position, und seine Ländereien und Besitztümer sind durch die Revolution nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Er wird ganz gewiß bessere Abmachungen aushandeln, als ich es könnte. Folge meinem Rat, und sei es auch nur dieses eine Mal!«

      Rêve hatte sich damit einverstanden erklärt, unter anderem deshalb, weil die Vorbereitungen für ihre Hochzeit ruhen mußten, während sie auf Armands Ankunft warteten. Sie wußte nichts über den Comte de Durieux, der um ihre Hand angehalten hatte.

      Soweit sie sich erinnerte, hatte sie ihn noch nie zu Gesicht bekommen, obgleich eine Freundin der Herzogin anvertraut hatte, daß der Comte Rêve einmal in Paris gesehen und sich in sie verliebt habe.

      Die Herzogin war so alt, lebte so fern der modernen Welt, daß sie genauso wenig über den Grafen und seine Familie wußte wie Rêve selbst.

      »Sein Großvater war ein sehr gutaussehender Mann«, erzählte sie Rêve. »Ich kann mich noch daran erinnern, daß ich einmal mit ihm in Versailles tanzte, doch das ist auch schon alles, was ich über die Familie Durieux weiß. Dein Halbbruder wird eben Nachforschungen anstellen müssen, um zu erfahren, ob sie auch wirklich reich und von untadeliger Herkunft ist.«

      Rêve war sich wohl bewußt, daß diese Heirat von ihr erwartet wurde und daß sie auf die in ihrem Land traditionelle Weise stattfinden würde. Und doch hatte es ihr merkwürdigerweise widerstrebt, diesen Schritt zu tun, Valmont zu verlassen, ihr Zuhause, zu dem sie erst kürzlich zurückgekehrt war.

      Daher nahm sie mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis, daß bis zum Eintreffen ihres Stiefbruders einige Monate vergehen würden.

      Es dauerte dann sogar zwei Monate, bis sie auf den Brief der Herzogin eine Antwort erhielten. Frankreich war in Aufruhr, Napoleon zog mit seinem Heer durch das Land, sie befanden sich im Krieg mit Rußland. Als der Bote endlich zurückkam, hatte er mehr über die Schwierigkeiten, auf die er unterwegs gestoßen war, zu berichten, als über den Marquis d’Augeron.

      Offensichtlich hatte ihn der Marquis kaum beeindruckt. Stattdessen berichtete er ziemlich ausführlich über einen Monsieur de Fremond, der seinen Zorn erregt hatte. Doch der Brief der Herzogin hatte sein Ziel nicht verfehlt: Armand schrieb freundlich, daß er Rêves Lage verstehe, daß er sich so schnell wie möglich auf den Weg nach Valmont machen würde und daß sie ihn innerhalb der nächsten zwei Monate erwarten könnten. Doch diese zwei Monate waren längst verstrichen, ohne daß er erneut von sich hatte hören lassen.

      Stattdessen erhielten sie einen Brief des Comte de Durieux, in dem er darum bat, die Verhandlungen so rasch wie möglich aufzunehmen, und andeutete, daß der Kaiser höchstpersönlich ein Interesse an der vorgeschlagenen Verlobung habe.

      Beim Lesen dieses Satzes war Rêve von Panik ergriffen worden. Wer mochte dieser Comte de Durieux sein? Was wußte sie schon von ihm? Warum drängte er sie so?

      Und jetzt, nachdem sie in der letzten Nacht den Mann gefunden hatte, den ihr Herz seit vielen Jahren suchte, würde sie niemals einen anderen heiraten können.

      Während sie so am Fenster stand und hinaus auf den See starrte, fiel ihr ein, daß sie sehr wenig über Monsieur de Segury wußte, eigentlich nur, daß er wie ihr Stiefbruder Armand hieß, aus der Normandie stammte und daß sie ihn liebte.

      Weiter wußte sie nichts. Aber spielte das eine Rolle? Nur eines war wirklich wichtig: daß sie einander liebten. Er konnte verheiratet sein oder keinen Sou in der Tasche haben, vielleicht war auf seinen Kopf sogar eine Prämie ausgesetzt! Und doch war das alles ohne Bedeutung gegenüber der Tatsache, daß sie einander liebten.

      Bei dem bloßen Gedanken an ihn bebte ihr ganzer Körper.

      »Meine Geliebte - mein Leben - je t’adore!«

      Sie hörte seine vor Erregung rauhe Stimme wieder. Sie spürte, wie ihr Herz unter seiner Hand pochte.

      »Du bist mein! Du gehörst mir allein!« Triumph hatte in seinen Worten gelegen - Triumph über seine Eroberung! Wie stolz waren die Männer doch! Aber verlangte sie denn überhaupt mehr im Leben, als erobert zu werden - erobert von ihm?

      Wenn ihr Stiefbruder schließlich eintraf, würde ihn eine völlig andere Geschichte erwarten, als die, welche ihm die Herzogin nach Polen geschrieben hatte. Sie würde ihm erzählen, daß sie sich verliebt habe, daß man dem Comte de Durieux mitteilen müsse, daß sein Heiratsantrag vergeblich sei und daß sie mit der Familie Armand de Segurys Verhandlungen aufnehmen müßten.

      Und das möglichst schnell! Rêve errötete vor sich selbst, als sie sich eingestand, wie sehr sie sich nach raschen Verhandlungen sehnte. Sie wollte ihn heiraten, wollte ihm mit ihrem Herzen, ihrer Seele gehören. Falls je eine Ehe im Himmel beschlossen worden war, so ihre.

      »Armand de Segury!«

      Sie wiederholte im Stillen seinen Namen, er gefiel ihr. Doch dann mußte sie über sich selbst lächeln. Gewiß würde ihr jeder Name gefallen, den er trug, und sei er noch so gewöhnlich! Sie seufzte leise und wandte sich vom Fenster ab.

      Sie mußte hinuntergehen und das petit dejeuner im Schlafzimmer ihrer Großtante einnehmen, wie sie es immer tat. Es würde ihr nicht leichtfallen, ihre Glückseligkeit vor den durchdringenden Augen ihrer Tante zu verbergen, vor ihrem Scharfsinn, der sie manche Dinge schon fast erahnen ließ, bevor man sich selbst ihrer bewußt wurde.

      Rêve hatte schon befürchtet, daß ihre Großtante bereits bei Armands Besuch am Vortag ahnte, daß etwas Außergewöhnliches geschehen war. Nachdem er das Zimmer wieder verlassen hatte, hatte die Herzogin eine Weile kein Wort gesagt.

      Sie schien nachzudenken, den Blick sinnend auf die Tür gerichtet, durch die er gegangen war. Auf einmal hatte sie gesagt: »Wirklich ein gutaussehender junger Mann! Unter diesem anziehenden Antlitz vermute ich sowohl Charakter als auch Intelligenz. Gefällt er dir, mein Kind?«

      Rêve war bei dieser Frage erschrocken, doch sie hatte sich Mühe gegeben, mit möglichst gleichgültiger Stimme zu antworten: »Er schien mir ein sehr angenehmer Mensch zu sein, Madame.«

      »Zweifellos denkt er in denselben überschwenglichen Ausdrücken über dich«, hatte die Herzogin darauf sarkastisch und mit einer Spur trockenen Humors erwidert, der keinen Zweifel daran ließ, daß Rêve sie mit ihrer ungeschickten Bemerkung nicht hatte täuschen können. »Ich wünschte, ich könnte mich an etwas erinnern, was seine Familie betrifft, denn der Junge gefällt mir. Etwas an ihm verrät eine gute Kinderstube und eine ausgeprägte Persönlichkeit. Heutzutage, da Ladenschwengel und Küchenjungen ihre Vorgesetzten nachäffen, gibt es von solchen jungen Männern nicht allzu viele.«

      Rêve hatte nichts darauf entgegnet, aus Angst, sich selbst zu verraten. Ein paar Minuten später hatte die alte Dame ihr die Hand auf die Schulter gelegt


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