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Nur wenn ich lebe. Terri BlackstockЧитать онлайн книгу.

Nur wenn ich lebe - Terri Blackstock


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Casey

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      Casey

      Es lohnt sich nicht, sein Leben für einen Teller gebratenen Reis aufs Spiel zu setzen.

      Ich hätte dieses Restaurant überhaupt nicht betreten sollen. Wäre ich besser bei Fast Food geblieben. Dann hätte ich durch einen Drive-In fahren können und mein Essen in einer Tüte durch das Fenster gereicht bekommen. Dummerweise hatte ich das dringende Bedürfnis, das Klo zu benutzen und mein Gesicht nach der stundenlangen Fahrt zu waschen. Außerdem hatte ich Burger mit Pommes einfach satt. Also beschloss ich, vor einem Einkaufszentrum zu parken und in diesem China-Restaurant Rast zu machen.

      Meiner Einschätzung nach würden zu dieser Tageszeit nicht besonders viele Gäste hier sein. Außerdem waren chinesische Restaurants normalerweise nicht sehr hell beleuchtet und ich dachte, dass ich es mit meiner langen, braunen Perücke und der dunklen Sonnenbrille wagen könnte. Aber sämtliche Medien hatten Bilder veröffentlicht, wie ich mich verkleidet haben könnte.

      Am runden Tisch in der Ecke sitzen lauter Studenten. Ein Mädchen schaut mich an, flüstert ihrer Freundin etwas zu und jetzt starrt mich die ganze Gruppe an. Eine von ihnen greift zum Telefon.

      Ich versuche ruhig zu bleiben, stehe langsam von meinem Tisch auf und gehe Richtung Ausgang. Die Bedienung kommt mir hinterher und sagt: „Das Essen ist fast fertig!“

      „Ich komme gleich wieder“, erwidere ich, obwohl ich das nicht vorhabe.

      Im Freien eile ich den Bürgersteig entlang. An einem Schlüsselgeschäft halte ich kurz an und drehe mich um. Zwei der Mädchen sind mir aus dem China-Restaurant gefolgt und sprechen aufgeregt in ihre Handys. Mein Blick schweift zu meinem Auto hinüber. Ich kann jetzt nicht einsteigen. Wenn mich eines der Mädchen dabei beobachtet, weiß sofort auch die Polizei, welcher mein Wagen ist, und dann müsste ich mir einen neuen besorgen. Dafür habe ich aber definitiv zu wenig Bargeld. Schon dieses Auto hätte ich ohne Dylans Hilfe nicht bekommen können.

      In einem Klamottengeschäft versuche ich mich zu verstecken. Auf der linken Seite sehe ich das Schild für die Umkleidekabinen. Schnell schlüpfe ich in eine Kabine, die sich von innen verriegeln lässt. Ich schließe mich darin ein und setze mich kurz auf die Bank, um zu Atem zu kommen und meine Möglichkeiten durchzugehen.

      Die Studentinnen haben gesehen, wie ich in diesen Laden gelaufen bin. Die Polizei wird gleich hier sein und mich verhaften. Mein Herz hämmert wild und die Wundnähte an meiner Schulter fühlen sich an, als würden sie gleich aufreißen. Ich frage mich, ob sie sich wohl entzündet haben. Erst versuche ich, die Armschlinge neu zu justieren, merke dann aber schnell, dass es nur Zeitverschwendung ist. Vermutlich haben die Studentinnen mich damit gesehen. Ich nehme sie also vorsichtig ab und stopfe sie in meine Tasche. Auch die Perücke ziehe ich mir vom Kopf und binde mein schwarz gefärbtes Haar zu einem Pferdeschwanz. Während ich meine Baseballkappe aus der Tasche ziehe, versuche ich meinen Arm nah an meinem Körper zu halten. Ich setze die Kappe auf, führe den Pferdeschwanz durch den Schlitz am Hinterkopf und nehme dann auch die Sonnenbrille ab. Anschließend ziehe ich meine Bluse aus, sodass ich nur noch ein Top trage, und betrachte mich eingehend im Spiegel. Tatsächlich sehe ich anders aus als noch fünf Minuten zuvor.

      Erschöpfung macht sich in mir breit – vielleicht von dem Blutverlust, den ich durch die Schusswunde vor ein paar Tagen erlitten habe. Aber ich weiß, dass ich weitermuss. Den Riemen meiner Tasche lege ich mir über die gesunde Schulter und die Klamotten, die schon vorher in der Umkleidekabine gehangen haben, über den Arm. Es spielt keine Rolle, dass sie mir niemals passen würden und nicht mal ansatzweise aussehen wie etwas, das jemand in meinem Alter tragen würde. Hauptsache, ich sehe aus wie eine stinknormale Kundin.

      Vorsichtig wage ich mich aus der Kabine, bedacht auf meinen verwundeten Arm. Während ich reges Interesse an einem Ständer mit heruntergesetzten Klamotten vortäusche, sehe ich mich nach den beiden Studentinnen um. Im Laden kann ich sie nicht sehen und so schaue ich aus dem Fenster. Blaues Licht leuchtet auf. Sie sind hier.

      Ich eile zum hinteren Ende des Ladens. Dort entdecke ich eine Schwingtür mit der Aufschrift „Nur für Angestellte“. Die Klamotten auf meinem Arm lasse ich fallen und schlüpfe durch die Tür. Ich eile an Kisten, Klamottenständern, einer Besenkammer, einem Wischeimer und einem Angestellten-WC vorbei. Endlich entdecke ich die Tür für Warenanlieferungen.

      Nachdem ich sie geöffnet habe, blicke ich die dahinterliegende Gasse auf und ab. Keine Polizei ist zu sehen. Hier ist überhaupt niemand.

      Schwach und kurzatmig wie ein Herzpatient überquere ich die Gasse und schleppe mich durch ein kleines Waldstück einen Hügel hinauf, bis ich den Parkplatz überblicken kann. Inmitten einer Baumgruppe lasse ich mich auf einen Baumstumpf nieder und beobachte die Studenten, wie sie sich mit den Polizisten unterhalten. Manche von ihnen schießen Selfies von sich und der Polizei. Innerhalb von zwanzig Minuten werden die Fotos durch alle Medien gehen. In dieser Stadt kann ich mich jetzt nicht mehr blicken lassen. Ich muss weg.

      Mein Weg führt weiter durch die Bäume. Der Wald lichtet sich und ich lande in einer zwielichtigen Gegend. An den Straßenecken lungern Männer herum und hier und dort nähern sich leicht bekleidete Frauen den langsam vorbeifahrenden Autos.

      Ich entdecke ein Mädchen mit einer krausen, blonden Perücke. Ihre falschen Haare sind so voluminös, dass sie über ihre schmalen Schultern hinausreichen. Ich hatte schon schwarze Haare, braune und blonde Haare … außerdem eine rothaarige Perücke, eine blonde und auch eine brünette. Keine hatte so krause Locken wie diese. Niemand würde danach suchen.

      Langsam schlendere ich die Straße entlang und warte darauf, dass das Mädchen zurück auf den brüchigen Bürgersteig kommt. „Entschuldige bitte“, sage ich. „Kann ich kurz mit dir sprechen?“ Sie sieht nicht so aus, als hätte sie Zeit für mich, und so füge ich hinzu: „Es geht um Geld.“

      Bei diesem Stichwort wendet sie sich zu mir. „Was gibt’s denn, Schätzchen?“

      „Ich mag deine Haare. Ist das eine Perücke?“, frage ich.

      „Ja“, sagt sie, während sie ihren Haarschopf berührt. „Danke.“

      „Ich habe mich gefragt, ob ich sie dir wohl abkaufen könnte.“

      Die junge Frau lacht. „Was? Du willst meine Haare kaufen?“

      „Ich gebe dir zweihundert. Bar.“

      Sie


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