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Die Abtei von Northanger. Jane AustenЧитать онлайн книгу.

Die Abtei von Northanger - Jane Austen


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Nein, ich tadele dich nicht«, sagte sie ernsthafter. »Ich verstehe deine Gefühle vollkommen. Wo wirklich das Herz spricht, bedeutet, wie ich weiß, die Bewunderung aller anderen wenig. Alles wird dagegen so bedeutungslos, so unwesentlich. Ich habe vollstes Verständnis für deine Gefühle.« »Aber du solltest mir nicht noch einreden, daß ich so viel an Mr. Tilney denke, denn vielleicht sehe ich ihn nie wieder.«

      »Ihn nicht wiedersehen? Liebstes Herz, sprich nicht davon. Wie unglücklich wärst du dann.« »Nein, das wäre ich nicht! Ich behaupte nicht, daß er mir nicht sehr gut gefallen hat. Aber solange es noch ein Buch wie >Udolpho< gibt, kann mich niemand unglücklich machen. Oh, dieser entsetzliche schwarze Schleier! Isabella, es steckt doch bestimmt Laurentias Skelett dahinter!« Eigenartig, daß du nie >Udolpho< gelesen hast; aber ich nehme an, deine Mutter ist gegen Romane.«.

      »Nein, gar nicht. Sie liest sehr oft >Sir Charles Grandison<; aber neue Bücher sind bei uns nicht zu haben.«

      »>Sir Charles Grandison<! Das ist ein außerordentlich gruseliges Buch, nicht wahr? Ich entsinne mich, Miß Andrews kam nicht einmal durch den ersten Band.«

      »Es ist ganz anders als >Udolpho<, aber ich finde es trotzdem sehr unterhaltend.« »Meinst du wirklich? Das überrascht mich. Ich glaubte, man könnte es gar nicht lesen. Aber, liebste Catherine, hast du schon einen Kopfputz für den heutigen Abend gewählt? Ich will den gleichen tragen wie du. Manchmal fällt das den Männern auf, weißt du?«

      »Aber das hat doch gar nichts zu bedeuten«, erwiderte Catherine ganz unschuldig. »Bedeuten? Du lieber Himmel! Oh, ich habe mir vorgenommen, daß mir ihre Ansicht nie etwas bedeuten soll. Sie sind oft schrecklich unverschämt, wenn man sie nicht mit Geist behandelt und sie sich vom Leibe hält.«

      »Wirklich? Ach, das habe ich nie bemerkt. Mir gegenüber benehmen sie sich immer recht gut.«

      »Ach! Sie tun so. Sie sind aber die eingebildetsten Kreaturen auf Erden und halten sich für so schrecklich wichtig. Übrigens, ich wollte dich schon so oft fragen und habe es immer wieder vergessen: Welcher Typ gefällt dir am besten? Magst du lieber dunkle oder blonde Männer?«

      »Ich weiß nicht recht. Darüber habe ich nie nachgedacht. Ich glaube so zwischen beidem: braun - nicht hell und nicht zu dunkel.«

      »Das ist großartig, Catherine. Genau so ist er . Ich habe deine Beschreibung von Mr. Tilney nicht vergessen. Nun, ich habe einen anderen Geschmack. Ich ziehe helle Augen vor. Und die Hautfarbe, weißt du, da gefallt mir eine blasse am besten. Du darfst mich nie im Stich lassen, wenn du jemals einem Mann in deiner Bekanntschaft begegnest, auf den diese Beschreibung paßt.«

      »Dich im Stich lassen! Was meinst du damit?« »Nun mach mir aber keinen Kummer! Ich habe wohl schon zuviel gesagt? Wir wollen von etwas anderem sprechen.«

      Catherine gehorchte einigermaßen verwundert und wollte, nach einigen Minuten des Schweigens, eben zu dem übergehen, was sie im Augenblick am meisten fesselte - zu Laurentias Skelett, als ihre Freundin sie mit den Worten daran hinderte: »Um des Himmels willen, laß uns aus dieser Ecke fortgehen. Weißt du, die zwei entsetzlichen jungen Männer dort starren mich seit einer geschlagenen Stunde an. Ich befürchte, meine ganze Haltung zu verlieren. Komm, wir wollen sehen, wer neu angekommen ist. Sie werden uns kaum folgen.«

      Sie schlenderten also zu dem Gästebuch. Während Isabella die Namen überflog, fiel es Catherine zu, die weiteren Bewegungen der beiden aufregenden jungen Leute zu beobachten. »Sie kommen doch nicht hierher, nicht wahr? Sie sind hoffentlich nicht so unverschämt, uns zu folgen. Bitte, sage mir, wenn sie kommen. Ich will nicht aufblicken.«

      Nach einigen Augenblicken versicherte ihr Catherine mit natürlicher Freude, sie brauche sich nun nicht länger zu beunruhigen, die Herren hätten soeben die Brunnenhalle verlassen. »Und in welcher Richtung entfernten sie sich?« fragte Isabella und wandte sich hastig um. »Der eine sah hübsch aus.« »Sie gingen zum Friedhof hinüber.«

      »Na, ich bin wenigstens schrecklich froh, daß ich sie losgeworden bin! Was hältst du davon, wenn du mich nun zu den Edgar Villen begleitetest und dir meinen neuen Hut ansähest? Das wolltest du doch so gern.«

      Catherine willigte ein; aber sie fügte hinzu: »Vielleicht holen wir dann die beiden jungen Herren ein.«

      »Ach, das macht nichts. Wir gehen schnell an ihnen vorbei. Ich brenne doch darauf, dir meinen neuen Hut zu zeigen.« »Wenn wir aber noch ein paar Minuten warten, laufen wir keine Gefahr mehr, sie überhaupt wiederzusehen.«

      »So viel Rücksicht will ich gar nicht auf sie nehmen. Ich beabsichtige nicht, solche Männer mit Achtung zu behandeln. Das hieße sie verwöhnen.«

      Gegen solche Gründe hatte Catherine nichts einzuwenden. Um Miß Thorpes Unabhängigkeit zu beweisen und das andere Geschlecht zu demütigen, machten sie sich sogleich auf den Weg und schritten schnellen Schrittes davon, um den beiden jungen Leuten zu folgen.

      Siebentes Kapitel

      In einer halben Minute hatten sie den Brunnenhof durchquert und den Bogengang gegenüber der Union-Passage erreicht. Dort wurden sie aufgehalten. Wer schon einmal in Bath war, wird sich der Schwierigkeiten erinnern, die das Überqueren der Cheap Street an dieser Stelle bietet. Diese Straße ist tatsächlich so heimtückisch und in so unglücklicher Weise mit den Durchgangsstraßen von London und Oxford verbunden -und hier liegt auch der größte Gasthof des Ortes -, daß kein Tag vergeht, an dem nicht ganze Gruppen von Damen durch Kutschen, Reiter und Wagen in ihren wichtigsten Besorgungen aufgehalten werden, die darin bestehen, noch einiges Gebäck einzukaufen, nach einer Putzmacherin oder - wie in diesem Falle - nach zwei jungen Männern auszuschauen. Diesen Übelstand beklagte Isabella täglich wiederholt und heute erneut; denn als sie die Union Street erreichten und die Herren wieder sichteten, die sich ihren Weg durch die Menschenmenge bahnten, wurden sie am Übergang durch ein herannahendes Gig gehindert, das auf dem schlechten Pflaster von einem höchst verwegen aussehenden Kutscher in einer Geschwindigkeit gelenkt wurde, die sein und seiner Gefährten Leben sowie das des Pferdes aufs stärkste gefährdete.

      »Oh, diese entsetzlichen Gigs!« rief Isabella aufblickend, »Wie ich sie hasse!« Aber diese gerechte Abneigung dauerte nur kurze Zeit, denn nach einem zweiten Blick rief sie: »Entzückend! Mr. Morland und mein Bruder!«

      »Guter Gott! Es ist James!« stammelte Catherine. Aber im gleichen Augenblick hatten die jungen Leute sie auch schon entdeckt und das Pferd mit einer Heftigkeit zum Stehen gebracht, daß es fast auf die Hinterhand niederging. Die Herren sprangen heraus, der Diener eilte herbei, und sie übergaben den Wagen seiner Aufsicht.

      Catherine kam diese Begegnung völlig unerwartet, und sie begrüßte ihren Bruder mit lebhafter Freude; da er seinerseits auch ein freundlicher Mensch und seiner Schwester herzlich zugetan war, äußerte er die gleiche Freude. Währenddes forderten die blitzenden Augen von Miß Thorpe seine Aufmerksamkeit ständig für sich. Er kam dieser Forderung mit einer Freude und Verlegenheit nach, die Catherine hätte zeigen müssen, daß ihr Bruder Miß Thorpe mindestens ebenso hübsch fand, wie sie es tat, hätte sie sich nur in den Gefühlen anderer Menschen besser ausgekannt.

      John Thorpe hatte derweil dem Kutscher Anweisungen wegen des Pferdes gegeben. Er gesellte sich nun zu ihnen, und während er Isabellas Hand nur oberflächlich und nachlässig berührte, zollte er Catherine sogleich die schuldige Aufmerksamkeit und brachte es zu einem tiefen Kratzfuß und einer halben Verbeugung. Er war ein untersetzter, mittelgroßer junger Mann, der wegen seines unansehnlichen Gesichtes und seiner ungelenken Figur zu fürchten schien, man könne ihn für zu schön halten, wenn er nicht den Anzug eines Stallknechtes trüge, und er sehe einem Edelmann zu ähnlich, wenn er nicht nonchalant wäre, wo Höflichkeit angebracht war, oder unverschämt, wo er vielleicht nonchalant sein durfte. Er zog seine Uhr aus der Tasche: »Schätzen Sie einmal, Miß Morland, wie lange haben wir wohl von Tetbury hierher gebraucht?« »Ich kenne die Entfernung nicht.« Ihr Bruder bemerkte, es seien dreiundzwanzig Meilen.

      »Dreiundzwanzig Meilen?« rief Thorpe, »fünfundzwanzig auf den Zoll.« Morland wehrte ab und berief sich auf die Autorität von Landkarten, Gastwirten und Meilensteinen;


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