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Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Märchen. Eduard Friedrich MörikeЧитать онлайн книгу.

Das Stuttgarter Hutzelmännlein. Märchen - Eduard Friedrich Mörike


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ihm eben jetzt etwas im Kopf umging, das hätte er sich gern allein im Stillen überlegt. Am Weg stand eine Kelter, mit einem umgelegten Trog davor, auf diesen setzt’ er sich, der Meinung, sein Weggenoss soll weitergehen. Der aber warf sich seitwärts hinter ihm ins Gras und schien bald eingeschlafen, von der Hitze müd. Da war es still umher; ein einziges Heimlein sang am staubigen Rain so seine Weise ohn Aufhören fort.

      Endlich da fing der Seppe vor sich selbst, doch laut genug, zu sprechen an: Jetzt weiß ich was ich tu: ich werd ein Scherenschleifer! Wo ich halt geh und steh, juckt’s mich, ein Rad zu treten, und sollt’s ein Spinnrad sein! (Dem war auch richtig so und konnte gar nicht anders sein, denn einer seiner Schuhe war für ein Mädchen gefeit und gesegnet.) Die Art von Schleiferei – so sprach der Seppe weiter – muss einer doch bald können, und so ein Kerl führt seine Werkstatt lustig auf einem Schubkarrn durch die Welt, sieht alle Tage eine andre Stadt, da pflanzt er sich im Schatten an einem Markteck auf und dreht seinen Stein, dass die Funken wegfliegen. Die Leute mögen sprechen was sie wollen, das ist jetzt einmal mein Beruf und mein Genie, ich spür’s in allen Gliedern; und wo mir recht ist hat mein Ehni seliger einmal gesagt: der Seppe ist unter dem Zeichen des Wetzsteins geboren.

      Bei diesen Reden richtete sich das Färberlein halb in die Höh: der ist ein Letzkopf! dachte es: und ich bin meines Lebens neben ihm nicht eines Glaubens Länge sicher; – stand sachte auf, schlich sich hinweg, in einem guten Bogen über das Ackerfeld, und fußete sodann der graden Straße nach, [12]als brennte ihm der Steiß, Metzingen zu. Der Schuster, welcher endlich auch aufbrach, sah ihn von Weitem rennen, argwöhnte aber nichts und zog seines Vorsatzes herzlich vergnügt demselben Flecken zu. Allein wie schaute er hoch auf, da alle Leute dort die Köpfe nach ihm aus den Fenstern streckten und ihm die Kinder auf der Gasse, an zwanzig, mit Geschrei nachsprangen und sangen:

      Scheraschleifer, wetz, wetz, wetz,

      Lass dei Rädle schnurra!

      Stuagart ist a grauße Stadt,

      Lauft ansbach dura.

      Der Seppe hatte einen Stiefelszorn, schwang öfter seinen Knotenstock gegen den Schwarm, sie schrien aber nur um desto ärger, und also macht’ er sich so hurtig er nur konnte aus dem Wespennest hinaus. Noch vor der letzten Hütte draußen hörte er ein Stimmlein verhallend im Wind:

      Scheraschleifer, wetz, wetz, wetz!

      Er hätte für sein Leben gern den Färber, welcher ihm den Possen spielte, dagehabt und ihm das Fell geruckt, wie er’s verdiente, der aber blieb im Ort zurück, wo er in Arbeit stand. Sonst war der Wicht in Büßingen daheim, wie er dem Seppe sagte.

      Derselbe ließ sich den erlittenen Schimpf nicht allzu lang anfechten, noch seinen Vorsatz dadurch beugen. Er machte seinen Trott so fort, und widerfuhr ihm diesen Tag nichts weiter von Bedeutung, als dass er etlichmal rechts ging, wo er links gesollt hätte, und hinwiederum links, wo [13]es rechts gemeint war; das freilich nach dem Zeugnis aller Reis’beschreiber schon gar die Art nicht ist, um zeitig und mit wenig Kosten an einen Ort zu kommen.

      Einstweilen langte es doch eben noch bis Urach, wo er zur Nachtherberge blieb. Am Morgen ging’s hinauf die hohe Steig auf das Gebirg, nicht ohne vieles Stöhnen, denn sein einer Schuh – er merkte es schon gestern – hatte ihm ein Hühneraug gedrückt, das machte ihm zu schaffen. Da wo die Steig am End ist, holte er zum Glück ein gutes Bäuerlein aus Suppingen auf einem Wagen mit etwas Schreinwerk ein, das hieß ihn ungebeten bei ihm aufsitzen.

      Als sie nun eine Weile so, die große Ebene hinfahrend, beieinander saßen, fing der Bauer an: Mit Vergunst, i muaß jetzt doch fürwitzig froga: gelt, Ihr sind g’wiss a Drehar? – Warum? Ei, sprach das Bäuerlein und sah auf des Gesellen Fuß: do der Kamrad arbeit’t allfort, ma moint, er müass äll mei vier Räder tretta!

      Der Seppe schämte sich ein wenig, im Herzen war er aber selig froh und dachte: hat mir der Bauer da ein Licht aufstecken müssen! Auf einen Drehstuhl will’s mit dir hinaus und anderst nirgends hin!

      Von nun an war der Schuster wie ein umgewendter Handschuh, ganz ein andrer Mensch, gesprächig, lustig, langte den Schnitzlaib heraus, gab ihn dem Bäuerlein bis auf den Anschnitt, sagend: lieber Mann, des bin ich froh, dass Ihr mir angesehen, dass ich ein Dreher bin! – Ha, sprach der andere, sell ist guat merka. – Der Alte kaute einen Bissen und machte ordentlich die Augen zu dabei, so gut schmeckte es ihm; das Übrige hob er als Heimbringens auf für Weib und Kinder. Darnach ward er redselig, erzählte dem Gesellen allerlei; vom Hanf- und Flachsbau auf der Alb; wie sie [14]im Winter gut in ihren strohgedeckten Hütten säßen, ingleichen wie man solche Dächer mit besonderer Kunst verfertige. Auch wusste er ihm viel zu sagen von Blaubeuren, einem Städtlein und Kloster im Tal, zwischen mächtigen Felsen gelegen; da komme er hindurch und möge er sich ja den Blautopf auch beschauen, wie alle Fremde tun.

      Du aber, wohlgeneigter Leser, lasse dich, derweil die beiden so zusammen diskurrieren, auch etlicher Dinge besonders berichten, die, ob sie sich zwar lang vor Seppes Zeit begeben, nichtsdestominder zu dieser Geschichte gehören. Vernimm hienach die wahre und anmutige

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