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Die Löwenskölds. Selma LagerlöfЧитать онлайн книгу.

Die Löwenskölds - Selma Lagerlöf


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aber gleich nach ihm redete man am liebsten vom General auf Hedeby, den man ja selbst noch gesehen und gesprochen hatte und von Kopf bis Fuß beschreiben konnte.

      Der General war so stark gewesen, dass er Eisen biegen konnte, wie andere Hobelspäne auseinanderrollen. Als er einmal hörte, drunten in Svartsjö wohne ein Schmied, der die besten Hufeisen in der ganzen Gegend mache, ritt der General gleich hinunter in die Schmiede und bat den Michel, ihm sein Pferd zu beschlagen.

      Als nun der Schmied mit einem fertigen Hufeisen aus der Schmiede trat, fragte der General, ob er es ansehen dürfe. Das Hufeisen war stark und gut gemacht; der General aber lachte nur, als er es sah. »Das nennt ihr hier ein Hufeisen?«, sagte er, und zugleich bog er das Hufeisen auseinander und zerbrach es. Der Schmied erschrak, er glaubte, er habe eine schlechte Arbeit geliefert.

      »Es muss ein Sprung im Eisen gewesen sein«, sagte er und brachte rasch ein anderes Hufeisen herbei. Es ging aber mit diesem genau wie mit dem vorigen, nur mit dem Unterschied, dass der General dieses wie eine Schere zusammendrückte, bis es auch zerbrach.

      Doch nun begann Michel Lunte zu riechen, und er sagte: »Entweder bist du der König Karl selber, oder du bist der Starke Bengt auf Hedeby.«

      »Ei, Michel, da hast du nicht schlecht geraten«, versetzte der General, und dann gab er ihm die volle Bezahlung für vier neue Hufeisen und überdies noch für die zwei, die er vor den Augen des Schmiedes zerbrochen hatte.

      Es waren auch noch viele andere Geschichten über den General im Umlauf, und sie wurden ins Unendliche erzählt und wieder erzählt; im ganzen Bezirk gab es niemand, der nichts von dem General gewusst und nicht Ehrfurcht und Bewunderung für ihn gehegt hätte. Und von seinem Ring wusste man natürlich auch.

      Man wusste, er war mit ihm begraben worden; die Habgier der Menschen aber war so groß gewesen, dass er ihm von seinem Finger weg gestohlen worden war.

      Wenn also irgendetwas imstande war, die Leute im höchsten Grade neugierig und erregt und empört zu machen, so war es die Nachricht, dass der Ring zwar wiedergefunden worden, jedoch abermals verloren gegangen war, sowie dass man Ingilbert im Wald tot aufgefunden und die Ivarssöhne nun im Verdacht habe, sich den Ring angeeignet zu haben, und dass sie deshalb jetzt im Gefängnis saßen. Als die Kirchenbesucher am Sonntagnachmittag heimwärts wanderten, wurde ihnen daheim kaum erlaubt, ihren Sonntagsstaat auszuziehen und einen Bissen zu essen, nein, sie mussten von allem berichten und was darüber gesagt und was eingestanden worden war, was für ein Urteil das Gericht gefällt hatte, und zu welcher Strafe die Angeklagten wohl verurteilt würden.

      Es wurde von gar nichts anderem mehr gesprochen. Jeden Abend hielt man in großen Häusern wie in kleinen Hütten, beim Taglöhner ebenso wie beim Großbauern, am Herdfeuer sozusagen Gerichtssitzung ab. Es war eine abenteuerliche und seltsame Sache, der man nur schwer auf den Grund kommen konnte. Nein, es war nicht leicht, ein entscheidendes Urteil zu fällen, denn es war zu schwierig, ja fast unmöglich, zu glauben, die Ivarssöhne und ihr Pflegesohn hätten einen Mann totgeschlagen, um sich in den Besitz eines Ringes zu bringen, einerlei wie kostbar er auch sein mochte.

      Da war zuerst Erik Ivarsson, ein reicher Mann mit vielen Äckern und vielen Häusern. Wenn er überhaupt einen Fehler hatte, war es der, dass er etwas zu selbstbewusst war und allzu viel auf seine Ehre hielt. Und gerade deshalb wollte es einem durchaus nicht einleuchten, dass irgendein Kleinod auf der Welt ihn dazu gebracht haben könnte, eine unehrenhafte Handlung zu begehen.

      Und noch weniger konnte man seinen Bruder Ivar verdächtigen. Er war allerdings arm, wohnte bei seinem Bruder und bekam von ihm alles, was er sich nur wünschen konnte. Er war ja so gutherzig, dass er alles, was sein Eigentum gewesen war, hergegeben hatte. Wie hätte es einem solchen Mann einfallen können, einen andern zu ermorden und zu berauben?

      Und was Paul Eliasson betraf, so wusste man, in welch hoher Gunst er bei den Ivarssöhnen stand. Er war ja mit Marit Erikstochter, der einzigen Erbin ihres Vaters, verlobt. Sonst hätte man allerdings ihn am ehesten in Verdacht haben können, weil er ein geborener Russe war, und das wusste man ja: Die Russen hielten es für keine Sünde zu stehlen. Ivar Ivarsson hatte ihn einst mitgebracht, als er aus der russischen Gefangenschaft heimkehrte. Er war damals drei Jahre alt gewesen und ganz elternlos und verlassen; daheim in seinem Lande hätte er wohl Hungers sterben müssen. Nun war er ja in Rechtschaffenheit und Ehrlichkeit aufgezogen worden und hatte sich immer gut gehalten.

      Marit Erikstochter und er waren zusammen aufgewachsen; sie hatten einander von jeher lieb gehabt, und es wäre wahrhaftig unverständlich gewesen, wenn ein Mann, den Glück und Reichtum erwarteten, all das aufs Spiel gesetzt hätte, nur um einen Ring zu stehlen.

      Andererseits musste man aber auch an den General denken, an den General, von dem man von ganz klein auf so viele Geschichten gehört hatte, und den man ebenso gut kannte wie seinen eigenen Vater; den General, der so groß und stark und zuverlässig gewesen war, den General, der tot war und dem man das Liebste, was er besaß, gestohlen hatte.

      Der General hatte es gewusst, dass Ingilbert Bårdsson auf seiner Flucht den Ring bei sich gehabt hatte, denn sonst hätte Ingilbert in aller Ruhe seines Weges ziehen können und wäre nicht getötet worden. Der General hatte natürlich auch gewusst, wer den Ring an sich genommen hatte, nämlich die Olsbyleute, sonst wären diese nicht mit dem Rittmeister zusammengetroffen; sie wären auch nicht gefangen genommen und jetzt in Gewahrsam gehalten worden.

      Ja, es war wirklich schwer, in einer solchen Sache das Richtige herauszufinden. Auf den General aber verließ man sich noch mehr als selbst auf den König Karl, und bei den meisten Gerichtssitzungen, die in den kleinen Hütten vor sich gingen, wurde ein verurteilender Schiedsspruch gefällt.

      Und sicherlich erregte es große Verwunderung, als das wirkliche Amtsgericht, das im Thinghaus zu Broby gehalten wurde, nachdem es die Angeklagten aufs Peinlichste verhört hatte, ihnen aber weder eine Schuld nachweisen noch sie zum Geständnis bringen konnte, sich genötigt sah, die des Mordes und Raubes Angeklagten freizusprechen.

      Trotzdem aber wurden sie nicht aus der Haft entlassen, denn das Urteil des Amtsgerichts musste vom Appellationsgericht erst noch geprüft werden, und das Appellationsgericht erklärte die Olsbyer für schuldig und verurteilte sie zum Tode durch den Strang.

      Doch auch dieses Urteil wurde nicht vollstreckt, denn das Urteil des Appellationsgerichtes musste vorher vom König bestätigt werden.

      Als aber der Spruch des Königs gefallen und bekannt gegeben war, da verzichteten die Kirchenbesucher zum ersten Male freiwillig darauf, ihr Mittagsmahl zu essen, bevor sie den Daheimgebliebenen den Inhalt mitgeteilt hatten.

      Denn der Inhalt des Urteilsspruches lautete in kurzen Worten also: Da es ganz klar scheint, dass einer der Angeklagten gemordet und gestohlen habe, keiner von ihnen aber seine Schuld eingestehen wolle, solle Gott selbst zwischen ihnen das Urteil fällen. Sie sollten beim nächsten Thing in Gegenwart des Richters, der Schöffen und der Gemeinde miteinander würfeln. Wer den niedrigsten Wurf tue, solle für schuldig gelten und wegen seiner Missetat seines Lebens am Galgen verlustig gehen. Die beiden anderen dagegen sollten ohne weitere Strafe freigelassen werden und zu ihrem Tagewerk zurückkehren.

      Das war ein weises Urteil, ein gerechtes Urteil. Alle Leute hier in Värmland waren damit zufrieden. War es nicht schön von dem alten König, dass er sich nicht einbildete, in dieser dunklen Sache klarer zu sehen als alle anderen, sondern es dem Allwissenden anheimstellte? Jetzt endlich konnte man sicher sein, die Wahrheit klar zutage treten zu sehen. Außerdem war es auch etwas ganz Eigenes um dieses Gerichtsverfahren. Es wurde nicht von Mann gegen Mann geführt, sondern ein Toter stand auf der einen Seite, ein Toter, der darauf bestand, sein Eigentum wiederzubekommen. In anderen Fällen hätte man ja zögern können, seine Zuflucht zu den Würfeln zu nehmen, diesmal jedoch nicht. Der tote General wusste wohl, wer es war, der ihm sein Eigentum vorenthielt. Das war ja das Beste an dem Urteilsspruch des Königs, dass er dem toten General Gelegenheit gab, freizusprechen und zu verurteilen.

      Man hätte fast glauben können, König Friedrich habe dem General die Entscheidung überlassen wollen. Er hatte ihn vielleicht in der alten Kriegszeit gekannt und ihn als einen Mann gefunden, auf den man sich verlassen konnte. Und gerade


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