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Denken und schöpferisches Werden. Henri BergsonЧитать онлайн книгу.

Denken und schöpferisches Werden - Henri Bergson


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zweckmäßigen Weise zu kanalisieren in einer sensomotorischen Reaktion. Wir machen uns selten klar, daß es in der anorganischen Natur überhaupt kein eigentliches Wirken gibt, sondern eine reine Funktionalität des Geschehens. Erst in der Spontaneität einer ganzheitlichen Reaktion des Organismus entsteht ein echtes Wirken, und das bedeutet, der übermechanischen Natur dieses Wirkens nach, nicht eine bloße Stauung, eine Bremsung des mechanischen Verlaufs in einer Zone der Indeterminiertheit, sondern zugleich eine qualitative Umformung dieser äußeren Einwirkung, ihre innere Durchdringung im Sinne einer qualitativen Formung und Fixierung. Damit leuchtet im gleichgültigen Fluß der Weltmechanik ein kleiner Ausschnitt als Sinneswahrnehmung auf in einer einzigartigen magischen Bezogenheit des Objektes auf das Subjekt des Erkennens. Es ist das buchstäblich eine geistige Erfassung einer gegenständlichen Wirklichkeit, die allerdings zur metaphysischen Voraussetzung hat, daß die Wirklichkeit auf geistigem Grunde ruht und auf ein solches Erfaßtwerden angelegt ist. Ohne die eigentümlichen Ausdruckswerte, die die Materie in solchen Sinnesqualitäten in untrennbarer Verbindung mit den räumlichen Gestaltqualitäten gewinnt, wäre überhaupt kein gegenständliches Vorstellen und Denken der Materie möglich. In seiner zeitbedingten Gebundenheit an eine rein mechanistische Naturwissenschaft hat Kant noch völlig übersehen, daß diese Sinnesqualitäten die erste und grundlegende Synthesis der „Erfahrung“ im Bewußtsein darstellen. Indem Bergson dann weiter den innigen grundlegenden Zusammenhang zwischen der Sinneswahrnehmung und dem Reagieren des Organismus auf dessen äußere Einwirkungen erkannte, bezeichnete er mit Recht die Sinneswahrnehmung als eine virtuelle Handlung; denn jene qualitative Synthetis ist bereits eine unsichtbare Handlung des Organismus, das Vorspiel zu dem dann möglicherweise folgenden äußeren Erfassen und Begreifen. Und indem Bergson diesen engen Zusammenhang zwischen Erkennen und Handeln dann weiter verfolgt in der Entfaltung und den synthetischen Akten der Raumintelligenz, die sich in derselben Richtung wie die Materie entfalten, ja, in der schon erwähnten Polarität dieser Richtung bis zu einer äußersten Grenze zu gehen vermag, die von der Materie nicht erreicht werden kann, gelingt es ihm erstmalig, den ausgesprochen technischen Charakter der Raumintelligenz, ihrer Kategorien und Denkmethoden bloßzulegen. Nach dieser Seite seines Erkennens hin erscheint der homo sapiens ursprünglich als ein homo faber. So wird zum ersten Male der offenbar enge Zusammenhang zwischen exakter Naturwissenschaft, die ja bereits selbst an eine riesige technische Apparatur gebunden ist, und der reinen Technik erkenntnistheoretisch befriedigend aufgezeigt und begründet.

      Keiner hat bisher die Wurzeln des mechanistischen Denkens in all seinen feinen Verästelungen so aufgedeckt wie er, — keiner hat dieses Denken so als die Hauptquelle aller falschen Problemstellungen auf metaphysischem wie auch wissenschaftlichem Gebiet aufgezeigt, hat es so gründlich demaskiert und seine begrenzte Bedeutung so klar abgesteckt. In dieser Beziehung hat er eine außerordentlich fruchtbare Arbeit geleistet, die zu den wenigen wirklich bedeutenden Errungenschaften philosophischer Selbstbesinnung des menschlichen Geistes gehört.

      Aber diese Kritik des mechanistischen Denkens enthält bei Bergson Keime und Ansatzpunkte zu einer noch grundsätzlicheren erkenntnistheoretischen Besinnung. Der von ihm aufgezeigte instrumentale Charakter der menschlichen Intelligenz als einer Funktion des Lebens nimmt ihr zunächst den naiven Anspruch auf Absolutheit, den der Intellekt unbewußt in jeder noch unkritischen Wissenschaft erhebt, indem er glaubt, sich wie ein geheimnisvoller Weltspiegel der Gesamtheit eines fertigen Seins gegenüberstellen zu können. Grotesk wirkt dieser Anspruch bei einer rein mechanistischen Wissenschaft, in deren Weltbild schlechterdings kein Platz mehr bleibt für eine souveräne Intelligenz, wie sich ja überhaupt aus keinem gegenständlich objektiven Sein das Erkennen, das stets Urvoraussetzung bleibt, ableiten läßt. Man kann übrigens Bergson, wie es eine oberflächliche Kritik vielfach getan hat, nicht den Vorwurf machen, er sei in den Fehler eines unkritischen Biologismus verfallen, der sich über seine eigenen Voraussetzungen nicht im klaren ist. Das Erkennen leitet sich bei ihm aus den metaphysischen Ursprüngen des Seins her, als dessen wesentliche integrierende Funktion. Die absolute Unmittelbarkeit des Zusammenhanges von Wirklichkeit und Erkenntnis wurzelt nach ihm in all ihren Formen, ob Intelligenz oder Intuition, im schöpferischen Urquell der Dinge, als dessen Urfunktion und Urtatsache; nur ist sie beim Menschen seiner Geschöpflichkeit gemäß nicht mehr rein primärer, sondern sekundärer Natur, und in seiner intelligenten Form nur auf das Gewordene nachbildend bezogen. Dadurch unterscheidet sich Bergson ganz wesentlich von Kant. In dessen Erkenntniskritik wird die Transzendentalität der Erkenntnis derartig überspannt, daß sie jede unmittelbare Verbindung mit dem Wirklichen verliert und damit jede sinnvolle Beziehung zum metaphysischen Urgrund des Wirklichen vermissen läßt. Es ist hier nicht mehr ersichtlich, welche Funktion dem Erkennen in der Wirklichkeit zukommt. Fichtes Versuch, vom Primat der praktischen Vernunft ausgehend, der theoretischen Vernunft eine sinnvolle Funktion zuzuweisen, war insofern eine durchaus konsequente Fortführung der kantischen Erkenntniskritik, in der aber der Fehler im Uransatz der kantischen Kritik nur um so offenbarer wurde.

      Andererseits aber ist in einem sehr wesentlichen Punkte die kantische Kritik, zum mindesten ihrer Tendenz nach, tiefer als die Bergsonsche. So sehr Kant Wesen und Bedeutung der intuitiven Erkenntnis, die Bergson ganz richtig in engsten Zusammenhang mit dem von der Intelligenz sich wesenhaft unterscheidenden Instinkt bringt, verkannt hat und von seiner rationalistischen Grundlage aus verkennen mußte, so leitet ihn doch unbewußt ein tiefer metaphysischer Instinkt, wenn er dem menschlichen Erkenntnisvermögen grundsätzlich die Fähigkeit abspricht, die tiefsten metaphysischen Voraussetzungen des Seins zu durchdringen. Wenn Bergson der menschlichen Intuition eine progressive, unbegrenzte Durchdringungskraft zutraut, so verfällt er der Gefahr einer naturalistischen Verflachung des Metaphysischen, was man ihm nicht zu Unrecht häufig zum Vorwurf gemacht hat. In dieser Beziehung ist Bergson noch ein echtes Kind des positivistischen Zeitalters geblieben. Das kommt uns heute besonders deutlich zum Bewußtsein, nachdem wir, wie kaum eine Generation vor uns, die abgrundtiefe Fragwürdigkeit aller Existenz erlebt haben. Wir vermögen den Optimismus jener Zeit, in der Bergson groß geworden ist, nicht mehr zu teilen. Das Schöpferische in der Natur und in uns ist wieder zu einem tiefen ehrfurchtgebietenden Geheimnis geworden; die Nichtigkeit unserer ephemeren Existenz, die tragische Situation des Lebens in diesem Kosmos, die tiefe Irrationalität des Leidens und des Todes, spotten jeder Durchleuchtung unseres Wachbewußtseins, sie liegen unterhalb seiner Schwelle, wie auch alle eigentlichen Wachstumsvorgänge. Sie bringen uns aber immer wieder zum Bewußtsein, daß diese durch und durch bruchstückhafte, zwiespältige und provisorische Ebene des Daseins, in der wir leben, nicht die einzige und endgültige ist.

      Daß das Fundament der Bergsonschen Metaphysik zu schmal ist für die Behandlung der tiefsten moralischen und religiösen Wertprobleme, wird offenbar in seinem Alterswerk „Les deux sources de la morale et de la religion”. So feinsinnig und wertvoll auch die in wunderbarer Konsequenz aus den innersten Antrieben seines Denkens entwickelten Gesichtspunkte sind, sie bleiben doch im Vorfeld der eigentlich brennenden metaphysischen Fragen, sie vermögen sich nicht ganz über die Ebene eines vergeistigten Naturalismus zu erheben. Und doch wird man auch hier wieder in den Bann dieses energiegeladenen Denkens gezogen, und aus der absolut lauteren intellektuellen Redlichkeit eines ganz in der Sache aufgehenden Denkens ergibt sich wertvollste Einsicht, sogar zum Teil über die Absicht des Autors hinaus: die an höchsten transzendenten Wertmaßstäben gemessene fragwürdige Natur aller in unbewußten sozialen Instinkten wurzelnden juridischen Moral und Religion, von der sich die aus wirklich transzendenten Tiefen hervorbrechenden echten moralischen und religiösen Impulse unterscheiden wie Jesu Bergpredigt von dem Moralkodex der Pharisäer.

      Und so verstummt schließlich alle Kritik in Ehrfurcht vor seinem Werk und dem Geist, der es geschaffen hat, denn auch da, wo er irrt, oder die Aufgabe über die Grenze seines Wesens und seiner ihm eigenen Begabung hinausgeht, zwingt er höchste Achtung ab, ja, in der Kunst seiner Formulierungen, in dem Glanz seiner aus letzter organischer Ausreifung seiner Gedanken hervorgehenden Lucidität, zu höchster Bewunderung. Es ist bezeichnend, daß die Veröffentlichungen Bergsons in verhältnismäßig großen Zeitabständen erfolgt sind. Er ist kein Vielschreiber gewesen, der glaubte, zu allem etwas Maßgebliches sagen zu müssen. Auch der Erfolg und der Ruhm haben an dieser weisen Selbstbeschränkung und intellektuellen Redlichkeit, die frei war von jeder Eitelkeit, nichts ändern können. Ein außergewöhnlich starker, für die exakten Wissenschaften begabter Intellekt verband sich bei ihm mit einem seltenen intuitiven Spür- und Feinsinn


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