Эротические рассказы

George Orwell: 1984. George OrwellЧитать онлайн книгу.

George Orwell: 1984 - George Orwell


Скачать книгу
hatte er bereits am Nacken und an den Hüften Fettpolster angesetzt, seine Bewegungen waren jedoch schwungvoll und knabenhaft. Seine ganze Erscheinung war die eines kleinen, groß gewordenen Jungen, sodass es fast unmöglich war, ihn sich in etwas anderem vorzustellen als in den blauen Shorts, dem grauen Hemd und dem roten Halstuch der Spione, obwohl er den Einheitsoverall trug. Wenn man ihn sich vor Augen führte, sah man immer knubbelige Knie und pummelige Unterarme mit hochgekrempelten Hemdsärmeln vor sich. Parsons griff tatsächlich immer auf kurze Hosen zurück, wenn ihm eine Gemeinschaftswanderung oder eine andere körperliche Aktivität einen Vorwand dafür bot. Er begrüßte die beiden mit einem fröhlichen »Hallo, hallo!«, setzte sich an den Tisch und dünstete dabei einen intensiven Schweißgeruch aus. Schweißtropfen standen auf seinem gesamten rosafarbenen Gesicht. Seine Fähigkeit zu schwitzen war außergewöhnlich. Im Gemeinschaftszentrum konnte man an der Feuchtigkeit des Schlägergriffs immer erkennen, ob er Tischtennis gespielt hatte.

      Syme hatte ein Blatt Papier mit einer langen Liste von Wörtern hervorgezogen, die er mit einem Tintenstift in der Hand betrachtete.

      »Jetzt sieh sich mal einer an, wie der sogar in der Mittagspause arbeitet«, sagte Parsons und stupste Winston an. »Das nenne ich mal Eifer, ne? Was machen Se denn, alter Junge? Wahrscheinlich irgendwas, was zu hoch für mich is. Smith, alter Junge, ich sach Ihnen mal, warum ich hinter Ihnen her bin. Is wegen der Spende, die Sie mir noch schuldig sind.«

      »Um welche Spende geht es?«, fragte Winston und tastete automatisch nach seinem Geld. Etwa ein Viertel des Gehalts musste man für freiwillige Zahlungen zur Verfügung stellen, und diese waren so zahlreich, dass es schwierig war, den Überblick zu behalten.

      »Für die Hasswoche. Sie wissen schon – die Hauskollekte. Ich bin doch Schatzmeister für unseren Block. Wir geben uns richtich Mühe – und wir wollen echt was auf die Beine stellen. Ich sach Ihnen, is nich meine Schuld, wenn der alte Victory-Wohnblock nicht den besten Fahnenschmuck von der ganzen Straße hat. Zwei Dollar ham Sie mir versprochen.«

      Winston fischte zwei zerknitterte und schmuddelige Scheine aus der Tasche und überreichte sie Parsons, der die Spende in der sorgfältigen Handschrift des Analphabeten in ein kleines Notizbuch eintrug.

      »Übrigens, alter Junge«, sagte er. »Hab gehört, dass mein kleiner Bengel Ihnen gestern eins mit der Schleuder verpasst hat. Hab ihm dafür ordentlich eins hinter die Ohren gegeben. Hab ihm auch gesacht, dass er die Schleuder die längste Zeit gehabt hat, wenn er das noch mal macht.«

      »Ich glaube, er war ein bisschen angesäuert, weil er nicht zur Hinrichtung durfte«, sagte Winston.

      »Äh, na ja – was ich damit sagen will, der hat die richtige Einstellung, ne? Freche kleine Bengel sind das, alle zwei, aber an Eifer mangelt’s bei denen nu wirklich nich! Die ham nichts anderes im Kopf als die Spione – und den Krieg natürlich. Wissen Se, was meine Kleene letzten Samstag gemacht hat, als ihre Truppe auf ner Gemeinschaftswanderung nach Berkhamsted war? Hat sich zwei andere Mädels geschnappt, hat sich mit denen abgesetzt und hat den ganzen Nachmittag so nen merkwürdig aussehenden Mann verfolgt. Zwei Stunden lang ham die den verfolgt, mitten durch’n Wald, und als sie nach Amersham kamen, ham sie ihn der Polizeistreife übergeben.«

      »Warum haben sie das gemacht?«, fragte Winston etwas verdutzt.

      Parsons fuhr triumphierend fort: »Meine Kleene hat gemerkt, dass der so ne Art feindlicher Agent war – könnt ja zum Beispiel mit’m Fallschirm abgesetzt worden sein. Und jetzt kommt’s, alter Junge. Was glauben Se, was das Kind überhaupt auf den gebracht hat? Sie hat gemerkt, dass der komische Schuhe anhatte – sachte, sie hätte noch nie jemanden mit so welchen Schuhen gesehen. Also war’s ziemlich wahrscheinlich, dass das ein Ausländer war. Ganz schön schlau für’n siebenjähriges Gör, oder?«

      »Was ist mit dem Mann passiert?«, fragte Winston.

      »Äh, hab keine Ahnung. Aber es tät mich nich wundern, wenn ...« Parsons machte eine Bewegung, als lege er ein Gewehr an, und imitierte mit einem Zungenschnalzen den Schuss.

      »Gut«, murmelte Syme geistesabwesend, ohne von seinem Blatt aufzublicken.

      »Natürlich können wir es uns nicht leisten, solche Risiken einzugehen«, stimmte Winston pflichtbewusst zu.

      »Meine Rede, es herrscht ja schließlich Krieg«, sagte Parsons.

      Wie zur Bestätigung erscholl ein Trompetensignal aus dem Teleschirm direkt über ihren Köpfen. Diesmal handelte es sich jedoch nicht um die Verkündung eines militärischen Sieges, sondern lediglich um eine Mitteilung des Ministeriums für Fülle.

      »Genossen!«, rief eine eifrige jugendliche Stimme. »Achtung, Genossen! Wir haben wunderbare Neuigkeiten für Sie. Wir haben die Produktionsschlacht gewonnen! Die nun abgeschlossenen amtlichen Berichte über die Produktion von Konsumgütern aller Klassen zeigen, dass der Lebensstandard im vergangenen Jahr um nicht weniger als 20 Prozent gestiegen ist. In ganz Ozeanien kam es heute Morgen zu spontanen Demonstrationen, als Arbeiter aus Fabriken und Büros marschierten und mit Transparenten durch die Straßen zogen, um dem Großen Bruder für unser neues, glückliches Leben zu danken, das seine weise Führung uns geschenkt hat. Es folgen einige der endgültigen Zahlen. Lebensmittel –«

      Der Satz »unser neues, glückliches Leben« wurde mehrmals wiederholt. Dieser Ausdruck war in letzter Zeit ein Lieblingsausdruck beim Ministerium für Fülle. Parsons, dessen Aufmerksamkeit durch das Trompetensignal geweckt worden war, saß da und hörte ernst glotzend, mit einer Art erbauter Langeweile zu. Er konnte den Zahlen nicht folgen, war sich aber bewusst, dass sie auf irgendeine Weise einen Anlass zur Zufriedenheit boten. Er hatte eine große, schmierige Pfeife hervorgeholt, die bereits halb voll mit verkohltem Tabak war. Bei einer wöchentlichen Tabakration von 100 Gramm konnte man seine Pfeife selten komplett füllen. Winston rauchte eine Victory-Zigarette, die er sorgfältig waagerecht hielt. Die neue Ration war erst morgen fällig, und er hatte nur noch vier Zigaretten. Im Moment hatte er seine Ohren vor den Hintergrundgeräuschen verschlossen und hörte sich das Zeug an, das aus dem Teleschirm tönte. Es hatten offensichtlich sogar Demonstrationen stattgefunden, um dem Großen Bruder für die Erhöhung der Schokoladenration auf zwanzig Gramm pro Woche zu danken. Dabei war doch erst gestern, überlegte er, angekündigt worden, die Ration auf zwanzig Gramm pro Woche zu reduzieren. War es möglich, dass die Leute das nach nur vierundzwanzig Stunden schlucken könnten? Ja, sie schluckten es. Parsons schluckte es problemlos, mit der Dummheit eines Tieres. Die augenlose Kreatur am Nebentisch schluckte es fanatisch, leidenschaftlich, mit dem rasenden Verlangen, jeden aufzuspüren, zu denunzieren und zu vaporisieren, der andeuten sollte, dass die Ration letzte Woche bei dreißig Gramm gelegen habe. Auch Syme schluckte es – allerdings auf eine komplexere Art und Weise, die Zwiedenk erforderte. War er damit also der EINZIGE, der ein Gedächtnis hatte?

      Aus dem Teleschirm strömten weiter die sagenhaften Statistiken. Im Vergleich zum vergangenen Jahr gab es mehr Lebensmittel, mehr Kleidung, mehr Häuser, mehr Möbel, mehr Kochtöpfe, mehr Benzin, mehr Schiffe, mehr Hubschrauber, mehr Bücher, mehr Babys – mehr von allem außer von Krankheit, Verbrechen und Wahnsinn. Jahr für Jahr und Minute für Minute erlebte alles und jeder einen rasanten Anstieg. Wie zuvor Syme hatte Winston seinen Löffel in die Hand genommen, malte damit in der bleichen Soße, die über den Tisch tropfte, und zog eine lange Schliere zu einem Muster aus. Er grübelte verstimmt über die physische Beschaffenheit des Lebens. War es schon immer so gewesen? Hatte das Essen schon immer so geschmeckt? Er sah sich in der Kantine um. Ein überfüllter Raum mit niedrigen Decken, dessen Wände durch den Kontakt unzähliger Körper schmutzig geworden waren; ramponierte Metalltische und -stühle, die so dicht beieinanderstanden, dass man sich beim Sitzen mit den Ellenbogen berührte; verbogene Löffel, verbeulte Tabletts, schäbige weiße Becher; alle Oberflächen schmierig, Dreck in jeder Ritze; und ein säuerlicher Geruch, zusammengesetzt aus schlechtem Gin, schlechtem Kaffee, metallischem Eintopf und schmutzigen Kleidern. Ständig rebellierten der Bauch und die Haut in einer Art Protest, einem Gefühl, dass man um etwas betrogen wurde, auf das man ein Anrecht hatte. Er hatte jedoch keine Erinnerungen daran, dass es jemals wirklich anders gewesen wäre. Soweit er sich zurückerinnern konnte, hatte es nie genug zu essen gegeben, hatte man nie Socken oder Unterwäsche gehabt, die nicht voller Löcher waren, die Möbel


Скачать книгу
Яндекс.Метрика