Gegen die Heiden. Arnobius MajorЧитать онлайн книгу.
durchgängig nicht Urkunden, sondern nach Verlauf von einigen Jahrhunderten durchgängig erst aufgeschriebene Sagen, melden in Verbindung mit den alten Denkmälern des christlichen Galliens von Verfolgungen, die Maximian durch den Rictiovarus gegen die Christen vollstrecken habe lassen. Was an sich keine Unwahrscheinlichkeit: denn Christenverfolgungen, ohnehin so ganz im Geiste der römischen Staatsverwaltung gegründet, wurden gewiß sehr bereitwillig von einem Manne so rohen Charakters geboten, wie Maximian war; doch scheint die Verfolgung in Gallien nicht den Grad von Härte und Unmenschlichkeit erreicht zu haben, daß sie außerhalb der Provinz Aufsehen machen oder doch bekannt werden konnte. Wenigstens muß Eusebios, der in der Darstellung der diokletianischen Verfolgung so ausführlich ist, von dieser Nichts erfahren haben: denn er thut derselben durchaus keine Meldung. Ob Maximian dann in Italien verfolgt habe, ist ungewiß: denn die italienischen Legenden dieser Zeit sind unzuverlässig. Der rohe, blutdürstige, dem heidnischen Aberglauben blind ergebene Galerius aber, in Illyrikum hausend, gab seinem Christenhaß wenigstens in sofern nach, daß er die Gläubigen verfolgte, welche an seinem Hoflager und im Heere in höhern Graden dienten. Doch war diese Verfolgung noch unbebeutend: denn er mußte sich bei seiner Abhängigkeit von Diokletian auf Gewalt gegen Einzelne beschränken und nur Wenige starben damals als Mätyrer, bis auch der Oberkaiser eine feindseligere Haltung gegen die Christen annahm; und Diokletian konnte seiner ganzen Gesinnung wie Geistesrichtung nach einer Religion nicht günstig seyn, welche ihren Bekennern weder unbedingten Gehorsam gegen den kaiserlichen Despotismus, noch Anerkennung der auf dem Throne zu Nikomedien sitzenden Gottheit gestattete. Zur Wiederherstellung des römischem Reiches in seinem alten Glanze schien ihm die Erhaltung der Staatsreligion unentbehrlich. Seine Ansicht sprach er im Jahre 296 schon in einem Edikt gegen die Manichäer aus, erklärend: Es sey das größte Verbrechen, in Frage zu stellen, was die Alten einmal festgestellt und entschieden, was der Staatsordnung Bestandtheil geworden und in wohlbegründetem Besitze sich befinde. Dennoch unternahm er achtzehn Jahre lang Nichts gegen die Kirche: denn wohl sah er, daß die frühern Verfolgungen, weit entfernt, die Christengemeinde aufzulösen, dieselbe vielmehr nur befestigt hatten; daß bei täglich zunehmender Ausbreitung der Gemeinde ein Zerstörungsversuch Ströme Blutes kosten, die Erreichung der Absicht aber doch noch ungewiß seyn würde: denn die Kirche zählte bereits die Beßten, Edelsten aller Stände in ihrer Mitte, und fuhr sie noch längere Zeit fort, dem Heidenthum seine Anhänger in so großer, wachsender Menge zu entziehen, so schien für dieses der Zeitpunkt seines gänzlichen Zerfallens nicht mehr sehr ferne. Diokletian’s eigene Gemahlin Priska und seine Tochter Valeria waren gläubig. Angesehene Männer des Hofes, wie Dorotheus und Gorgonius, Beamte und Staatsmänner des ersten Ranges bekannten sich offen zum neuen Glauben. Die alten Bethäuser waren zu enge geworden, in allen Städten wurden neue geräumige Kirchen erbaut. Selbst die heidnischen Statthalter und Beamten erwiesen den Bischöfen Achtung, an Ehrfurcht grenzende Aufmerksamkeit. Aber die lange Ruhe und Sicherheit hatte wieder, wie ehemals vor des Decius Verfolgung, mancherlei Uebel und Mißbräuche erzeugt. Unberufene hatten sich in Menge in die Kirche eingeschlichen, seit der Eintritt in dieselbe nicht nur für gefahrlos, sondern auch wegen der den Bürftigen so leicht von ihren Glaubensgenossen gespendeten Hilfe für vortheilhaft gehalten wurde. Eusebios klagt über Trägheit und Heuchelei, über Streitigkeiten der Bischöfe und Zwietracht der Gemeinden. (Hist. ecel. VIII. 1.)
3.
Die nächste Veranlassung zur Strenge gegen die Christen gaben dem Oberkaiser Dokletian die heidnischen Priester, als er im Sommer des Jahres 302 abergläubisch und furchtsam viele Opfer schlachten ließ, aus derselben Eingeweiden die Zukunft zu erforschen. Die vermöge ihrer Dienstpflicht hiebei gegenwärtigen Christen seines Hofes pflegten sich nämlich mit dem Kreuze wie schicklich zu bezeichnen und hemmten so den Erfolg, was denn auch der Oberpriester nicht anstand dem Kaiser zu erklären, der darob in Zorn gerieth und befahl, daß nicht nur die gegenwärtigen, sondern alle Christen seines Hoflagers opfern, falls sie sich aber dessen weigern würden mit Streichen gestraft werden sollten. (Lactant. de morte pers. c. 10.) Auch die Soldaten in seinem Heere wurden zum Opfern angehalten. Doch ward die Weigerung jetzt noch bloß mit Entlassung bestraft. Damit war diese Verfolgung beendigt, und es scheinen alle diese Befehle als seyen sie nur die Wirkung einer vorübergehenden Aufwallung gewesen. Auch mögen sie nicht sehr genau vollstreckt worden seyn, oder Diokletian muß doch sehr viele Ausnahmen gemacht haben: denn es blieben an seinem Hofe noch immer viele Christen, welche bei ihrem Glauben beharrten, ohne ihre Stellen zu verlieren. Aber Galerius eilte, den günstigen Augendlick zu benützen, kam selbst nach Nikomedien und suchte den glimmenden Funken in Diokletian’s Brust mit unermüdetem, lästigen und ungestümen Eifer, durch alle zu Gebote stehende Beredtsamkeit anzufachen, ihn in der Verfolgung blutige Bahn hineinzuziehen. Lange widerstand dieser dem Zudringen durch Vorstellung der Schwierigkeiten; berief aber doch endlich eine Versammlung von Männern des Richteramtes und Befehlshabern des Heeres, welche theils aus Haß gegen die Christen, theils aus Nachgiebigkeit gegen Galerius Willen dafür stimmten, die Feinde der Götter müßten vertilgt werden. Dennoch nicht zufrieden gestellt ließ Diokletian auch noch das Orakel des Apollo zu Milet befragen, welches antwortete. Die Gerechten auf Erden hinderten ihn, die Wahrheit zu sagen, weßhalb nur falsche Aussprüche vom Dreifuß aus ertheilt wurden. Auf des Kaisers Frage aber, wer diese Gerechten seyen, erklärten die Oberpriester, damit seyen die Christen gemeint. Nun war Berathung und Aufschub zu Ende. Das langsam aufgethürmte Ungewitter brach über Christi Bekenner furchtbar los. Noch nie, sagt Sulpicius Severus, ist je durch einen Krieg die Welt so erschöpft worden; noch haben wir je mit herrlicherm Triumphe gesiegt als hier, da wir durch ein zehnjähriges Schlachten nicht überwunden werden konnten. (Stollberg IX. 327 flg.)
4.
Klar ging diese Christenverfolgung aus Diokletian’s Verfassung als nothwendige Folge hervor: denn so gewiß derselbe erkannte, daß mit seinem Verfassungsplane Rom’s Ansprüche unvereinbar wären; eben so gewiß und noch gewisser sah er, daß an dem noch fortwährend im römischen Staate sich ausbreitenden Christentume, falls es zu bestehen fortführe, seiner Lieblingsideen Ausführung scheitern müßte. Entweder mußte er seine Ansprüche auf göttliche Verehrung und in Folge dessen auf die stolzen Titel Jovius wie Deus verzichten, oder zu des Christenthums Vernichtung seine ganze Gewalt in Bewegung setzen. Die so lange Verschiebung der Verfolgung beweist Diokletian’s schlaue Umsicht: denn bedenklich war die Sache und bot vielfache Schwierigkeiten dar. Wie wenig von der Anwendung der bloßen Staatsgewalt des Christenthums Vernichtung gehofft werden dürfe, davon hatten die Verfolgungen von Septimius Severus an lehrreiche Erfahrungen gegeben. Wenigstens so lange die Provinzen nicht beruhigt, die Feinde von des Reiches Grenzen abgewiesen waren, eigneten sich die Umstände keinesweges für einen Zerstörungskrieg gegen das Christenthum. So ließe sich in den erwähnten Thatsachen der Jahre 302 und 303 wohl eine künstliche Vorrichtung zu einer Christenverfolgung nach Diokletian’s Verwaltungssystem unschwer auffinden (Katerkamp I. 413 flg.). Da die Umstände für eine Christenverfolgung noch nicht geeignet waren, so bereitete Diokletian bei den Christen die Meinung von seiner persönlichen Huld und Gnade gegen sie vor. Aber in eben dieser Meinung sollte auch schon von fern her das öffentliche Urtheil, wo moglich das eigene Gefühl der Strafwürdigkeit bei den Christen selbst vorbereitet werden, falls sie den Absichten des gegen sie so gnädigen Kaisers sich widersetzen würden. Diokletian’s Plane waren ihrer Reife nahe, als Galerius im Jahre 297 einen entscheidenden Sieg über den mächtigen Feind des römischen Staates, den König in Persien erfochten hatte ( (Stollberg IX. 313). Von diesem Zeitpunkt an wurden die fünf folgenden Jahre zur Sicherung der übrigen Gränzen, zur Einführung einer festen Ordnung in den Provinzen verwendet. Dieses Werk war im Jahre 303 vollendet, als Diokletian in einem feierlichen Triumphe, dem letzten zu Rom gehaltenen, der ganzen römischen Welt seine Siege über des Staates Feinde bekannt machte. Nun konnte der Vierherrschaftt Gesammtkraft auf die Schöpfung der absoluten und auf die Meinung der den Kaisern eigenthümlichen göttlichen Natur gegründeten Herrschaft gerichtet werden. Daß die Christenverfolgung in diesem Plane mit berechnet war, zeigt sich auch faktisch in dem Umstand, daß Diokletian in demselben Jahre, wo die allgemeine Christenverfolgung geboten wurde, zuerst mit einer feierlichen Darstellung seiner despotischen Machtvollkommenheit und mit der Anforderung göttlicher Verehrung seiner heiligen Person öffentlich hervortrat. Das Diadem um die Stirne gewunden, in Purpur gekleidet, starrend von Diamanten verschloß er sich von nun an in seinem