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Kleiner Mann, was nun?. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Kleiner Mann, was nun? - Ханс Фаллада


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nicht, Junge», bittet sie. «Aber ich will sehen, daß ich um halb neun noch mal runterkommen kann. Mit welchem Zug willst du fahren?»

      «Um halb zehn.»

      «Dann bring ich dich zur Bahn.»

      «Und sonst nichts», sagt er. «Sonst wieder mal nichts. Ein Leben ist das.»

      Die Lütjenstraße ist eine richtige Arbeiterstraße, immer wimmelt es von Kindern da, man kann keinen richtigen Abschied nehmen.

      «Nimm es nicht so schwer, Junge», sagt sie und gibt ihm die Hand.

      «Ich schaff es schon.»

      «Ja, ja», sagt er und versucht zu lächeln. «Du bist Trumpf-As, Lämmchen, und stichst alles.»

      «Und um halb neun bin ich unten. Bestimmt.»

      «Und keinen Kuß jetzt?»

      «Es geht wirklich nicht, es wird gleich weitergetratscht. Tapfer, tapfer!»

      «Also gut, Lämmchen», sagt er. «Nimm du es auch nicht so schwer. Irgendwie wird es ja werden.»

      «Natürlich», sagt sie. «Ich verlier den Mut schon nicht. Tjüs derweile.»

      Sie huscht schnell die dunkle Treppe hinauf, ihr Stadtköfferchen schlägt gegen das Geländer: klapp – klapp – klapp.

      Pinneberg sieht den hellen Beinen nach. Hunderttausendmal ist ihm Lämmchen schon diese gottverdammte Treppe hinauf entschwunden.

      «Lämmchen!» brüllt er. «Lämmchen!»

      «Ja?» fragt sie von oben und sieht über das Geländer.

      «Einen Augenblick!» ruft er. Er stürmt die Treppe hinauf, er steht atemlos vor ihr, er faßt sie bei den Schultern. «Lämmchen!» sagt er und keucht vor Aufregung und Atemnot. «Emma Mörschel! Wie wär’s, wenn wir uns heiraten würden –?»

      Mutter Mörschel – Herr Mörschel – Karl Mörschel Pinneberg gerät in die Mörschelei

      Lämmchen Mörschel sagte nichts. Sie machte sich von Pinneberg los und setzte sich sachte auf eine Treppenstufe. Plötzlich waren ihre Beine weg. Nun saß sie da und sah zu ihrem Jungen hoch. «O Gott!» sagte sie. «Junge, wenn du das tätest!»

      Ihre Augen wurden ganz hell. Es waren dunkelblaue Augen mit einer Schattierung ins Grünliche; jetzt strömten sie geradezu über von strahlendem Licht.

      Wie wenn alle Weihnachtsbäume ihres Lebens auf einmal in ihr brennten, dachte Pinneberg und wurde ganz verlegen vor Rührung.

      «Also geht in Ordnung, Lämmchen», sagte er. «Machen wir. Und möglichst bald, was?»

      «Junge, du brauchst es aber nicht. Ich komme auch so zurecht. Nur, da hast du recht, besser ist es schon, wenn der Murkel einen Vater hat.»

      «Der Murkel», sagte Johannes Pinneberg. «Richtig, der Murkel.»

      Er war einen Augenblick still. Er kämpfte mit sich, ob er Lämmchen nicht sagen sollte, daß er bei seinem Heiratsantrag gar nicht an diesen Murkel gedacht hatte, sondern nur daran, daß es sehr gemein war, an diesem Sommerabend drei Stunden auf sein Mädchen in der Straße zu warten. Aber er sagte es nicht. Statt dessen bat er: «Steh doch auf, Lämmchen. Die Treppe ist sicher ganz dreckig. Dein guter weißer Rock . . .»

      «Laß den Rock, laß ihn sausen! Was kümmern uns alle Röcke von der Welt. Bin ich glücklich! Hannes! Junge!» Nun war sie wirklich auf ihren Beinen und fiel ihm wieder um den Hals. Und das Haus war gütig: von den zwanzig Parteien, die über diese Treppe aus- und eingingen, kam nicht eine, nachmittags nach fünfe in der Laufzeit, wo die Ernährer nach Haus kommen und alle Hausfrauen schnell noch eine vergessene Zutat fürs Essen holen. Keiner kam.

      Bis Pinneberg sich frei machte und sagte: «Aber das können wir doch sicher auch oben – als Brautpaar. Gehen wir rauf.»

      Lämmchen fragte bedenklich: «Gleich willst du mit? Ist es nicht besser, ich bereite Vater und Mutter vor, wo sie doch gar nichts von dir wissen –?»

      «Was doch sein muß, tut man am besten gleich», erklärte Pinneberg und wollte noch immer nicht auf die Straße. «Übrigens werden sie sich doch bestimmt freuen?»

      «Na ja», meinte Lämmchen nachdenklich. «Mutter sehr. Vater, weißt du, da darfst du dich nicht dran stoßen. Vater flaxt gerne, der meint das nicht so.»

      «Ich werd’s schon richtig verstehen», sagte Pinneberg.

      Lämmchen schloß die Tür auf: ein kleiner Vorplatz. Hinter einer angelehnten Tür klang eine Stimme: «Emma! Komm gleich mal her!»

      «Einen Augenblick, Mutter», rief Emma Mörschel. «Ich zieh nur meine Schuh aus.»

      Sie nahm Pinneberg bei der Hand und führte ihn auf Zehenspitzen in ein kleines Hofzimmer, wo zwei Betten standen.

      «Leg deine Sachen dahin. Ja, das ist mein Bett, da schlaf ich drin. Im andern Bett schläft Mutter. Vater und Karl schlafen drüben in der Kammer. Nun komm. Halt, dein Haar!» Sie fuhr ihm schnell mit dem Kamm durch die Wirrnis.

      Beiden klopfte das Herz. Sie nahm ihn bei der Hand, sie gingen über den Vorplatz, sie stießen die Tür zur Küche auf. Am Herd stand mit rundem, krummem Rücken eine Frau und briet etwas in einer Pfanne. Pinneberg sah ein braunes Kleid und eine große blaue Schürze.

      Die Frah sah nicht hoch. «Lauf schnell mal in den Keller, Emma, und hol Preßkohlen. Ich kann das dem Karl hundertmal sagen . . .»

      «Mutter», sagte Emma, «das ist mein Freund Johannes Pinneberg aus Ducherow. Wir wollen uns heiraten.»

      Die Frau am Herd sah hoch. Es war ein braunes Gesicht mit einem starken Mund, einem scharfen gefährlichen Mund, ein Gesicht mit sehr hellen, scharfen Augen und mit zehntausend Falten. Eine alte Arbeiterfrau.

      Die Frau sah Pinneberg an, einen Augenblick, scharf, böse. Dann wandte sie sich wieder ihren Kartoffelpuffern zu. «Dumm Tügs», sagte sie. «Schleppst du mir jetzt deine Kerle ins Haus?! Geh und hol Kohlen, ich hab keine Glut.»

      «Mutter», sagte Lämmchen und versuchte zu lachen, «er will mich wirklich heiraten.»

      «Hol Kohlen, sag ich, Deern», rief die Frau und fuhrwerkte mit der Gabel.

      «Mutter –!»

      Die Frau sah hoch, Sie sagte langsam: «Bist du noch nicht unten? Willst du einen Backs?!»

      Ganz rasch drückte Lämmchen ihrem Pinneberg die Hand. Dann nahm sie einen Korb, rief, so fröhlich es ging: «Gleich bin ich wieder da!» – und die Flurtür klappte.

      Pinneberg stand verlassen in der Küche. Er sah vorsichtig gegen Frau Mörschel hin, als könnte sein Hinsehen sie schon reizen, dann gegen das Fenster. Man sah nur einen blauen Sommerhimmel und ein paar Schornsteine.

      Frau Mörschel schob die Pfanne beiseite und hantierte mit den Herdringen. Es klapperte und klirrte sehr. Sie stocherte mit dem Feuerhaken in der Glut, dabei murrte sie vor sich hin. Höflich fragte Pinneberg: «Wie bitte –?»

      Es waren die ersten Worte, die er bei Mörschels sagte.

      Er hätte nichts sagen sollen, denn wie ein Geier schoß die Frau auf ihn nieder. In der einen Hand hielt sie den Haken, in der andern noch die Gabel vom Pufferwenden, aber das war nicht so schlimm, trotzdem sie damit fuchtelte. Schlimm war ihr Gesicht, in dem alle Falten zuckten und sprangen, schlimmer waren ihre grausamen und bösen Augen.

      «Wenn Sie mir mein Mädchen in Schande bringen!» schrie sie außer sich.

      Pinneberg trat einen Schritt zurück. «Ich will Emma ja heiraten, Frau Mörschel!» sagte er ängstlich.

      «Sie denken wohl, ich weiß nicht, was ist», sagte die Frau unbeirrt. «Seit zwei Wochen stehe ich hier und warte. Ich denke, sie sagt mir was, ich denke, sie bringt


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