Kleiner Mann, was nun?. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.
Lämmchen, nein, es ist gut.»
«Und wir wollen uns nie, nie streiten. O Gott, Junge, was wollen wir glücklich sein, wir beide allein. Und dann der Dritte, der Murkel.»
«Wenn es aber ein Mädchen wird?»
«Es ist ein Murkel, sage ich dir, ein kleiner süßer Murkel.» –
Nach einer Weile stehen sie auf und treten auf den Balkon.
Ja, der Himmel ist da über den Dächern und seine Sterne in ihm. Sie stehen eine Weile schweigend, jedes die Hand auf der Schulter des andern.
Dann kehren sie zu dieser Erde zurück, mit dem engen Hof, den vielen hellen Fensterquadraten, dem Jazzgequäk.
«Wollen wir uns auch Radio anschaffen?» fragt er plötzlich.
«Ja, natürlich. Weißt du, ich bin dann nicht so mutterseelenallein, wenn du im Geschäft bist. Aber erst später. Wir müssen uns so furchtbar viel anschaffen!»
«Ja», sagt er.
Stille.
«Junge», fängt Lämmchen sachte an. «Ich muß dich was fragen.»
«Ja?» sagt er unsicher.
«Aber sei nicht böse!»
«Nein», sagt er.
«Hast du was gespart?»
Pause.
«Ein bißchen», sagt er zögernd. «Und du?»
«Auch ein bißchen», und ganz rasch: «Aber nur ein ganz, ganz klein bißchen.»
«Sag du», sagt er.
«Nein, sag du zuerst», sagt sie.
«Ich . . .» sagt er und bricht ab.
«Sag schon!» bittet sie.
«Es ist wirklich nur ganz wenig, vielleicht noch weniger als du.»
«Sicher nicht.»
«Doch. Sicher.»
Pause. Lange Pause.
«Frag mich», bittet er.
«Also», sagt sie und holt tief Atem. «Ist es mehr als . . .»
Sie macht eine Pause.
«Als was?» fragt er.
«I wo», lacht sie plötzlich. «Soll ich mich genieren! Hundertdreißig Mark hab ich auf der Kasse.»
Er sagt stolz und langsam: «Vierhundertsiebzig.»
«Au fein!» sagt Lämmchen. «Das wird grade glatt, sechshundert Mark. Junge, was ein Haufen Geld!»
«Na . . .» sagt er. «Viel finde ich es ja nicht. Aber man lebt schrecklich teuer als Junggeselle.»
«Und ich hab von meinen hundertzwanzig Mark Gehalt siebzig Mark für Kost und Wohnung abgeben müssen.»
«Dauert lange, bis man so viel zusammengespart hat», sagt er.
«Schrecklich lange», sagt sie. «Es wird und wird nicht mehr.»
Pause.
«Ich glaub nicht, daß wir in Ducherow gleich ’ne Wohnung kriegen», sagt er.
«Dann müssen wir ein möbliertes Zimmer nehmen.»
«Da können wir auch für unsere Möbel mehr sparen.»
«Aber ich glaube, möbliert ist schrecklich teuer.»
«Also laß uns mal rechnen», schlägt er vor.
«Ja. Wir wollen mal sehen, wie wir hinkommen. Wir wollen rechnen, als ob wir nichts auf der Kasse hätten.»
«Ja, das dürfen wir nicht angreifen, das soll ja mehr werden. Also hundertachtzig Mark Gehalt . . .»
«Als Verheirateter kriegst du noch mehr.»
«Ja, weißt du, ich weiß nicht.» Er ist sehr verlegen. «Nach dem Tarifvertrag vielleicht, aber mein Chef ist so komisch . . .»
«Darauf würde ich keine Rücksicht nehmen, ob er komisch ist.»
«Lämmchen, laß uns erst mal mit hundertachtzig rechnen. Wenn’s mehr wird, ist es ja nur schön, aber die haben wir doch erst mal sicher.»
«Also schön», stimmt sie zu. «Nun erst mal die Abzüge.»
«Ja», sagt er. «An denen kann man ja nichts ändern. Steuern 6 Mark und Arbeitslosenversicherung 2 Mark 70. Und Angestellten-Versicherung 4 Mark. Und Krankenkasse 5 Mark 40. Und die Gewerkschaft 4 Mark 50 . . .»
«Na, deine Gewerkschaft, das ist doch überflüssig . . .»
Pinneberg sagt etwas ungeduldig: «Das laß man erst. Ich hab von deinem Vater genug.»
«Schön», sagt Lämmchen, «macht 22 Mark 60 Abzüge. Fahrgeld brauchst du nicht?»
«Gott sei Dank nein.»
«Bleiben also erst mal 157 Mark. Was macht die Miete?»
«Ja, ich weiß doch nicht. Zimmer und Küche, möbliert. Sicher doch 40 Mark.»
«Sagen wir 45», meint Lämmchen. «Bleiben 112 Mark 40. Was denkst du, brauchen wir fürs Essen?»
«Ja, sag du mal.»
«Mutter sagt immer, 1 Mark 50 braucht sie für jeden am Tag.»
«Das sind 90 Mark im Monat», sagt er.
«Dann bleiben noch 22 Mark 40», sagt sie.
Die beiden sehen sich an.
Lämmchen sagt ganz schnell: «Und dann haben wir noch nichts für Feuerung. Und nichts für Gas. Und nichts für Licht. Und nichts für Porto. Und nichts für Kleidung. Und nichts für Wäsche. Und nichts für Schuhe. Und Geschirr muß man sich auch manchmal kaufen.»
Und er sagt: «Und man möchte doch auch mal ins Kino. Und am Sonntag ’nen Ausflug machen. Und ’ne Zigarette rauch ich auch ganz gerne.»
«Und sparen wollen wir doch auch was.»
«Mindestens 20 Mark im Monat.»
«Dreißig.»
«Rechnen wir noch mal.»
«An den Abzügen ändert sich nichts.»
«Und billiger kriegen wir kein Zimmer und Küche.»
«Vielleicht fünf Mark billiger.»
«Naja, ich will mal sehen. ’Ne Zeitung möcht man sich aber auch halten.»
«Sicher. Können wir nur am Essen sparen, nun gut, zehn Mark vielleicht ab.»
Sie sehen sich wieder an.
«Dann kommen wir noch immer nicht aus. Und an Sparen ist auch nicht zu denken.»
«Du», sagt sie sorgenvoll, «mußt du immer Plättwäsche tragen? Die kann ich nicht selber plätten.»
«Doch, das verlangt der Chef. Ein Oberhemd kostet sechzig Pfennig plätten und ein Kragen zehn Pfennig.»
«Macht auch wieder fünf Mark im Monat», rechnet sie.
«Und Schuhe besohlen.»
«Auch das, ja. Das ist auch gemein teuer.»
Pause.
«Also, rechnen wir noch mal.»
Und nach einer Weile: «Also streichen wir vom Essen noch mal zehn Mark ab. Aber billiger als für siebzig kann ich es nicht.»
«Wie machen es denn die andern?»
«Ja, ich weiß auch nicht.