Tarzan – Band 6 – Tarzans Dschungelgeschichten. Edgar Rice BurroughsЧитать онлайн книгу.
das zappelnde Körperchen noch enger an sich. Tarzan kam näher. Teeka zog sich zurück und zeigte die Fangzähne. Tarzan fand, dass so etwas noch nicht dagewesen war! Teeka hatte ihm bisher die Zähne nie anders als im Spiel gezeigt; aber heute sah sie nicht nach Spiel aus. Tarzan fuhr sich mit seinen braunen Fingern durch das dichte schwarze Haar, bog den Kopf auf die Seite und äugte. Dann rückte er ein Stückchen näher und reckte den Hals, um das Ding, welches Teeka mit den Armen verhüllte, besser zu sehen.
Wieder zog Teeka mit warnendem Schnarren die Oberlippe hoch. Tarzan streckte vorsichtig eine Hand aus, um das Ding in Teekas Armen zu berühren, als Teeka plötzlich mit einem hässlichen Brummen auf ihn losfuhr. Ehe der Affenmensch seinen Arm zurückziehen konnte, biss sie ihn hinein und verfolgte ihn noch eine kurze Zeit, während er sich sogleich durch die Bäume davonmachte. Teeka mit ihrem Baby im Arm konnte ihn nicht einholen.
In sicherer Entfernung hielt Tarzan an und besah mit unverhehltem Erstaunen seine frühere Spielgefährtin. Was war geschehen, dass sich die sanftmütige Teeka so geändert hatte? Sie hatte das Ding in ihren Armen so bedeckt, dass Tarzan es bis jetzt noch nicht hatte erkennen können, aber als sie von seiner Verfolgung abließ, sah er es. Und Tarzan lächelte trotz Schmerz und Ärger, denn er hatte junge Affenmütter schon früher gesehen. In ein paar Tagen würde sie weniger argwöhnisch sein. Aber Tarzan war dennoch gekränkt. Es war nicht recht, dass Teeka ihn wie alle anderen fürchtete. Ei! nicht um alles in der Welt würde er ihr etwas zuleide tun, sowenig wie ihrem Balu. Balu ist nämlich das Affenwort für Baby.
Und nun hatte er trotz der Schmerzen im Arm und trotz seines verletzten Stolzes nur noch mehr den Wunsch, aus der nächsten Nähe Taugs neugeborenen Sohn zu besichtigen. Es erscheint wunderlich, dass Affentarzan, der mächtige Kämpfer, vor dem gereizten Angriff eines Weibchens flüchtete und dass er sich scheute, zur Befriedigung seiner Neugierde zurückzukommen, da er doch mit Leichtigkeit die geschwächte Mutter des neugeborenen Jungen überwältigen konnte. Aber das ist nicht wunderbar. Jeder Affe weiß, dass nur ein tollwütiger Bulle ein Weibchen anders als milde zurechtweist, natürlich ausgenommen jene Individuen, wie wir sie auch in unserer Rasse finden, welche ein Vergnügen darin finden, ihre bessere Hälfte zu schlagen, weil sie zufällig kleiner und schwächer ist als sie selbst.
Tarzan kam wieder auf die junge Mutter zu, aber ganz vorsichtig und mit offen gehaltener Rückzugslinie. Wieder brummte Teeka wild. Tarzan protestierte. Affentarzan wird Teekas Balu nichts tun, sagte er. Lass es mich sehen.
Geh fort, befahl Teeka. Geh fort oder ich töte dich.
Lass es mich sehen, drängte Tarzan.
Geh fort, wiederholte die Äffin. Da kommt Taug. Er wird dich fortbringen. Taug wird dich töten. Es ist Taugs Balu.
Ein wildes Knurren dicht hinter seinem Rücken belehrte Tarzan darüber, dass Taug die Warnungen und Drohungen seiner Ehegefährtin gehört hatte und ihr zu Hilfe kam.
Nun war Taug so gut wie Teeka Tarzans Spielgefährte gewesen, solange er noch jung genug war, um zu spielen. Tarzan hatte dem Taug auch schon einmal das Leben gerettet. Aber das Gedächtnis eines Affen ist nicht allzu gut und Dankbarkeit geht nicht weiter als die verwandtschaftlichen Instinkte. Tarzan und Taug hatten ihre Kräfte einmal gemessen und Tarzan war Sieger geblieben. An diese Tatsache erinnerte sich Taug sicher noch; aber trotzdem war er bereit, sich für seinen Erstgeborenen einer neuen Niederlage auszusetzen – wenn er zufällig in der richtigen Stimmung war.
Nach seinem hässlichen, jetzt an Stärke und Umfang zunehmenden Knurren zu urteilen, schien er gerade in der Laune dazu zu sein. Tarzan fürchtete sich keineswegs vor Taug, und das ungeschriebene Gesetz des Dschungels forderte auch nicht von ihm, dass er den Kampf mit irgendeinem Männchen vermeiden sollte, wenn er es nicht aus rein persönlichen Gründen unterließ. Aber Tarzan hatte Taug gerne; er hatte keinerlei Zank mit ihm und sein Menschenverstand sagte ihm etwas, was einem Affen nie eingeleuchtet hätte – dass Taugs Benehmen in keiner Weise bösen Willen anzeigte. Es war nur der naturgemäße Trieb des Männchens, seinen Sprößling und seine Ehegefährtin zu schützen.
Tarzan hatte wohl keine Lust, mit Taug zu kämpfen, andererseits konnte das Blut seiner englischen Ahnen in ihm auch keinen Gefallen am Weglaufen finden. Doch als der Bulle angriff, sprang Tarzan geschmeidig zur Seite und Taug, der dadurch Mut bekam, drehte sich herum und stürzte sich wie toll auf den anderen. Vielleicht stachelte ihn gerade die Erinnerung an seine frühere Niederlage unter Tarzans Händen gegen diesen auf. Vielleicht trieb auch der Umstand, dass Teeka zusah, seinen Wunsch an, den Affenmenschen vor ihren Augen zu besiegen, denn auch in der Brust jedes Dschungelmännchens sitzt die große Eitelkeit, welche sich in der Vollbringung von verzweifelten Taten im Angesicht des anderen Geschlechtes ausdrückt.
Über der Schulter des Affenmenschen hing dessen langes Grasseil, das Spielzeug von gestern, die Waffe von heute. Als Taug das zweite Mal angriff, zog Tarzan die Stricke über den Kopf und legte geschickt die Laufschlinge zurecht, während er wiederum gewandt dem ungeschickten Tier auswich. Ehe sich der Affe wenden konnte, war Tarzan weit weg auf den Zweigen der oberen Terrasse.
Taug folgte ihm, jetzt in wirkliche Wut gebracht. Teeka sah von unten zu. Es war schwer zu sagen, ob sie gespannt war. Da Taug nicht so rasch klettern konnte als Tarzan, hatte der letztere bereits die höchsten Zweige erreicht, ehe ihn der Affe erreichen konnte. Und ganz hinauf konnte ihm der schwere Affe nicht folgen. Nun saß er oben, sah auf seinen Verfolger herab, schnitt ihm Gesichter und gab ihm alle die schönen Namen, die seinem erfindsamen Menschengehirn einfielen. Als er dann Taug zu einem solchen Stadium kochender Wut gebracht hatte, dass der große Bulle vor Grimm auf den schwankenden Ästen förmlich tanzte, streckte er blitzschnell die Hand aus, eine aufgehende Schlinge fiel rasch durch die Luft, ein kurzer Ruck, als sie auf Taug niederfiel, und schon saß die Schlinge fest um die haarigen Beine des Menschenaffen. Taug, der etwas schwer von Begriff war, merkte zu spät die Absicht seines Peinigers. Er wollte sich freistrampeln, aber der Affenmensch gab dem Seil einen solch scharfen Ruck, dass er Taug von seinem Aste wegriss, und eine Sekunde später hing der Affe mit dem Kopfe nach unten in dreißig Fuß Höhe über dem Boden.
Tarzan befestigte sein Seil an einem starken Ast und stieg in die Nähe Taugs herab.
Taug, sagte er, du bist so dumm wie Buto, das Nashorn. Jetzt werde ich dich hier hängen lassen, bist du etwas Verstand in deinen dicken Schädel bekommst. Da kannst du derweil hängen und zusehen, wie ich gehe, um mich mit Teeka zu unterhalten.
Taug