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Ein Volksfeind. Henrik IbsenЧитать онлайн книгу.

Ein Volksfeind - Henrik Ibsen


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Eben dahin.

      Hovstad. Woher wissen Sie denn das alles so genau, Herr Doktor?

      Stockmann. Ich habe die Verhältnisse so gewissenhaft wie nur denkbar untersucht. Ach, ich hatte schon lange einen solchen Verdacht gehegt. Voriges Jahr kam eine Reihe auffallender Krankheitsfälle unter den Badegästen vor, — Fälle von Typhus und gastrischem Fieber —

      Frau Stockmann. Ja, das ist freilich wahr.

      Stockmann. Damals glaubten wir, die Fremden hätten die Ansteckung mitgebracht; hernach aber — in diesem Winter — bin ich auf andere Gedanken gekommen; und dann machte ich mich dran, das Wasser zu untersuchen, so gut es sich tun ließ.

      Frau Stockmann. Das war es also, was Dir so viel zu schaffen gemacht hat?

      Stockmann. Ja, Käte, Du darfst schon sagen, daß es mir zu schaffen gemacht hat. Aber hier fehlten mir ja die nötigen wissenschaftlichen Hilfsmittel; und so schickte ich Proben vom Trinkwasser wie vom Seewasser an die Universität, um von einem Chemiker eine exakte Analyse zu erhalten.

      Hovstad. Und die haben Sie jetzt erhalten?

      Stockmann zeigt den Brief. Hier habe ich sie! Das Vorhandensein verfaulter organischer Stoffe ist im Wasser nachgewiesen — Infusorien in Massen. Das Wasser ist absolut schädlich für die Gesundheit, ob es nun innerlich oder äußerlich gebraucht wird.

      Frau Stockmann. Es ist ein wahres Glück, daß Du noch beizeiten dahinter gekommen bist.

      Stockmann. Ja, da hast Du recht.

      Hovstad. Und was werden Sie jetzt tun, Herr Doktor?

      Stockmann. Natürlich versuchen, Wandel zu schaffen.

      Hovstad. Das ist also möglich?

      Stockmann. Es muß möglich sein. Sonst ist das ganze Bad unbrauchbar, — ruiniert. Aber damit hat es keine Not. Ich bin vollständig mit mir im reinen darüber, was hier zu tun ist.

      Frau Stockmann. Aber, bester Thomas, daß Du dies alles so geheim gehalten hast.

      Stockmann. Ja, hätte ich vielleicht in der Stadt herumrennen und es ausposaunen sollen, ehe ich noch volle Gewißheit hatte? Ich werde mich hüten — so dumm bin ich nicht.

      Petra. Na, aber Deiner Familie —

      Stockmann. Keiner Menschenseele. Doch morgen kannst Du zum „Dachs“ laufen —

      Frau Stockmann. Aber Thomas —!

      Stockmann. Na, also zum Großvater. Ja, der Alte, der wird ein Gesicht machen! Er glaubt ja, ich bin verrückt; na ja, ich weiß schon: es gibt noch mehr Leute, die das glauben. Jetzt sollen die Herrschaften aber sehen —; jetzt sollen Sie sehen —! Geht umher und reibt sich die Hände. Was wird das für einen Krach in der Stadt geben, Käte! Davon kannst Du Dir gar keinen Begriff machen. Die ganze Wasserleitung muß umgelegt werden.

      Hovstad steht auf. Die ganze Wasserleitung —?

      Stockmann. Ja, versteht sich. Das Aufnahmebecken liegt zu niedrig; es muß nach einer weit höheren Stelle verlegt werden.

      Petra. So hast Du also doch recht gehabt.

      Stockmann. Ja, Du erinnerst Dich, Petra? Ich habe dagegen geschrieben, als man den Bau beginnen wollte. Aber damals wollte kein Mensch auf mich hören. Na, glaubt mir nur, ich werde ihnen die volle Ladung geben; — denn ich habe natürlich eine Eingabe an die Badeverwaltung aufgesetzt; sie liegt seit einer ganzen Woche fertig da; ich habe nur noch auf das da gewartet. Zeigt den Brief. Aber nun soll sie auch auf der Stelle fort. Geht in sein Zimmer und kommt mit einem Paket Schriftstücke zurück. Da seht! Vier engbeschriebene Bogen voll! Und der Brief soll mit dazu. Eine Zeitung, Käte! Gib mir etwas zum Einwickeln! Gut; so; gib’s der — der —; stampft mit dem Fuß auf. Donnerwetter, wie heißt sie doch gleich? Na, also gib’s dem Mädchen und sag’ ihr, sie soll es sofort zum Stadtvogt bringen.

      Frau Stockmann mit dem Paket durch das Speisezimmer ab.

      Petra. Vater, was, glaubst Du, wird Onkel Peter sagen?

      Stockmann. Was sollte er denn sagen? Er wird doch wohl froh sein, denke ich, daß eine so wichtige Wahrheit an den Tag kommt.

      Hovstad. Darf ich eine kleine Notiz über Ihre Entdeckung im „Volksboten“ bringen?

      Stockmann. Ja, dafür wäre ich Jhnen sehr dankbar.

      Hovstad. Es ist doch wünschenswert, daß das Publikum so schnell wie möglich davon unterrichtet wird.

      Stockmann. Ja, gewiß.

      Frau Stockmann kommt zurück. Sie ist schon fort damit.

      Billing. Bald sind Sie — Gott verdamm’ mich — der erste Mann der Stadt, Herr Doktor!

      Stockmann geht vergnügt umher. Ach was! Im Grunde habe ich ja doch nur meine Pflicht getan. Ich bin ein glücklicher Schatzgräber gewesen; das ist alles; trotzdem aber —

      Billing. Hovstad, was meinen Sie, müßte die Stadt nicht dem Doktor einen Fackelzug bringen?

      Hovstad. Ich will es wenigstens befürworten.

      Billing. Und ich werde mit Aslaksen drüber reden.

      Stockmann. Nein, liebe Freunde, solche Narreteien, die laßt nur bleiben; von solchen Veranstaltungen will ich nichts wissen. Und wenn es der Badeverwaltung vielleicht einfallen sollte, mir eine Gehaltszulage zu bewilligen, so nehme ich sie nicht an. Käte, das sag’ ich Dir, — ich nehme sie nicht an.

      Frau Stockmann. Das ist recht von Dir, Thomas.

      Petra erhebt ihr Glas. Prosit, Vater!

      Hovstad und Billing. Prosit, prosit, Herr Doktor!

      Horster stößt mit dem Doktor an. Mögen Sie nur Freude an der Geschichte erleben!

      Stockmann. Danke schön, danke schön, meine lieben Freunde! Ich bin so herzensfroh —; ach, es ist doch etwas Herrliches, das Bewußtsein: sich um seine Vaterstadt und seine Mitbürger verdient gemacht zu haben. Hurra, Käte!

      Schlingt beide Arme um ihren Hals und wirbelt mit ihr im Kreise herum. Frau Stockmann schreit und sträubt sich. Lachen, Händeklatschen und Hochrufe. Die Knaben stecken den Kopf durch die Türe.

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