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Der veruntreute Himmel. Franz WerfelЧитать онлайн книгу.

Der veruntreute Himmel - Franz Werfel


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dem die Eltern stammen und auch Sie, meine Mutter geistlicherweise. Jubilieren Sie also, altes gutes Tantchen, denn der achtzigjährige Pfarrer von Hustopec legt heuer im Spätherbst sein Amt nieder, und schon vor Advent hoffe ich sein Nachfolger zu sein. Das ist alles bereits gebrieft und gesiegelt, und es müßte der Gottseibeiuns selbst die Hand im Spiele haben, damit alles wieder zu Wasser werde wie so oft in meinem Leben. Doch freuen wir uns und loben wir Gott und vergessen wir alles Bittere der Vergangenheit! Erinnern Sie sich noch an das schöne alte Pfarrhaus unseres Fleckens? Man wirds herrichten müssen – mein greiser Vorgänger soll ein unverbesserlicher Schmutzfink gewesen sein, – man wird elektrische Beleuchtung einziehen und fließendes Wasser und Telephon und ein Badezimmer installieren. Auf dem flachen Lande kann das ja alles kein Vermögen kosten. In diesem Hause aber will ich meine Tage beschließen, dort will ich Sonnenblumen großziehen und schöne rote Rosenstöcke und Bienen züchten. Die Hauptsache aber, Tantchen, hören Sie nur: wenn Sie der ewigen Arbeit überdrüssig sind und endlich Feierabend machen wollen, dann kommen Sie zu mir, das heißt zu uns nach Hustopec. Dort wollen wir Seite an Seite leben, bis Gott einen von uns abberuft. Dann wird die ersehnte Zeit gekommen sein, daß ich Sie dankbar pflegen und verwöhnen und verhätscheln darf. Verzeihen Sie, es fällt mir nicht leicht, diese weichste Stelle meines hartgekämpften Herzens zu öffnen. Aber ich träume davon, wie es sein wird, wenn wir uns wiedersehn nach mehr als dreißig Jahren, nach einem so langen gemeinsamen Lebensweg, der uns doch niemals zusammengeführt hat . . . Schreiben Sie mir, bitte, sofort, was Sie über diese Sache denken . . .«

      »Und was denken Sie wirklich über diese Sache, Teta?« fragte Livia Argan, nachdem sie den Brief der Magd zurückgegeben hatte. Ein zugleich sanftes und listiges Lächeln überspülte das Mongolengesicht der alten Frau:

      »Ah nein, mit Erlaubnis, Gnädige, die Teta kann gottlob noch arbeiten trotz der wehen Füß’ . . . Und solang mich die gnä’ Herrschaft behält, und solangs nicht auf die Letzt geht mit mir, ah nein, da werd ich keinem zur Last fallen . . .«

      »Ich glaub, Teta, Sie haben ganz recht«, meinte Livia nach einigem Nachdenken.

      Die alte Magd aber hob mit einer zögernd bittenden Gebärde den Brief hoch und sagte: »Aber schön hat er doch geschrieben, der Mojmir, finden nicht, die gnä’ Frau?«

      Livia hatte einen großen Teil der obigen Begebnisse in ihrer unnachahmlichen Art dargestellt, die gemischt war aus teilnehmend naher Schilderkraft und aus einem reizenden Spott, der alles wieder ins Ferne rückte. Diesen Zug hatte Doris von ihr geerbt. Die Sonne begann wieder zu stechen. Wie so oft im August rückte das alte Gewitter seine Kulissen von neuem zusammen und rüstete sich zu einer Reprise seiner Vorstellung.

      »Ich wundere mich nur«, sagte ich, »wieviel dieser Bursche wagt . . . Er treibt die Sache immer auf die Spitze . . . Hätte, ganz abgesehen von allem Früheren, nicht schon die Geschichte mit der feuerländischen Mission auffliegen müssen, wenn Teta in Sankt Gabriel wirklich nachgeforscht hätte? . . . Und dann, was wird geschehen, falls sie einmal doch ja sagt und nach Hustopec geht, um mit ihrem Liebling das Pfarrhaus zu beziehen? . . .« »Theo, du weißt doch genau«, versetzte Livia, »daß jeder echte Spieler die Dinge auf die Spitze treibt, und daß es gerade die Lust aller Betrüger ist, bis an die letzte Grenze zu gehen . . . Auf den Linek kann man sich blind verlassen. Wenn er nur erst das Geld für die Herrichtung des Pfarrhauses in der Tasche hat, die unglaublichste Frechheit ist ja dieses Badezimmer, dann werden seine Todfeinde schon dafür sorgen, daß er im letzten Augenblick das Amt nicht bekommt. Und bei all seinem Wagemut, den Rückzug hält er ja schlau offen, denn er kann sich immer in Luft auflösen, wenns gefährlich wird, nicht wahr . . .«

      »Und da sagt man, die Teta sei mißtrauisch, diese unausdenkliche Närrin . . .«

      »Halt, Theo«, fiel mir Livia ins Wort, »das versteht ein Mann nicht, diesen Widerspruch. Auch die mißtrauischsten Weiber haben halt ihre unausdenklich leichtgläubige Stelle, die zumeist ihre wunde Stelle ist. Werden nicht gerade die spürsinnigsten Eifersüchtigen am leichtesten betrogen? Jede Frau hat ihre bestimmte Leichtgläubigkeit, ohne die sie nicht bestehen könnte, weil sie ihr ganzes Lebenskapital in sie hineingesteckt hat . . . Und denk nur daran, wie nah die Leichtgläubigkeit der mißtrauischen Teta ihrer Tiefgläubigkeit benachbart ist . . .«

      Ich schwieg eine Weile und sah in meine leere Kaffeetasse, ehe ich rund heraus bekannte:

      »Dich, Livia, versteh ich aber am allerwenigsten. Dir hat diese verschlossene Teta ihr Vertrauen geschenkt. Du hättest sie doch beizeiten aufklären müssen, warnen und vor diesem Vampir von Neffen retten, die Arme.«

      In Livias dunklen Augen mehrte sich das Gold. Sie sah mich mit einem ernsten Lächeln an:

      »Diese Anklage habe ich von dir erwartet, Theo . . . Grad die wehleidigsten Männer, die sich vor dem Zahnarzt fürchten, sind ja die unerbittlichsten Moralisten. Gestatte also, daß ich mich verteidige: Als die Teta das erstemal mit diesen erstaunlichen Briefen zu mir kam, wars meiner Ansicht nach schon zu spät für dein ›beizeiten‹. Sie hatte in diesen Neffen seit seinem zehnten Jahr nicht nur ihre Ersparnisse investiert, sondern bereits ihr ganzes Lebenskapital, das seelische, mein ich. Und dann, ich selbst hab eine Menge Zeit gebraucht, um meiner Sache sicher zu sein. Und auch heut noch bin ich in manchem Punkt nicht ganz sicher. Hat der Neffe seine Studien beendet? Ist er Geistlicher oder nicht? Stellt die Photographie über Tetas Bett ihn dar oder einen andern? Bist vielleicht du dir über diese Punkte ganz im klaren, lieber Theo? Also, was hätt ich tun sollen, deiner Ansicht nach? Die Angelegenheit einem Detektiv übergeben vielleicht? Tetas weitere Ersparnisse vor dem Neffen retten, damit sie diese an einen Staatskrach oder an eine neue Inflation verliert? Der Wahrheit zum Siege verhelfen, wie es in der männlichen Moral so prunkvoll heißt? Die sogenannte Lebenslüge meiner Köchin zerstören? Je älter ich werd, Theo, um so fanatischer bekenn ich mich zu diesen Lebenslügen. Ein ganz und gar falsches Wort. Es sollte heißen Lebensglauben, oder notwendige Illusion, oder was weiß ich . . . Ihr habt uns leider unsern Lebensglauben zerstört, ihr alle, mit eurer Wahrheit, die auch nur eine Lüge und eine Illusion ist, und eine schlechtere noch dazu . . . Die Teta ist bald siebzig. Sie wird also nicht mehr lange in Gefahr sein, aufgeklärt zu werden und die Wahrheit zu erfahren. So weit’s an mir liegt, will ich alles tun, daß sie von ihr verschont bleibt. Ich vertrau dabei auf Gott und auf den sauberen Herrn Neffen, der sich nie materialisieren wird, wie ich hoffe und wie ich ihn kenne. Mag er ruhig einmal das Tantchen beerben, zum Dank für sein geniales Lügengewebe, das Tetas Lebensplan schon drei Jahrzehnte aufrechterhält. Besser, er bekommt das Geld, als eine der widerlichen Schwestern, die auf den Nachlaß schon lauern . . .« Ich stand auf und küßte die Hand meiner Freundin:

      »Verzeih, Livia, ich war ein Esel . . . Du konntest gar nicht anders handeln. Auch mit der Wahrheit und dem Lebensglauben hast du hundertmal recht . . . Unsereins ist gewiß schuld an vielem, ich meine wir modernen Autoren. Wir bersten vor befriedigter Eitelkeit, wenn wir irgendeine Erscheinung oder Handlung auf ihre mikroskopischen Elemente zurückgeführt und in ihre Winzigkeiten zerlegt haben. Unser bewährter Realismus besteht darin, dem Wunder der Wirklichkeit unablässig zu beweisen, daß es keines ist. Die Vorzugsschüler dieses Geistes sind die Herren Bichler und Konsorten, und das geht nun schon seit undenklichen Zeiten so. Die gerechte Strafe aber erfolgt in der Politik . . . Weißt du, was das Große an dieser Teta ist? Sie hat nicht nur den Glauben, sondern auch den unbeugsamen Willen zu ihrer Unsterblichkeit und Seligwerdung.«

      Die Sonne war verschwunden. Ein schwüles Graublau lastete auf der Terrasse. Allerlei geflügeltes Unwesen schoß mit Propellerton hin und her, Hummeln, Wespen und große metallglänzende Fliegen. Übers Tischtuch zog in zielstrebiger Marschordnung eine Heerschar rötlicher Ameisen.

      »Weiß Gott«, sprach Livia mit tiefer Stimme, »der Gedanke an den Tod, das ist es, das füllt uns aus, dich und mich und Teta, dieser unaufhörliche Gedanke aller Gedanken, den wir nicht eingestehen wollen aus Scham. Schau dir diese Ameisen hier an, Theo, wo ist der Unterschied zwischen uns und ihnen? Wenn man denen ihren Weg links verstellt, laufen sie nach rechts. Da hast du die ganze menschliche Politik. Wodurch also zeichnet sich unser Ich vor dem ihren aus? Und woher beziehen wir den Anspruch auf unsre ganz große Extrawurst? Eine tote Ameise verschwindet nicht anders aus dem Leben als ein Mensch, nur appetitlicher. Wenn für uns ein Jenseits bereitsteht, dann müssen


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