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Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst. AristotelesЧитать онлайн книгу.

Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst - Aristoteles


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Geruchssinnes, es sei denn, daß begleitende Umstände das Urteil beeinflussen. Wer den Duft von Äpfeln, Rosen oder Räucherwerk gern hat, den nennt man nicht ausgelassen; eher könnte man den so nennen, der den Duft von Salben oder von Speisen liebt. Denn an dergleichen haben allerdings genußsüchtige Menschen ihre Freude, weil es ihnen die Erinnerung an die Gegenstände ihres Gelüstens wachruft. Indessen auch andere Leute, wenn sie Hunger haben, kann man am Geruch von Speisen sich weiden sehen. Genüsse dieser Art eifrig zu suchen ist ein Zeichen von Genußsucht; denn um solche Gelüste zu haben, muß man ein Mensch von der genannten Beschaffenheit sein. Bei den Tieren wird durch diese Empfindungen kein Lustgefühl vermittelt, es sei denn infolge begleitender Umstände. Der Hund hat seine Lust nicht am Geruch des Hasenfleisches, sondern am Fressen desselben, und der Geruch hat ihm dabei nur auf die Spur geholfen. Ebenso bereitet dem Löwen nicht die Stimme des Rindes, sondern die gute Speise Vergnügen; an der Stimme merkte er nur, daß die Beute in der Nähe war, und insofern gereichte sie ihm zur Lust; ebenso hat er auch seine Freude nicht an dem Anblick des Hirsches oder der wilden Ziege, sondern daran, daß er an ihnen seine Nahrung haben wird.

      In dem Verhalten zu solchen Genüssen also, die uns mit den Tieren gemeinsam sind, zeigt sich besonnenes Maßhalten und Ausschweifung; darum haben sie etwas an sich, was an die Art von Sklaven und Tieren erinnert. Dahin zählen insbesondere die Genüsse, die dem Tastsinn und dem Geschmackssinn angehören. Der Geschmack kommt dabei allerdings nur wenig oder überhaupt kaum in Betracht. Der Geschmack hat die Bestimmung, über Flüssiges sein Urteil abzugeben; so nutzen ihn diejenigen, die die Weinsorten zu prüfen und die Speisen zuzubereiten haben. Aber der eigentliche Grund des Genusses ist doch nicht der Geschmack, oder er ist es wenigstens nicht für den Lüstling, sondern das Wohlgefühl, und das beruht bei Speisen, bei Getränken wie bei der geschlechtlichen Lust ganz auf dem Tastsinn. Ein Leckermaul wünschte sich deshalb einmal einen Schlund zu haben, der länger sei als der eines Kranichs, nur um das Vergnügen des Tastsinns dann länger genießen zu können. Dieser Sinn ist demnach derjenige, der am allgemeinsten unter allen den Anlaß zu Ausschweifungen bietet, und so scheint er mit Recht der verächtlichste zu sein, weil er uns nicht zukommt sofern wir Menschen sind, sondern sofern wir mit den Tieren Ähnlichkeit haben. Daran seine Freude zu haben und sich am meisten daran genügen zu lassen, hat auch wirklich etwas Tierisches. Denn die edelsten unter den Genüssen, die der Tastsinn vermittelt, sind dabei gerade ausgeschlossen; so diejenigen, die nach dem Ringkampfe durch Reiben und Erwärmen hervorgebracht werden. Worauf es dem Lüstling ankommt, das ist nicht das Wohlgefühl, das den Leib als Ganzes angeht, als vielmehr das bestimmter einzelner Stellen des Leibes.

      b) Begehren und Vernunft

       Inhaltsverzeichnis

      Von den Begierden gilt, daß sie teils gemeinsam, teils individuell verschieden und Ergebnis einer Angewöhnung sind. So ist die Begierde nach Nahrung in der Natur begründet; im Zustande des Mangels begehrt jeder trockene oder flüssige Nahrung, bisweilen auch beides zusammen, und ein junger kräftiger Mensch, sagt Homer, begehrt des ehelichen Lagers. Dagegen begehrt nicht jeder diese oder jene bestimmte Frau und nicht alle dieselbe. Offenbar also, daß das für unsere Eigenart bezeichnend ist. Indessen hat auch das seinen natürlichen Grund. Der eine hat für dies, der andere für jenes eine Vorliebe, und es gibt für jedermann solches, was ihm mehr zusagt als das, was ihm irgend sonst begegnen mag.

      In bezug auf die natürlichen Begierden versehen es wenige und auch dann nur in der einen Richtung auf das Zuviel. Essen und trinken was man erreichen kann bis man übervoll ist, heißt über das natürliche Bedürfnis hinausgehen durch ein Zuviel; denn die natürliche Begierde geht nur auf Beseitigung des Mangels. Man nennt solche Leute Knechte des Bauches, weil sie sich den Bauch über Gebühr vollstopfen, und es sind nur die ganz niedrig gesinnten Naturen, die zu solcher Stufe herabsinken. Durch die individuell verschiedenen Begierden dagegen werden viele und in vielfacher Weise auf Abwege gelockt. Die Leute, denen man solche Gelüste zuschreibt, sündigen zum Teil dadurch, daß sie nicht an den rechten Dingen ihre Freude haben, oder daß ihre Freude größer ist als bei den gewöhnlichen Menschen oder sonst irgendwie eine Form annimmt, die nicht die rechte ist, und die Ausschweifenden hauen in allen diesen Stücken über die Schnur. Sie erfreuen sich an Dingen, die sich nicht schicken, die man sich vielmehr fern halten sollte, und wenn es Dinge sind, an denen man sich erfreuen darf, so übertreiben sie den Genuß über das rechte Maß und über das beim Durchschnitt der Menschen Gewöhnliche. Daß nun übermäßige Lust an sinnlichen Genüssen Zügellosigkeit und als solche tadelnswert ist, ist offenbar. Was aber den Schmerz anbetrifft, so heißt einer besonnen nicht deshalb, weil er dem Schmerz standhält, wie es zur Mannhaftigkeit gehört, oder ausgelassen wegen des Gegenteils, sondern ausgelassen heißt einer davon, daß er dem Schmerze darüber, daß ihm eine Annehmlichkeit entgeht, mehr nachhängt als er sollte / es ist also entgangene Lust, was ihm den Schmerz verursacht /, und besonnen davon, daß ihm das Ausbleiben und die Entbehrung einer Annehmlichkeit keinen Verdruß verursacht.

      Ein ausgelassener Mensch begehrt alles was Lust bereitet oder das was es im höchsten Grade tut, und läßt sich von seiner Begierde verleiten, dies allem anderen vorzuziehen; ihm macht also Pein ebensowohl, daß er das Begehrte nicht erlangt, wie daß er es begehrt. Denn Begehren bringt Pein; es macht aber den Eindruck völliger Verkehrtheit, um der Lust willen sich zu betrüben. Solche Leute, die im Verhalten zu den sinnlichen Lüsten hinter dem rechten Maß zurückbleiben und sich daran weniger erfreuen als sie sollten, begegnen einem nicht gerade häufig; ein solcher Mangel an Empfänglichkeit liegt nicht in der Menschen Art. Einen Unterschied zwischen den Speisen machen auch die Tiere und erfreuen sich an den einen, an den anderen nicht. Kennt aber einer nichts wozu er sich hingezogen fühlt und ist ihm alles gleich, so ist ein solcher weit von menschlicher Art entfernt. Für solche hat man denn auch keinen Namen geprägt, eben weil sie nicht oft vorkommen. Ein besonnener Mensch nun hält in bezug auf diese Dinge die rechte Mitte inne. Er findet kein Vergnügen an den Dingen, woran es der Ausschweifende am meisten findet, sondern diese widerstehen ihm eher; überhaupt findet er kein Vergnügen an Dingen, woran man es nicht finden sollte, und an keinem derartigen in höherem Maße. Hat er's nicht, so betrübt er sich nicht und begehrt es nicht, oder er begehrt es doch nur mäßig, nicht mehr als recht ist, noch zur Zeit wo es nicht recht ist, oder sonst in irgendeiner Weise, die nicht recht ist. Dagegen was die Gesundheit und das Wohlbefinden fördert und zugleich angenehm empfunden wird, danach wird er mit Maß und in der rechten Weise streben, und ebenso nach dem übrigen was angenehm und jenen Dingen wenigstens nicht hinderlich ist oder nicht wider das sittlich Gebotene anläuft oder nicht seine Mittel übersteigt. Denn wer sich in jener Weise verhält, der findet sein Genüge mehr an dergleichen Genüssen als an seinem persönlichen Werte. Nicht so der Besonnene; er folgt dem Gebote der gesunden Vernunft.

      Ausgelassenheit macht den Eindruck des Freigewollten in höherem Grade als Feigheit. Jene findet in der Lust, diese im Schmerz ihren Grund; jene in dem was zu begehren, diese in dem was zu meiden ist. Der Schmerz übt auf die Natur des Menschen eine verwirrende und zerrüttende Wirkung, während die Lust eine solche Wirkung nicht hat. Sie ist also in höherem Grade frei gewollt und begründet einen strengeren Vorwurf; denn man gewöhnt sich auch leichter an sie. Es kommt so vieles derartige im Laufe des Lebens vor, und die Gewöhnung daran bringt keine Gefahr; das alles verhält sich bei dem was zu fürchten ist gerade umgekehrt. Übrigens möchte man glauben, daß die Mutlosigkeit als Gemütsart in höherem Maße etwas frei Gewolltes ist als ihre Betätigung im einzelnen Falle. Denn jene Gemütsart steht nicht unter der Macht des Schmerzes; im einzelnen Falle aber bedeutet sie ein Außersichgeraten durch die Angst, so sehr daß man selbst die Waffen fortwirft und auch sonst alle Haltung verliert, und man darf sie darum einem geübten Zwange gleich achten. Bei dem Ausschweifenden sind umgekehrt die einzelnen Handlungen frei gewollt, aus einem Begehren und Streben heraus; seine ganze Stimmung ist es weniger: denn niemand begehrt ein ausschweifender Mensch zu sein.

      Das Wort Ausgelassenheit, Ungezogenheit, gebrauchen wir auch von den Unarten der Kinder; in der Tat ist darin eine gewisse Gleichartigkeit mit jener Haltung nicht zu verkennen. Welches der ursprüngliche, welches der abgeleitete Gebrauch des Wortes ist, das ist für unsere gegenwärtige Untersuchung gleichgültig; offenbar aber ist das was für die späteren Lebensjahre das Bezeichnende


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