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Der Roman der zweiundzwanzig Lebensläufe. Marcel SchwobЧитать онлайн книгу.

Der Roman der zweiundzwanzig Lebensläufe - Marcel Schwob


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hatte züchtigen lassen. Überliefert ist allein der Name seines Stammvaters Empedokles, einer sonst unbekannten Persönlichkeit. Damit sollte wohl bezeugt werden, daß er ein Sohn seiner selbst war, wie es einem Gotte zukommt. Doch seine Jünger belehren uns: ehe der Herrliche die sizilischen Gefilde durchstreifte, hatte er bereits vier Daseinsformen in unserer Welt abgelebt: als Pflanze, als Fisch, dann als Vogel und zuletzt als ein junges Mädchen. Er war in einen Purpurmantel gehüllt, auf den sein Haar frei niederfiel; die Stirn trug er umwunden mit einem Goldreif, an den Füßen eherne Sandalen, und in seinen Händen waren wollene lange Bänder um Lorbeerzweige geschlungen.

      Er legte seine Hände den Kranken auf, und sie genasen. Von einem Wagen herunter, das Haupt zum Himmel gereckt, sprach er Verse in der Art der Homerischen, mit erhabenem Tonfall. Zahlreiches Volk zog hinter ihm her und warf sich vor ihm auf die Knie, um seinenWorten zuzuhören. Unter dem reinen Himmel, der auf die Ähren herabglänzte,kamen die Menschen von überallher mit Opferlasten auf ihren Armen. Er beglückte sie, indem er ihnen vom göttlichen, kristallen gebildeten Gewölbe sang, von dem Feuerball, den wir Sonne benennen, und von der Liebe, die alles enthält gleich einer riesigen Kugel. Ein jedes Wesen, so lehrte er, ist nur ein geringer Splitter aus diesem Himmel der Liebe, worin sich der Haß eingeschlichen hat. Und was wir Menschen Liebe nennen, ist die Sehnsucht, uns zu vereinen, uns zu verschmelzen, uns zu verbinden, so wie wir ehemals waren, ganz mit der Tiefe der rundumfassenden, von der Zwietracht zerstückten Gottheit. Empedokles beschwor in seinem Sang den Tag, wo die göttliche Kugel nach allen Umwandlungen der Einzelseelen in sich selber erfüllt sein würde. Denn die Welt, die wir kennen, ist ein Werk des Hasses, und ihre Zerstörung wird ein Werk der Liebe sein. Also sang Empedokles durch die Städte und Gefilde; seine ehernen, aus Lakonien stammenden Sandalen dröhnten an seinen Füßen, und vor ihm her erklangen die Zimbeln. Aus dem Schlunde des Ätna stieg zu gleicher Zeit eine schwarze Rauchsäule in die Höh, und sie beschattete die Insel.

      In seinem Purpur und Gold glich so Empedokles einem Himmelskönig, indes die Pythagoräer in ihren bescheidenen Wollkleidern armselig einherzogen, mit Schuhzeug aus Papyrus. Er stand in dem Ruf, die Augenfäule zu heilen, Geschwülste zum Verschwinden zu bringen und die Schmerzen aus den Gliedern zu ziehn. Man flehte zu ihm auch um Vertreibung von Regen und Wirbelsturm; von einem Hügelkranz aus beschwor er die Wetter; zu Selinunt verjagte er das Fieber; er leitete zwei Ströme in ein drittes Bett; und die Bewohner von Selinunt beteten ihn an, errichteten ihm einen Tempel und prägten ihm Denkmünzen, auf denen sein Bildnis dem des Apollon gegenübergestellt war.

      Andre wieder behaupten, er sei ein Wahrsager gewesen, und als Zögling der persischen Magier habe er die Schwarzkunst innegehabt und das Wissen um die irrsinnwirkenden Pflanzen. Er speiste eines Tages bei Anchitos, da stürzte mit geschwungenem Schwerte ein Rasender in den Saal. Empedokles erhob sich, streckte den Arm vor und sprach die Verse des Homer über das Zaubermittel Nepenthes, das die Sinne betäubt. Und der Rasende ward unverzüglich von der Wirkung des Nepenthes ergriffen, daß er mit seinem hocherhobenen Eisen wie ein Stock stand — nicht anders, als wäre ihm das süße Gift in den schäumenden Krug gemischt worden und er hätte daraus getrunken.

      Aus den Stadttoren kamen ihm die Leidenden entgegen, er war immer von einer Menge siechen Volks umringt. Auch Weiber liefen hinter ihm her. Sie küßten den Saum seines kostbaren Talars. Eine unter ihnen, die Tochter eines Edeln von Agrigent, hieß mit Namen Panthea. Sie war für den Dienst der Artemis bestimmt worden, doch sie entfloh vor dem kalten Standbilde und weihte dem Empedokles ihre Jungfräulichkeit. Man merkte aber nichts von der Liebe der beiden, denn Empedokles blieb allezeit der fühllose Gott. Er brachte seine Worte niemals anders vor als in gebundener Rede und in jonischer Mundart, obgleich das Volk und seine Jüngerschaft sich des Dorischen bedienten. Jede Regung seines Körpers war priesterlieh. Er kam den Menschen nur im Segen und als Arzt nahe. Meistens verhielt er sich schweigend. Keiner von seinem Gefolge hat ihn jemals schlafend gefunden. Er ließ sich immer nur als Gebieter erblicken.

      Panthea kleidete sich in feineWolle und in Gold. Ihr Haar trug sie nach der üppigen Sitte von Agrigent, der Stadt, darin das Leben leicht hinfloß. Ihre Brüste waren durch einen roten Gürtel gehalten, und die Sohlen ihrer Sandalen waren mit Wohlgerüchen gebeizt. In allem war sie so schön wie hochgewachsen und von begehrenswertester Hautfarbe. Ob Empedokles sie wirklich geliebt hat, ist unsicher, sicherlich aber hatte er Mitleid mit ihr. Der Hauch von Asien herüber brachte die Pest in die sizilischen Gefilde. Gar viele berührte damals der schwarze Finger dieser Geißel. Sogar Tierleichen sah man am Rain der Wiesen liegen, und da und dort räudige Lämmer, tot, und die offenen Mäuler gegen den Himmel gerichtet, die Rippen hochgebogen. Auch Panthea wurde gar elend von der Seuche. Sie sank hin und tat den letzten Seufzer vor den Füßen des Empedokles. Die Leute daneben hoben den starren Leib auf und wuschen ihn mit gewürztem Weine. Sie lösten den roten Gürtel, der die jungen Brüste umschloß, und umwickelten den Leib mit Bändern. Ihr klaffender Mund wurde durch eine Binde zusammengezogen, und ihre leeren Augensterne spiegelten nicht länger das Licht.

      Empedokles blickte sie an, nahm den Goldreif von seiner Stirn und setzte ihr ihn auf. Dann legte er auf ihre Brüste den Kranz des seherischen Lorbeers, sang fremdartige Verse, die von der Seelenwanderung handelten, und gebot ihr zu dreien Malen, aufzustehn und vor ihm zu wandeln. Alle ringsum ergriff ein Schrecken. Beim dritten Anruf schied Panthea aus dem Reiche der Schatten, ihre Glieder belebten sich, und sie erhob sich auf ihren Füßen, ganz eingewickelt noch in ihren Mumienverschnürungen. Und das Volk sah: Empedokles war ein Totenbeschwörer.

      Da kam Pantheas Vater, Pysianaktes, den neuen Gott zu verehren. Unter den Bäumen im freien Feld wurden Tische aufgestellt und ihm Trankopfer dargebracht. Zu Seiten des Empedokles hielten sich Sklaven mit hochlodernden Fakkein. Wie bei den Mysterien verkündeten die Herolde das feierlich festliche Schweigen. Unvermutet zu der dritten Stunde erloschen die Fackeln, und alle Anbeter standen im Dunkeln. Eine gewaltige Stimme ließ sich vernehmen, die rief: „Empedokles.“ Als es wiederum hell ward, da war Empedokles unsichtbar geworden. Kein Mensch hat ihn je wiedergesehn. Ein Sklave berichtete mit den Gebärden des Schreckens, er habe einen roten Strich geschaut, der die Finsternis durchzogen habe in der Richtung gegen den Gipfel des Ätna. Die Jünger erklommen die kahlen Hänge des Berges beim ersten trüben Morgenschein. Der Krater spie eine Flammengarbe. Auf dem löcherigen Lava-Geländer, das den brennenden Abgrund umringt, fand sich, vom Feuer geschwärzt, eine eherne Sandale.

      HEROSTRAT

      Ein Feind des Heiligen

      ephesus, die stadt, die den herostrat hervorgebracht hat, lag weithin ausgedehnt an der Mündung des Kaistros und reichte mit ihren beiden Flußhäfen bis an die Panormischen Ausladeplätze, von wo aus man über das tiefblaue Meer den nebligen Schattenriß von Samos sichtete. Die Stadt war überreich an Goldund Wirkwaren, an Wollstoffen und an Rosen, seitdem die Magnesier mitsamt ihren Kriegshunden und ihrem Sklavenheer von Lanzenwerfern an den Ufern des Meanderstromes geschlagen waren, seitdem auch noch, von den Persern lahmgelegt, das großartige Milet hinschwand. Sie war eine wollüstige Stadt, die ihre Dirnen in dem Tempel der Aphrodite-Hetäre feierte. Die Bevölkerung kleidete sich in durchscheinende Gewänder von Amorgos, bevorzugte Mäntel aus gesponnener Wolle von Veilchen-, Purpur- und Safranfarbe, Umwürfe, grünlich wie unreife Äpfel, auch in Weiß und in Rosa, hyazinthenblaue ägyptische Stoffe, feuerflammig oder in den wechselnden Tönen des Meeres, und Gewebe persischer Herkunft, engmaschig und doch leicht, mit ihrem scharlachnen Grund, ganz übersät von Körnchen lautersten Goldes. Zwischen dem Prionenberg und einer zerklüfteten Steilküste, am Ufer des Kaistros, erhob sich das große Heiligtum der Diana von Ephesus. Zu seiner Errichtung hatte man hundertundzwanzig Jahre gebraucht. Die inneren Gemächer waren mit ungefügen Gemälden ausgestattet, das Deekengebälk war Ebenholz und Zeder. Die massigen Säulen, die es stützten, hatten eine Lasur von Mennig. Das Gemach der Göttin aber war von geringem Umfang und länglichrund. In seiner Mitte erhob sich ein schwarz glänzender Kegel, ein Wunderstein mit kleinen güldenen Monden: er stellte die leibhaftige Artemis dar. Aus dem gleichen schwarzen Basalt war auch das Dreieck des Altars gehauen. Andere Altäre, aus schwarzen Platten errichtet, waren planmäßig durchlöchert, um das Blut der Opfer hindurchzulassen. An den Wänden hingen breite Stahlklingen, goldgestielt, die dazu dienten, die Kehlen durchzuschneiden, auf dem blanken Boden lagen blutige Streifen. Der gewaltige düstere Stein hatte viele harte Brüste mit Brustwarzen.


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