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Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von KleistЧитать онлайн книгу.

Die bekanntesten Theaterstücke - Heinrich von Kleist


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      JOHANN: Strahlenrein, wie eine Göttin

       Hervorgeht aus dem Bade. Zwar ich sah

       Sie fliehend nur in ihrer Schöne – Denn

       Als mir das Licht der Augen wiederkehrte,

       Verhüllte sie sich. –

      OTTOKAR: Nun?

      JOHANN: Ach, doch ein Engel

       Schien sie, als sie verhüllt nun zu mir trat;

       Denn das Geschäft der Engel tat sie, hob

       Zuerst mich Hingesunknen – löste dann

       Von Haupt und Nacken schnell den Schleier, mir

       Das Blut, das strömende, zu stillen.

      OTTOKAR: O

       Du Glücklicher!

      JOHANN: Still saß ich, rührte nicht ein Glied,

       Wie eine Taub in Kindeshand.

      OTTOKAR: Und sprach sie nicht?

      JOHANN:

       Mit Tönen wie aus Glocken – fragte, stets

       Geschäftig, wer ich sei? woher ich komme?

       – Erschrak dann lebhaft, als sie hört', ich sei

       Aus Rossitz.

      OTTOKAR: Wie? Warum denn das?

      JOHANN: Gott weiß:

       Doch hastig fördernd das Geschäft, ließ sie

       Den Schleier mir, und schwand.

      OTTOKAR: Und sagte sie

       Dir ihren Namen nicht?

      JOHANN: Dazu war sie

       Durch Bitten nicht, nicht durch Beschwören zu

       Bewegen.

      OTTOKAR: Nein, das tut sie nicht.

      JOHANN: Wie? kennst

       Du sie?

      OTTOKAR: Ob ich sie kenne? Glaubst du Tor,

       Die Sonne scheine dir allein?

      JOHANN: Wie meinst

       Du das? – Und kennst auch ihren Namen?

      OTTOKAR: Nein,

       Beruhge dich. Den sagt sie mir so wenig

       Wie dir, und droht mit ihrem Zorne, wenn

       Wir unbescheiden ihn erforschen sollten.

       Drum laß uns tun, wie sie es will. Es sollen

       Geheimnisse der Engel Menschen nicht

       Ergründen. Laß – ja laß uns lieber, wie

       Wir es mit Engeln tun, sie taufen. Möge

       Die Ähnliche der Mutter Gottes auch

       Maria heißen – uns nur, du verstehst;

       Und nennst du im Gespräch mir diesen Namen,

       So weiß ich wen du meinst. Ich habe lange

       Mir einen solchen Freund gewünscht. Es sind

       So wenig Seelen in dem Hause, die

       Wie deine, zartbesaitet,

       Vom Atem tönen.

       Und weil uns nun der Schwur der Rache fort

       Ins wilde Kriegsgetümmel treibt, so laß

       Uns brüderlich zusammenhalten; kämpfe

       Du stets an meiner Seite.

      JOHANN: – Gegen wen?

      OTTOKAR:

       Das fragst du hier an dieser Leiche? Gegen

       Sylvesters frevelhaftes Haus.

      JOHANN: O Gott,

       Laß ihn die Engellästrung nicht entgelten!

      OTTOKAR:

       Was? Bist du rasend?

      JOHANN: Ottokar – Ich muß

       Ein schreckliches Bekenntnis dir vollenden –

       Es muß heraus aus dieser Brust – denn gleich

       Den Geistern ohne Rast und Ruhe, die

       Kein Sarg, kein Riegel, kein Gewölbe bändigt,

       So mein Geheimnis. –

      OTTOKAR: Du erschreckst mich, rede!

      JOHANN:

       Nur dir, nur dir darf ichs vertraun – Denn hier

       Auf dieser Burg – mir kommt es vor, ich sei

       In einem Götzentempel, sei, ein Christ,

       Umringt von Wilden, die mit gräßlichen

       Gebärden mich, den Haaresträubenden,

       Zu ihrem blutgen Fratzenbilde reißen –

       – Du hast ein menschliches Gesicht, zu dir,

       Wie zu dem Weißen unter Mohren, wende

       Ich mich – Denn niemand, bei Gefahr des Lebens,

       Darf außer dir des Gottes Namen wissen,

       Der mich entzückt. –

      OTTOKAR: O Gott! – Doch meine Ahndung?

      JOHANN:

       Sie ist es.

      OTTOKAR (erschrocken): Wer?

      JOHANN: Du hasts geahndet.

      OTTOKAR: Was

       Hab ich geahndet? Sagt ich denn ein Wort?

       Kann ein Vermuten denn nicht trügen? Mienen

       Sind schlechte Rätsel, die auf vieles passen,

       Und übereilt hast du die Auflösung.

       Nicht wahr, das Mädchen, dessen Schleier hier,

       Ist Agnes nicht, nicht Agnes Schroffenstein?

      JOHANN:

       Ich sag dir ja, sie ist es.

      OTTOKAR: O mein Gott!

      JOHANN:

       Als sie auf den Bericht, ich sei aus Rossitz,

       Schnell fortging, folgt ich ihr von weitem

       Bis Warwand fast, wo mirs ein Mann nicht einmal,

       Nein zehenmal bekräftigte.

      OTTOKAR: O laß

       An deiner Brust mich ruhn, mein lieber Freund.

      (Er lehnt sich auf Johanns Schulter. Jeronimus tritt auf)

      JERONIMUS: Ich soll

       Mich sinngeändert vor dir zeigen, soll

       Die schlechte Meinung dir benehmen, dir,

       Wenns möglich, eine beßre abgewinnen,

       – Gott weiß das ist ein peinliches Geschäft.

       Laß gut sein, Ottokar. Du kannst mirs glauben,

       Ich wußte nichts von allem, was geschehn.

       (Pause; da Ottokar nicht aufsieht.)

       Wenn dus nicht glaubst, ei nun, so laß es bleiben.

       Ich hab nicht Lust mich vor dir weiß zu brennen.

       Kannst dus verschmerzen, so mich zu verkennen,

       Bei Gott so kann ich das verschmerzen.

      OTTOKAR (zerstreut):

       Was sagst du, Jeronimus?

      JERONIMUS:

       Ich weiß, was dich so zäh macht in dem Argwohn.

       's ist wahr, und niemals werd ichs leugnen, ja,

       Ich hatt das Mädel mir zum Weib erkoren.

      


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