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Essentielle Werke des Heiligen Ambrosius von Mailand, Band 2. Ambrosius von MailandЧитать онлайн книгу.

Essentielle Werke des Heiligen Ambrosius von Mailand, Band 2 - Ambrosius von Mailand


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sie verführt.“ Und doch verweigern Manche diesen die Verzeihung, während ihr Verfolger selbst für ihren treuen Glauben Zeugniß abgelegt hat, indem er durch Marter und Qualen ihn zu brechen versuchte. Sie haben einmal den Herrn verleugnet, aber seitdem bekennen sie ihn tagtäglich; einmal haben sie ihn verleugnet im Worte, aber seitdem bekennen sie ihn mit ihren Seufzern und Klagerufen, mit ihren Thränen und mit Worten, die freiwillig dem Herzen entströmen, die nicht erzwungen sind. Sie sind freilich auf kurze Zeit der Versuchung des Teufels erlegen: aber bald nachher hat der Teufel wieder von ihnen weichen müssen, da er sie als sein Eigenthum nicht erwerben konnte. Er hat vor ihren Thränen, ihrer Buße weichen müssen; er hatte sich in sie hineingeschlichen, da sie ihm nicht gehörten, er hat sie wieder verloren, nachdem sie sein gewesen.

      Verhält sich das nicht genau so, als wenn ein Eroberer die Bewohner einer bezwungenen Stadt gefangen hinwegführt? Sie werden gefangen hinweggeführt, aber gegen ihren Willen. Gezwungen wandern sie dem fremden Lande zu, aber ihr Herz zieht nicht mit, es eilt zur Heimat zurück und sinnt auf Mittel, dorthin den Weg wieder zu finden. Und wenn sie nun heimkehren, wer kann dann rathen, sie nicht wieder aufzunehmen? Ihre Ehre mag in etwas gemindert sein, aber ihr Eifer ist nur um so größer und hingebender, Alles zu vermeiden, was der Feind gegen sie ausbeuten könnte. Während du dem Bewaffneten, der noch kämpfen konnte, verzeihest, willst du dem nicht verzeihen, in dem einzig der Glaube kämpfte.

      Und wenn wir die Meinung des Teufels selbst über diese Gefallenen erforschen wollten, scheint es nicht, als müßte er sagen: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit von mir entfernt. Wie kann es mit mir halten, während es von Christus nicht gewichen ist? Die scheinen zu Unrecht mich zu ehren, welche die Lehre Jesu befolgen: ich aber glaubte, daß sie meine Lehre verkündigten“? Sie verurtheilen in der That nur noch mehr und schärfer, wovon sie sich nach trauriger Erfahrung abgewandt haben. Wenn Jesus sie bei ihrer Rückkehr wieder aufnimmt, so wird er in ihnen nur um so mehr verherrlicht. Alle Engel jubeln; denn es ist im Himmel mehr Freude über einen Sünder, der Buße thut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen. „Ueber mich“, muß der Teufel bekennen, „wird so im Himmel, wie auf Erden triumphirt. Nichts geht doch Christus verloren, da diejenigen, welche in den Thränen ihrer Martern zu mir kamen, sehnsuchtsvoll zur Kirche zurückeilen. Durch ihr Beispiel laufe ich obendrein noch Gefahr, auch die zu verlieren, welche sich mir verschrieben haben, und welche nun zu der Einsicht gekommen sind, daß hier, wo die Menschen mit Belohnung der Gegenwart verlockt werden, doch eigentlich Nichts ist; daß dort aber gar viel sein muß, wo Seufzen, Thränen, Fasten und Abtödtungen meinen Ueppigkeitsmahlen vorgezogen werden.“

      Cap. 6

      Diese nun schließet ihr Novatianer aus? Oder ist das etwa nicht ausschließen, wenn ihr ihnen die Hoffnung auf Verzeihung versagt? Aber der Samaritaner ging doch an dem Menschen, den die Räuber halbtodt hatten liegen lassen, nicht mitleidslos vorüber! Nein, er träufelte Oel und Wein in seine Wunden, Oel zuerst, um sie zu erquicken. Dann lud er den Verwundeten auf sein Lastthier: so trug er stets alle Seelenwunden der Sünder hinweg. Auch der gute Hirt verachtete nicht das verirrte Schaf.

      Ihr aber saget: „Rühre mich nicht an!“ Ihr, die ihr euch gerne gerecht machen wollet, ihr saget: „Es ist nicht unser Nächster.“ So seid ihr noch stolzer, als jener Gesetzesgelehrte, der den Herrn versuchen wollte und sprach: „Wer ist mein Nächster?“ Dieser fragte doch nur, ihr leugnet es geradezu. Jenem Priester vergleichbar schreitet ihr einher, wie jener Levit geht ihr vorüber an dem, welchen ihr zur Heilung aufnehmen müßtet; ihr nehmet in die Herberge, der Christus die beiden heiligen Münzen zurückließ, den nicht auf, dessen Nächster ihr sein sollt, damit ihr an ihm Barmherzigkeit übet. Gerade der ist euer Nächster, den nicht bloß gleiche Natur, sondern auch das Erbarmen mit euch verbunden hat. In eurem Stolze erachtet ihr euch als fremd gegen ihn, und indem ihr euch ganz ohne Grund in eurem fleischlichen Stolze erhebet, haltet ihr nicht Gemeinschaft mit dem Haupte. Hieltet ihr an diesem fest, so müßtet ihr wissen, daß ihr den nicht verlassen dürft, für welchen Christus gestorben ist; ihr müßtet dann wissen, daß der ganze Leib mehr durch innigeres Zusammenschließen, als durch Ablösen zur Ehre Gottes durch das Band der Liebe, durch die Erlösung des Sünders wächst.

      Wenn ihr nun so jede Frucht der Buße hinwegnehmt, was sagt ihr dann anders, als dieses: „Keiner von den Verwundeten mag in unsere Herberge eintreten? In unserer Kirche wird ja Niemand geheilt. Bei uns genesen keine Kranke; wir sind allesammt gesund und bedürfen keines Arztes, ganz so wie der Herr selbst gesagt hat: „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken.“

      Cap. 7

      So komme denn du, Herr Jesu, ganz zu deiner Kirche, da Novatian Ausreden vorbringt. Er sagt: „Ich habe ein Joch Ochsen gekauft;“ er nimmt das sanfte Joch Christi nicht auf und legt seinem Halse eine schwere Last auf, die er nicht tragen kann. Novatian hielt deine Diener, von welchen er eingeladen wurde, zurück, that ihnen Schmach an und tödtete sie, weil er ihnen die Beleidigung einer wiederholten Taufe zufügte. Sende also an die Ausgänge der Wege und rufe Gute und Böse herbei; führe Schwache, Blinde, Lahme in deine Kirche. Laß dein Haus sich füllen, rufe Alle zu deinem Mahle: du wirst ja den, welchen du rufst, auch würdig machen, wenn er nur dir folgt. Jener wird freilich verworfen, der kein hochzeitlich Kleid trägt, d. h. der das Kleid der Gnade, den Mantel der Liebe nicht besitzt: Sende denn, sage ich, zu Allen!

      Deine Kirche, Herr! bleibt nicht von deinem Mahle zurück, wie Novatian das thut. Deine Familie sagt nicht: „Ich bin gesund und bedarf keines Arztes.“ Wohl aber sagt sie: „Heile mich, Herr, so werde ich geheilt werden; hilf mir, so ist mir geholfen!“ Das Bild deiner Kirche ist jenes Weib des Evangeliums, das rückwärts hinzutrat und den Saum deines Gewandes berührte, indem sie bei sich sprach: „Wenn ich nur sein Gewand berühre, werde ich gesund werden.“ So bekennt die Kirche ihre Wunde, aber sie gibt auch dem Wunsche Ausdruck, geheilt zu werden.

      Auch du, Herr! wünschest ja, Alle zu heilen, aber nicht Alle wollen geheilt werden. Novatian will es nicht, da er sich für gesund hält. Du, o Herr, der du in dem Geringsten unsere Schwäche fühlest, sagst selbst, daß du in uns krank seiest: „Ich war krank und ihr habt mich besucht.“ Novatian unterläßt es, jenen Geringsten zu besuchen, in dem du, o Herr, besucht zu werden verlangst. Du sagst dem Petrus, der sich die Füße von dir nicht wollte waschen lassen: „Wenn ich dir die Füße nicht wasche, hast du keinen Theil an mir.“ Wie können dann jene Theil an dir haben, o Herr, welche die Schlüssel des Himmelreiches nicht annehmen, weil sie leugnen, daß sie Sünden nachlassen dürften?

      Begründet ist freilich dieses Bekenntniß; denn sie haben keinen Theil an Petri Erbe, weil sie den Stuhl Petri, von dem sie in gottloser Spaltung sich losgerissen, nicht fest halten. Verwerflich aber ist die fernere Behauptung, daß auch in der Kirche die Sünden nicht könnten vergeben werden. Und doch hat der Herr zu Petrus gesagt: „Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben; was immer du auf Erden binden wirst, das soll auch im Himmel gebunden sein; was aber du auf Erden lösen wirst, das soll auch im Himmel gelöset sein.“ Der Apostel aber, der als das Gefäß der Auserwählung bezeichnet wird, sagt ausdrücklich: „Wem ihr verziehen habt, dem habe auch ich verziehen; was ich aber vergeben habe, das geschah um euretwillen an Christi Statt.“ Warum lesen nun Jene noch die Briefe Pauli, wenn sie glauben, daß derselbe in so gottloser Weise geirrt habe, daß er sich das Recht seines Herrn anmaßte? Nein, der Apostel nahm in Anspruch, was er empfangen hatte; keineswegs maßte er sich Ungebührliches an.

      Cap. 8

      Der Herr will, daß seine Jünger volle Gewalt haben; er will, daß in seinem Namen von seinen Jüngern alles das vollbracht werde, was er selbst gewirkt, so lange er auf der Erde weilte. Hat er ihnen ja sogar gesagt: „Ihr sollet noch Größeres thun, als dieses.“ Er gab ihnen die Macht, Todte zu erwecken. Obwohl er selbst dem Saulus das Augenlicht wieder herstellen konnte, sandte er ihn doch zu seinem Diener Ananias, damit durch dessen Segnung das geschwundene Augenlicht wieder erschlossen würde. So hieß er auch den Petrus auf dem Meere wandeln, und nur als er bange zitterte, da tadelte er ihn, daß er die Gnadengabe des Glaubens durch Kleingläubigkeit verminderte.


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