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Essentielle Werke des Heiligen Ambrosius von Mailand, Band 2. Ambrosius von MailandЧитать онлайн книгу.

Essentielle Werke des Heiligen Ambrosius von Mailand, Band 2 - Ambrosius von Mailand


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nicht, dem Sauerteig vergleichbar, die ganze Gemeinde verderbe. Der alte Sauerteig muß ausgefegt werden. Das gilt bei den Einzelnen von dem alten, dem äußerlichen Menschen mit seinen Handlungen, bei der Gemeinde von dem in Sünden und Lastern Verhärteten. Mit Recht spricht der Apostel vom „Ausfegen“ des alten Sauerteiges, weil es sich um eine Reinigung, nicht aber um gänzliche Verwerfung handelt. Es wird also nicht geradezu Alles als unnütz und schlecht bezeichnet; es soll vielmehr das als Zweck der Säuberung gelten, daß das Nützliche vom Unnützen geschieden wird; was aber verworfen wird, darin ist überhaupt nichts mehr nütze.

      Gleich damals hat also der Apostel dafür gehalten, den Sünder zu den himmlischen Geheimnissen wieder zuzulassen, wenn dieser nur selbst den Wunsch hegte, gereinigt zu werden. Darum sagt er auch zutreffend: „Feget aus!“ An dem wird ja durch Vermittelung des Volkes, durch seine Werke und Thränen die Reinigung vollzogen, welcher durch Gebet und Seufzen des Volkes von der Sünde befreit und in seinem inneren Menschen gereinigt wird. Christus hat seiner Kirche verliehen, den Einen durch die Anderen zu retten, wie sie selbst der Ankunft des Herrn Jesus gewürdigt wurde, damit durch den Einen alle die Anderen erlöset würden.

      Das ist der Sinn des Apostels, der freilich durch die Worte dunkel wird. Betrachten wir nur diese Worte selbst: „Feget aus den alten Sauerteig, damit ihr seid ein neuer Teig, da ihr ja ungesäuert seid.“ Darnach übernähme also die ganze Kirche die Sündenlast des Einzelnen, für den sie in Thränen, Gebet und Schmerz mitleiden muß; sie bedeckt sich selbst gewissermaßen mit dem Sauerteige der Sünde ihrer einzelnen Mitglieder, so zwar, daß durch Alle das, was in dem einzelnen Büßenden zu tilgen ist, gleichsam vermittelst eines gemeinschaftlichen Zusatzes von Erbarmen und Mitleiden, woran Männiglich Theil hat, gereinigt und ersetzt wird. Oder man kann die Worte so fassen, wie jenes Weib im Evangelium uns lehrt, welche ein Vorbild der Kirche ist, sofern sie nämlich den Sauerteig in der Masse des Mehles barg, bis Alles durchsäuert wäre; so soll Alles rein dargestellt werden.

      Was aber unter dem Sauerteig sonst noch zu verstehen sei, hat der Herr selbst uns im Evangelium gelehrt. „Warum begreift ihr nicht“, sagte er zu seinen Jüngern, „daß ich nicht vom Brode zu euch redete, da ich sprach: Hütet euch vor dem Sauerteige der Pharisäer und Sadducäer?“ Da verstanden sie, — setzt der Evangelist hinzu, — daß er nicht gesagt hatte, sie sollten sich vor dem Sauerteige des Brodes, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadducäer hüten. Diesen Sauerteig nun, d. h. die Lehre der Pharisäer, die anmaßenden Behauptungen der Sadducäer birgt die Kirche in ihrem geistigen Mehlvorrathe, wenn sie den strengen Buchstaben des Gesetzes durch ihre geistige Auslegung mildert. Man könnte sagen: sie durchbricht auf der Mühle ihrer Auslegung den harten Buchstaben, und wie jene aus den Getreidehülsen das Korn ausschält, so bringt sie aus der Hülle des Buchstabens den tiefen Sinn des Gnadengeheimnisses hervor, und so bekräftigt sie den Glauben an die Auferstehung, der Gottes Erbarmen verkündet, der uns lehrt, daß das Leben der Gestorbenen zurückerstattet wird.

      Die Anziehung dieses Vergleiches an diesem Orte erscheint keineswegs thöricht und unberechtigt. Das Himmelreich ist ja die Erlösung der Sünder, und gerade deßhalb werden wir Alle — Gute wie Böse — mit dem Sauerteige der Kirche vermischt, damit wir ein neuer Teig werden. Damit aber Niemand fürchte, es möchte die Beimischung verdorbenen Sauerteiges die ganze Masse verderben, hat der Apostel hinzugefügt: „Damit ihr ein neuer Teig seid, da ihr ja ungesäuert seid,“ d. h. der Sauerteig der Kirche wird euch wieder herstellen, wie ihr vordem waret in der vollen Reinheit euerer Unschuld. Wenn wir in solcher Weise uns erbarmen, so werden wir durch fremde Sünde nicht befleckt; wir erwirken vielmehr die Rettung des Sünders noch zum eigenen Gnadenschmuck, so daß die Reinheit dauernd bleibt, wie sie war. Deßhalb sagt auch der Apostel ferner: „Denn als unser Osterlamm ist Christus geopfert worden,“ d. h. das Leiden des Herrn hat Allen genützt und den Sündern, die über ihre begangenen Fehler Reue fühlen, Errettung bereitet.

      So laßt uns denn (um mit dem Apostel zu reden) das Mahl halten in reiner, guter Speise, bei aller Buße doch erfreut über die Rettung. Nun ist keine Speise besser, als Güte und Wohlwollen: darum soll unser Opfermahl und unsere Freude durch kein Gefühl des Neides über den geretteten Sünder getrübt werden, damit wir uns nicht, wie jener neidische Bruder im Evangelium, selbst vom Vaterhause ausschließen. Dieser empfand Schmerz über die Wiederaufnahme des Bruders; er hätte sich gefreut, wenn die Ausschließung für immer gegolten hätte.

      Daß ihr ihm ähnlich seid, könnet ihr, Novatianer, nicht leugnen. Ihr wollet ja gerade deßhalb nach euerer eigenen Versicherung nicht zur Kirche ferner eingehen, weil denen, welche gefallen sind, die Hoffnung der Rückkehr gewährt ist. Uebrigens ist das nur zum Scheine vorgeschoben; sonst weiß Jeder, daß den Novatian der Schmerz über den Verlust der bischöflichen Würde zum Schisma getrieben hat.

      Ihr wollet nicht einsehen, daß der Apostel jenes Wort auch von Euch zum Voraus gebraucht hat, welches er den Korinthern schrieb: „Und ihr seid aufgeblasen und nicht vielmehr in Trauer versetzt, damit der aus euerer Mitte geschieden werde, welcher diese That begangen hat?“ Immerhin wird er für solange vollständig beseitigt, als seine Sünde getilgt wird; keineswegs aber sagt der Apostel, daß derjenige gänzlich aus der Kirche ausgeschlossen werde, welcher nach seinem Rathe und Wunsche gereinigt werden soll.

      Cap. 16

      Da also der Apostel die Sünde nachließ, auf welche Auctorität hin verweigert ihr die Nachlassung? Wer ist denn wohl ein treuerer Verehrer Christi, Novatian oder Paulus? Aber Paulus kannte die Barmherzigkeit des Herrn, er wußte, daß der Herr Jesus mehr durch die harte Strenge, als durch das Erbarmen seiner Jünger beleidigt wurde.

      Um nur ein Beispiel anzuführen: Als Johannes und Jakobus sagten, sie wollten Feuer vom Himmel herabflehen, die zu vernichten, welche dem Herrn die Aufnahme verweigert hatten, da wies sie der Herr zurück mit den Worten: „Ihr wisset nicht, weß Geistes Kinder ihr seid: des Menschen Sohn ist nicht gekommen, die Seelen der Menschen zu verderben, sondern sie selig zu machen.“ Jenen sagte er: „Ihr wisset nicht, weß Geistes Kinder ihr seid,“ und doch waren sie seines Geistes. Euch aber sagt er: „Ihr seid nicht meines Geistes, weil ihr meine Milde nicht bewahret, weil ihr mein Erbarmen zurückweiset, weil ihr die Buße ausschließet, die ich doch durch meine Apostel in meinem Namen gepredigt wissen wollte.“

      Ihr saget ohne allen Grund, daß auch ihr Buße predigt, da ihr ja die Frucht der Buße ausschließet. Die Menschen werden nämlich lediglich durch Belohnung oder durch die Aussicht auf die Frucht ihrer Bemühungen zu ernstem Streben angeeifert; und jedes Streben ermattet durch die Verzögerung dieser Frucht. Gerade deßhalb sagte auch der Herr, um den Eifer und die Hingabe seiner Jünger zu steigern, daß derjenige, welcher Alles verlassen und ihm gefolgt sei, Hundertfältiges erhalten werde, sowohl hier als im Jenseits. Zuerst verheißt er den Lohn in der Gegenwart, um den Widerwillen, der aus der Hinhaltung des Lohnes hervorgeht, zu heben; dann weiset er auf das Jenseits hin, damit wir lernen, gläubig zu vertrauen, wie auch im Jenseits der Lohn unser wartet. Die Belohnung in der Gegenwart ist ein Zeugniß für die Belohnung in der Ewigkeit.

      Wenn nun Jemand, mit geheimen Vergehen belastet, um Christi willen doch eifrig der Buße sich unterzogen hat, wie wird ihm jene Belohnung zu Theil, wenn ihm die Gemeinschaft mit der Kirche nicht erschlossen wird? Ich will, daß der sündige Mensch auf Verzeihung hoffe, daß er sie erflehe mit Thränen und Seufzern, daß mit ihm die Thränen des ganzen Volkes um Verzeihung flehen. Wenn dann zum zweiten und dritten Male die Wiedervereinigung ihm versagt ward, so möge er sich überzeugt halten, daß er immer noch zu wenig ausdauernd gefleht hat: seine Thränen mögen reicher fließen, er möge jammervoller zurückkehren, er möge die Füße der Vorübergehenden mit seinen Armen umfassen, mit Küssen bedecken, mit seinen Thränen baden und nicht nachlassen, bis der Herr Jesus auch zu ihm sagt: „Ihm sind viele Sünden vergeben, weil er viel geliebet hat!“

      Ich habe Büßer kennen gelernt, deren Antlitz die Trauer durchfurcht, in deren Wangen die steten Thränenströme tiefe, scharfe Linien gegraben hatten. Sie lagen am Boden, als wollten sie Allen ihren Leib darbieten, über ihn hinzuschreiten; ihrem todtbleichen Antlitz war der Stempel der Entbehrung und des Fastens aufgedrückt.

      Cap.


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