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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 2. Augustinus von HippoЧитать онлайн книгу.

Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat, Band 2 - Augustinus von Hippo


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       26. Die Arche, die Noe zu machen befohlen ward, weist in jeder Hinsicht auf Christus und die Kirche hin.

      

      Wenn nunmehr aber dem Noe, einem gerechten und nach dem Ausspruch der stets wahren Schrift in seinem Geschlechte vollkommenen Menschen [vollkommen natürlich nicht in dem Sinne, wie es den Bürgern des Gottesstaates in der jenseitigen Unvergänglichkeit bestimmt ist, durch die sie den Engeln gleichkommen werden, sondern eben so, wie sie es während der irdischen Pilgerschaft sein können] von Gott aufgetragen ward, eine Arche zu machen, worin er mit den Seinigen, nämlich mit Gemahlin, Söhnen und Schwiegertöchtern, und mit den Tieren, die auf Gottes Befehl zu ihm in die Arche eingingen, gerettet werden sollte aus der alles verheerenden Sündflut, so ist diese Arche ohne Zweifel ein Vorbild für den hienieden in der Fremde pilgernden Gottesstaat, d. i. für die Kirche, die gerettet wird durch das Holz, an dem der Mittler zwischen Gott und den Menschen hing, der Mensch Christus Jesus[298] . Selbst die Maße der Länge, Höhe und Breite weisen auf den menschlichen Leib hin, wie denn der Mittler gemäß der Verheißung in einem wahren Leibe zu den Menschen kommen sollte und auch wirklich kam. Die Länge des menschlichen Leibes vom Scheitel bis zur Sohle beträgt nämlich das sechsfache der Breite von der einen Seite zur andern, und das zehnfache der Höhe, diese gemessen an der Seite vom Rücken zum Bauch. Man muß sich bei dieser Messung den Menschen am Boden liegend vorstellen, mit dem Gesicht oder mit dem Rücken nach oben gekehrt, so ist er vom Haupt bis zu den Füßen sechsmal so lang als eine Seite von rechts nach links oder von links nach rechts gemessen, und zehnmal so lang als vom Erdboden aus gerechnet hoch. Nach diesem Maß ward die Arche gemacht, und sie maß in der Länge 300 Ellen, in der Breite 50 und in der Höhe 30. Und der Eingang, den sie an der Seite erhielt, weist vollends hin auf die Wunde, da die Seite des Gekreuzigten mit einer Lanze durchbohrt ward; denn durch diesen Eingang gehen die, die zu ihm gelangen, sofern daraus die Sakramente entquollen sind, durch die die Gläubigen eingeführt werden. Und die viereckigen Hölzer, aus denen sie gefertigt werden sollte, weisen hin auf das allseits beständige Leben der Heiligen; denn ein Viereck steht immer, auf welche Seite man es auch wenden mag. Auch was sonst noch erwähnt wird im Zusammenhang mit dem Bau jener Arche, sinnbildet Dinge in der Kirche Christi.

      Doch dem hier nachzugehen, würde zu weit führen; ich habe es übrigens schon getan in meinem Werke gegen den Manichäer Faustus[299] , der es in Abrede stellt, daß in den Büchern der Juden etwas von Christus geweissagt sei. Es kann zwar sein, daß einer passendere Auslegungen dafür findet als ich und wieder einer noch passendere, doch muß jeder Ausleger, bei Gefahr, weit abzuweichen von dem Sinne des Verfassers, alles, was in dem Bericht gesagt ist, auf diesen unsern Gottesstaat beziehen, der in dieser bösen Welt wie in einer Sündflut unheimisch ist. So etwa zum Beispiel, wenn jemand die hier vorkommende Stelle[300] : „Das Unterteil sollst du zwei- und dreigewölbig machen in ihr“, nicht, wie ich in jenem Werke ausgeführt habe, dahin verstanden wissen will, daß hier die Arche als Vorbild der aus allen Völkern sich sammelnden Kirche zweigewölbig genannt werde im Hinblick auf die zwei Teile, in die die gesamte Menschheit zerfällt, Beschneidung und Vorhaut oder Juden und Griechen, wie sie der Apostel[301] auch noch bezeichnet, und dreigewölbig im Hinblick darauf, daß alle Völker aus den drei Söhnen Noes nach der Sündflut sich wieder neu gebildet haben; sondern statt dieser Auslegung eine andere beibringt, die von der Glaubensregel[302] nicht abweicht. Wie denn in der Tat, weil die Arche nicht nur in den unteren Teilen Wohnräume haben sollte, sondern auch in den darüber befindlichen [und diese meinte er mit dem Ausdruck zweigewölbig] und in den über diesen, also noch höher gelegenen [und diese meinte er mit dem Ausdruck dreigewölbig], so daß von unten nach oben gezählt ein drittes Geschoß in die Höhe ging, hier „diese drei“ verstanden werden können, die der Apostel[303] ans Herz legt, „Glaube, Hoffnung und Liebe“; ebenso auch und noch viel passender die dreifach abgestufte Fruchtbarkeit, von der im Evangelium die Rede ist[304] , die dreißigfache, sechzigfache und hundertfache, so daß zu unterst die eheliche Keuschheit wohnen würde, darüber die des Witwenstandes und zu oberst die jungfräuliche; und was sonst noch besseres in Übereinstimmung mit dem Glauben dieses Gottesstaates sich darunter verstehen und darüber sagen läßt. Das gilt in gleicher Weise von den übrigen Punkten, die hierbei auszulegen sind: die Auslegung muß nicht in ein und demselben Sinne erfolgen, aber sie muß sich in Übereinstimmung mit dem katholischen Glauben halten.

      

       27. Arche und Sündflut sind nicht bloße geschichtliche Tatsachen ohne allegorische Bedeutung, aber auch nicht bloße Allegorien ohne geschichtliche Unterlage.

      

      Dagegen darf niemand glauben, es sei das ohne Grund aufgezeichnet worden, oder man habe es hier lediglich mit geschichtlichen Tatsachen ohne jede allegorische Bedeutung zu tun, oder umgekehrt, dies habe sich überhaupt nicht zugetragen, sondern es handle sich nur um Redefiguren, oder es fehle, wie es sich im übrigen damit auch verhalten mag, jede vorbildliche Beziehung zur Kirche. Nur ein verkehrter Geist könnte behaupten wollen, unnützerweise seien diese Bücher geschrieben worden, die durch Jahrtausende hindurch mit solcher Ehrfurcht und mit so sorgsamer Einhaltung ununterbrochener Überlieferungsabfolge in acht genommen und bewahrt worden sind, oder die nackten Tatsachen allein seien darin ins Auge zu fassen, wo doch so merkwürdige Dinge erzählt werden, wie zum Beispiel von der Auswahl der Tiere, die in die Arche aufgenommen werden sollten; mag sich die Größe der Arche erklären durch die große Zahl der Tiere, aber was nötigte dazu, von den unreinen Tieren je zwei Paare einzulassen und von den reinen je sieben[305] , da doch beide Arten in gleicher Zahl hätten erhalten werden können? Oder vermochte Gott, der die Erhaltung anbefahl zum Zweck der erneuten Ausbreitung der Art, diese Tiere nicht ebenso aufs neue ins Dasein zu rufen, wie er es ursprünglich getan?

      Die Vertreter der Meinung dagegen, es handle sich überhaupt nicht um Tatsachen, sondern nur um Sinnbilder, berufen sich zunächst darauf, daß eine Überschwemmung, bei der das Wasser noch fünfzehn Ellen über die höchsten Berge emporstieg, nicht habe stattfinden können im Hinblick auf den Gipfel des Berges Olympos[306] , über dem sich, wie sie angeben, keine Wolken zusammenballen können, da hier, in solcher Höhe des Himmels, nicht mehr unsere dichtere Luft anzutreffen sei, in der sich Nebel und Regenwolken bilden. Sie lassen dabei nur außer acht, daß selbst das dichteste aller Elemente, die Erde, dort anzutreffen sein könnte. Oder aus was sonst sollte der Gipfel des Berges bestehen? Also hätte nach diesen Elementen-Messern und -Wägern, die doch selbst erklären, daß das Wasser über der Erde sei und leichter als sie, zwar die Erde, nicht aber das Wasser bis zu jenen Himmelshöhen emporsteigen dürfen? Da wäre man doch auf die Begründung gespannt, weshalb sich die schwerere und tiefer befindliche Erde in das Gebiet des ewig heiteren Himmels so viele Jahrtausende hindurch eindrängen konnte, während ein gleiches auch nur auf kurze Zeit dem leichteren und höher befindlichen Wasser verwehrt sein sollte.

      Man führt auch die Maße der Arche ins Feld und sagt, sie sei nicht groß genug gewesen, um so viele Arten von Tieren beiderlei Geschlechtes zu fassen, je zwei Paare unreiner und je sieben Paare reiner Tiere. Bei diesem Einwand legt man wohl nur die 300 Ellen Länge und 50 Ellen Breite der Berechnung zugrunde, ohne zu berücksichtigen, daß im ersten und im zweiten Obergeschoß je die gleichen Maßverhältnisse wiederkehrten und sonach jene Ellenzahl dreimal genommen werden muß, was 900 x 150 Ellen ergibt. Wenn wir gar noch in Betracht ziehen, worauf Origenes scharfsinnig hingewiesen hat[307] , nämlich daß Moses, ein Gottesmann, „unterrichtet“, wie geschrieben steht[308] , „in aller Weisheit der Ägypter“, bei denen die Geometrie eifrig betrieben wurde, hier möglicherweise geometrische Ellen gemeint hat, von denen eine gleich sein soll sechs unsrigen, so liegt auf der Hand, welche Unmasse von Dingen ein solcher Raum fassen konnte. Denn daß eine Arche von solchem Umfang nicht hätte zusammengezimmert werden können, wie man geltend macht, ist grundloses Geschwätz. Man weiß ja doch, daß ungeheure Städte zusammengefügt wurden, und sollte doch auch die hundert Jahre berücksichtigen, die der Bau der Arche in Anspruch nahm. Man müßte nur glauben, daß zwar Stein an Stein, bloß mit Kalk verbunden, Halt genug gewinnen


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