Captain Future 08: Im Zeitstrom verschollen. Edmond HamiltonЧитать онлайн книгу.
viel zu gefährlich für Joan«, fügte Curt feierlich hinzu. »Ich fühle mich besser, wenn ich weiß, dass sie in Sicherheit ist.«
»Wir haben jetzt ein Drittel der Wegstrecke zwischen Mond und Erde hinter uns«, rief Otho wenig später. »Ist das genug?«
»Das reicht vollkommen«, erwiderte Curt. »Halt an.«
Die Komet kam mitten im Weltraum zum Stillstand, sie hing in der schwarzen Leere, die den Raum zwischen dem silberfarbenen Mond und der großen Erdkugel füllte.
»Warum mussten wir hier rausfliegen, bevor wir in der Zeitdimension zurück in die Vergangenheit begeben?«, fragte Grag verwundert.
»Das solltest du eigentlich wissen«, schalt ihn Curt. »Wenn wir in der Zukunft landen, dann möchten wir das an einem Ort tun, an dem uns keine Materie im Weg ist. Wenn wir dort wieder auftauchen, wo bereits Materie existiert, dann würde uns die Explosion der eingequetschten Atome auslöschen. Deshalb tauchen wir lieber im leeren Raum zwischen Mond und Erde wieder auf.«
Während er sich zu der komplizierten Steuertafel des Zeitenschiebers herunterbeugte, fügte er über die Schulter gewandt hinzu:
»Dieser Zeitenschieber wird uns durch die Zeitdimension entlang der Weltenlinie der Erde und des Mondes in die Vergangenheit zurücktragen, auf diese Weise können wir sicher sein, dass wir an demselben Punkt wieder auftauchen, an dem wir jetzt sind. Wenn wir erstmal dort ankommen, fliegen wir in ganz normalem Tempo nach Katain weiter.«
Lange Minuten vergingen, in denen Curt Newton die Magnetregler und die Wählscheiben des Zeitenschiebers einstellte. Die Führungsstrahlen, die den Weltenlinien des Mondes und der Erde folgten und sich durch die Zeitdimension den Weg in die Vergangenheit erzwangen, mussten noch einmal genau überprüft werden.
Schließlich stand Curt auf und fuhr sich mit der Hand über die Augenbrauen.
»In Ordnung«, sagte er. »Wir werden den Zeitenschieber abschalten, wenn er uns 100 014 336 Jahre in die Vergangenheit transportiert hat. Das sollte uns beinahe exakt zu dem Punkt bringen, an dem Darmur seinen Hilferuf ausgesandt hat.«
Otho wirkte skeptisch. »Woher willst du wissen, wann genau er die Botschaft geschickt hat?«
»Seine Nachricht besagte, dass Katain innerhalb weniger Monate zerstört werden würde«, erwiderte Curt. »Die moderne Astronomie kennt das Datum, an dem der Planet ausgelöscht wurde. Sie haben das Jahr berechnet, indem sie den Effekt, den seine Explosion auf die Bewegung der anderen Planeten hatte, untersucht haben. Um sicherzugehen, wähle ich einen etwas früheren Zeitpunkt. Wir beide sollten besser unsere Raumanzüge anziehen, Otho. Die Energie des Zeitenschiebers könnte einen Bauteil des Schiffs wegblasen, wenn die Kräfte zu unregelmäßig auf die Atome treffen.«
Sie schlüpften in ihre Raumanzüge. Grag und das Gehirn brauchten keine tragen, da sie, anders als die anderen beiden, keinen Sauerstoff zum Überleben benötigten.
»Na schön«, sagte Curt schließlich. »Jetzt geht es los. Nur die Sonnenkobolde wissen, wie sich eine solche Kraft auf unsere Körper auswirken wird. Haltet euch gut fest.«
Er klappte den polierten Griff herunter, der die Energie der pulsierenden Zyklotronengeneratoren in den Zeitschieber drückte. Die Quarzscheiben unter dem großen Metallkolben begannen rosig zu glühen, immer greller, bis sie im brillantesten Weiß den Raum erhellten. Ein unwirklicher Strahlenkranz flackerte um den Metallkolben herum und versprühte kleine Funken im ganzen Schiff. Curt wurde ganz plötzlich von einer pulsierenden Energie erfasst und ihm wurde seltsam schwindlig.
»Das ist gar nicht so schlimm, wie ich erwartet hatte!«, rief er.
Aber er hatte sein Urteil zu schnell gefällt, wie er eine Sekunde später feststellen musste. Die Kraft, die seinen Körper auseinanderzureißen drohte, wurde mit jeder Sekunde stärker. Die Benommenheit steigerte sich zu einem grässlichen Schwindel, sodass ihn eine unsägliche Übelkeit überkam. Obwohl er alles um sich herum nur verschwommen wahrnahm, konnte er sehen, dass es den anderen nicht viel besser erging. Die ungeheure Ladung elektromagnetischer Energie, die Druck auf jeden Teil ihrer Körper und des Schiffs ausübte, zwang die Atome, sich schneller und immer schneller entlang des Zeitstroms zu bewegen, und nun hatte dieser Druck seine volle Stärke erreicht.
»Bei allen Weltraumteufeln!«, keuchte Otho vom Pilotensitz aus. »Seht nach draußen …«
Curt hob den Kopf und sah benommen aus dem Fenster. Dort draußen schien alles verrückt zu spielen! Der Mond raste mit der Geschwindigkeit eines Rennboots um die Erde – und das in entgegengesetzter Richtung als normal. Die Erde und die anderen Planeten kreisten ebenfalls falsch herum auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne, sie bewegten sich dabei fast genauso schnell wie der Erdtrabant. Als Curt beim Zurückrasen in die Vergangenheit in das Sonnensystem hinaussah, erblickte er Kometen, die rückwärts aus dem Weltraum Richtung Sonne schossen und wie Blitze herum aufzuckten, sobald sie ihr zu nahe kamen. Und das verrückte Rückwärtssausen der Planeten auf ihren Umlaufbahnen wurde immer schneller.
»Haltet euch gut fest«, stieß er mühsam hervor und schüttelte in dem vergeblichen Versuch, den Schwindel loszuwerden, den Kopf. »Es wird wahrscheinlich noch viel schlimmer.«
Der Kegel hatte sich in der Zwischenzeit in ein gleißendes Licht verwandelt, das ihnen in den Augen wehtat. Keiner von ihnen konnte sich mehr auf den Beinen halten, und sie sackten in sich zusammen. Der Weltraum hatte sich in einen verschwommenen Fleck verwandelt, gestaltlos, grau und nicht enden wollend, so schnell rasten die Jahrhunderte an der Mannschaft der Komet vorbei.
Curt Newton fragte sich, gegen die Übelkeit ankämpfend, ob ihre Körper bei dem furchtbaren Druck, dem jedes Atom ausgesetzt war, nicht zerquetscht werden würden. Hatte er zuletzt im übergroßen Vertrauen auf seine wissenschaftlichen Fähigkeiten die kolossalen Kräfte der Natur in einem zu kühnen Wagnis herausgefordert?
Kein Körper konnte dieser Qual unendlich lange standhalten, dessen war er sich bewusst. Jedes Atom wurde von Kräften traktiert, die kein Mensch jemals hätte ertragen dürfen. Er durfte sich dem nicht überlassen, ermahnte er sich. Er musste bei Bewusstsein bleiben, um die Zeitscheibe anzuhalten, sobald sie den Punkt in der Vergangenheit erreicht hatten, zu dem sie reisen wollten. Seine tränenden Augen hingen an der Anzeige. Die Nadel kroch rückwärts über Ziffern, die Millionen von Jahren repräsentierten.
»Wir sind fast da!«, rief er den anderen heiser zu. »Ich werde die Geschwindigkeit jetzt reduzieren.«
Mit zitternder Hand bediente er den polierten Hebel der Zeitmaschine. Lichtstreifen – an ihnen vorbeiflitzende Planeten – tauchten im immer noch verschwimmenden Weltraum auf. Sie wurden langsamer. Die Nadel auf der Zeitanzeige bewegte sich nun gemächlicher über die einzelnen Ziffern. Captain Future beobachtete sie sehr aufmerksam, wobei er gegen den sich aufbauenden Druck in seinem Schädelinneren ankämpfen musste.
»Wir sind da!«, brummte er und schaltete den Zeitenschieber aus. Er spürte, wie die Kräfte, die seinen Körper traktierten, nachließen, und richtete sich mühsam auf. Stolpernd erreichte er das Fenster. »Wir haben es geschafft! Wir sind mehr als einhundert Millionen Jahre in die Vergangenheit gereist, in die Zeit als Katain – Otho!«
Draußen im Weltraum raste ihnen eine riesige Felskugel entgegen. Sie drehte sich langsam, während sie auf die Komet zudonnerte. Und sie befand sich genau auf halbem Wege zwischen Erde und Mond, an der Stelle, wo es nichts hätte geben sollen. Sie war der zweite Mond der Erde!
5. Kapitel: Die Futuremen in der Vergangenheit
Während das unerwartete Monstrum den gesamten Himmel vor ihnen ausfüllte und auf das dahintreibende Schiff zuschoss, durchzuckte Captain Future ein schmerzlicher Stich des Selbstvorwurfs. Er war sich seiner selbst zu sicher gewesen. Der Gedanke, dass die Erde in grauer Vorzeit zwei Monde gehabt haben könnte, war ihm nicht gekommen.
Otho, der im Pilotensessel saß, hatte das herannahende Monster in dem Moment gesehen, als Curt den Warnruf ausstieß. Kein menschlicher Pilot