Эротические рассказы

Die Jahre. Virginia WoolfЧитать онлайн книгу.

Die Jahre - Virginia Woolf


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Zimmer. Sie fühlte noch immer die Stelle, wo Mrs. Fripp sie geküßt hatte; der Kuß hatte ein kleines Glühn auf ihrer Wange hinterlassen.

      Sie schloß die Tür. Das Zimmer war stickig. Es war eine warme Nacht, aber die schlossen immer die Fenster und zogen die Vorhänge vor. Sie öffnete die Fenster und zog die Vorhänge zur Seite. Es regnete, wie gewöhnlich. Pfeile silbernen Regens kreuzten die dunkeln Bäume im Garten. Dann streifte sie ihre Schuhe ab. Das war das Unangenehmste, wenn man so groß war, – Schuhe waren einem immer zu eng; weiße Seidenschuhe besonders. Dann begann sie, ihr Kleid aufzuhaken. Es war schwierig; es waren so viele Häkchen daran, und alle im Rücken; aber endlich war das weiße Atlaskleid herunter und lag nett über einen Sessel; und sie begann, sich das Haar zu bürsten. Es war ein Donnerstag gewesen, wie er nicht ärger hätte sein können, überlegte sie; Sehenswürdigkeiten am Vormittag; Gäste zum Mittagessen; Studenten zum Tee; und abends abermals Gäste.

      Immerhin, sagte sie sich und zerrte dabei den Kamm durchs Haar, es ist vorbei ... es ist vorbei.

      Die Kerzen flackerten, und dann berührte der Musselinvorhang, der sich zu einem weißen Ballon bauschte, fast die Flamme. Aufschreckend öffnete sie die Augen. Sie stand am offenen Fenster, mit einem Licht neben sich, und war im Unterrock.

      »Jeder Mensch kann hereinsehn«, hatte ihre Mutter gesagt, als sie sie erst vor wenigen Tagen deswegen gescholten hatte.

      So! dachte sie und stellte die Kerzen auf einen Tisch zur Rechten, jetzt kann niemand hereinsehn.

      Sie begann wieder, ihr Haar zu kämmen. Aber mit dem Licht zur Seite, statt vor sich, sah sie ihr Gesicht jetzt unter einem andern Winkel.

      Bin ich hübsch? fragte sie sich, legte den Kamm hin und blickte in den Spiegel. Ihre Backenknochen standen zu sehr vor; ihre Augen lagen zu weit auseinander. Sie war nicht hübsch, nein; ihre Größe war unvorteilhaft. Was hat sich Mrs. Fripp wohl von mir gedacht? fragte sie sich.

      Sie hat mich geküßt, erinnerte sie sich plötzlich mit jäher Freude und fühlte wieder das Glühn auf ihrer Wange. Sie hat mich aufgefordert, zu ihnen nach Amerika zu kommen. Was für ein Spaß das wäre! Was für ein Spaß, von Oxford wegzukommen und nach Amerika zu fahren! Sie zerrte den Kamm durch ihr Haar, das wie ein Ginsterbusch war.

      Aber die Turmuhren begannen ihren gewohnten Tumult. Sie haßte diesen Klang; er kam ihr stets trübselig vor, und dann, grade wenn die eine aufhörte, begann eine andre. Sie dröhnten weiter, eine in die andre hinein, eine nach der andern, als würden sie nie zu Ende kommen. Sie zählte elf, zwölf, und dann ging es weiter, dreizehn, vierzehn ... Eine Uhr wiederholte die andre durch die feuchte Nieselluft. Es war spät. Sie begann, sich die Zähne zu putzen. Sie blickte auf den Kalender über dem Waschtisch und riß den Donnerstag ab und knüllte ihn zu einer Kugel, als wollte sie sagen: »Der ist vorbei! Der ist vorbei!« Der Freitag sah ihr wie in roten Lettern entgegen. Der Freitag war ein guter Tag; Freitag hatte sie ihre Lektion bei Lucy; und sie ging zum Tee zu den Robsons. »Glücklich ist, wer seine Arbeit gefunden hat«, las sie auf dem Kalender. Kalender schienen immer zu einem zu reden. Sie hatte ihre Arbeit nicht getan. Sie warf einen Blick auf eine Reihe blauer Bände: »Verfassungsgeschichte Englands von Dr. Andrews«. Ein Papierstreifen stak in Band drei. Sie hätte ihr Kapitel für Lucy beenden sollen; aber nicht heute abend. Sie war zu müde heute abend. Sie wandte sich zum Fenster. Ein lautes Gelächter ertönte aus den Studentenwohnungen. Worüber lachen die dort? fragte sie sich, als sie so am Fenster stand. Es klang, als unterhielten sie sich gut. Sie lachen nie so, wenn sie zum Tee in die Lodge kommen, dachte sie, als das Gelächter verklang. Der kleine Kerl aus dem Balliol College, der dasaß und immerzu die Finger ineinanderwand, sie immerzu ineinanderwand. Er brachte kaum ein Wort hervor; aber er ging auch nicht. Dann blies sie die Kerze aus und stieg ins Bett. Ich mag ihn ganz gern, dachte sie, sich zwischen den kühlen Leintüchern aus streckend, – trotzdem er die Finger ineinanderwindet. Aber diesen Tony Ashley, dachte sie, den Kopf auf dem Kissen wendend, den mag ich nicht. Er schien stets ein Verhör mit ihr anzustellen, Edwards wegen, den Eleanor, dachte sie, »Nix« nennt. Seine Augen lagen zu nahe beieinander. Ist ein bißchen ein Perückenstock, dachte sie. Er war ihr die ganze Zeit gefolgt bei dem Picknick vor einigen Tagen – bei dem Picknick, wo Mrs. Lathom die Ameise unter die Röcke geraten war. Er hatte sich die ganze Zeit neben ihr gehalten. Aber sie wollte ihn nicht heiraten. Sie wollte nicht eine Professorsfrau werden und auf ewig in Oxford leben. Nein, nein, nein! Sie gähnte, wandte sich auf dem Kopfkissen um und lauschte einer verspäteten Turmuhr, die wie eine träge Seekuh dahinbummerte durch die dicke Nieselluft, gähnte noch einmal und schlief ein.

      Der Regen fiel stetig die ganze Nacht, zog einen dünnen Nebel über die Felder, gurgelte und gluckste in den Rinnsteinen. In Gärten fiel er auf blühende Fliederbüsche und Goldregensträucher. Er glitt sanft über die bleiernen Kuppeln von Bibliotheken und ergoß sich aus den breit grinsenden Steinmäulern. Er trübte das Fenster, hinter dem der Judenjunge aus Birmingham saß und Griechisch büffelte, ein nasses Handtuch um den Kopf; und das, hinter dem Dr. Malone noch spät an einem neuen Kapitel seiner monumentalen Geschichte des College schrieb. Und im Garten der Lodge, vor Kittys Fenster, berieselte er den uralten Baum, unter dem vor dreihundert Jahren Könige und Dichter beim Trunk gesessen hatten; nun aber war er halb umgesunken und mußte durch eine Stange in der Mitte gestützt werden.

      »Einen Schirm, Miss?« fragte Hiscock und bot Kitty einen Schirm an, als sie am folgenden Nachmittag später, als sie hätte sollen, wegging. In der Luft war eine Kühle, die sie froh machte, als sie eine Gesellschaft in weißen und gelben Sommerkleidern und mit Bootkissen zum Fluß gehen sah, daß sie heute nicht in einem Boot sitzen würde. Keine Gesellschaften heute, dachte sie, keine Gesellschaften heute. Aber sie hatte sich verspätet, so mahnte die Uhr sie.

      Sie ging weiter, bis sie zu den ordinär aussehenden roten Villen kam, die ihr Vater so sehr verabscheute, daß er stets einen Umweg machte, um ihren Anblick zu vermeiden. Aber da in einer dieser ordinären roten Villen Miss Craddock wohnte, sah Kitty sie in einer Gloriole von Romantik. Ihr Herz schlug schneller, als sie bei der neuen Kapelle um die Ecke bog und die Türstufen des Hauses erblickte, in dem Miss Craddock wirklich und leibhaftig wohnte. Lucy ging diese Stufen jeden Tag hinauf und hinunter; dies war ihr Fenster; dies war ihre Glocke. Der Glockenzug kam mit einem Ruck heraus, als sie ihn zog, aber ging nicht wieder hinein, denn alles war verwahrlost an Lucys Haus; aber alles war romantisch. Lucys Schirm hier in dem Ständer, auch der war nicht wie andre Schirme: er hatte einen Papageienkopf als Griff. Aber als sie die steile, blinkende Treppe hinaufstieg, mischte sich Angst in ihre Erregung: wieder einmal hatte sie ihre Arbeit geschludert; sie hatte sich diese Woche wieder nicht »ganz darein versenkt«.

      Heute kommt sie! dachte Miss Craddock und hielt mit der Feder in der Luft inne. Ihre Nasenspitze war rot; ihre Augen, um die sich gelbliche Vertiefungen zogen, hatten etwas Eulenhaftes. Da tönte die Glocke. Die Feder war in rote Tinte getaucht worden; sie hatte Kittys Aufsatz korrigiert. Nun hörte sie ihren Schritt auf der Treppe. Sie kommt! dachte sie mit einem kleinen Atemstocken und legte die Feder hin.

      »Es tut mir schrecklich leid, Miss Craddock«, sagte Kitty, ihre Sachen ablegend und sich an den Tisch setzend. »Aber wir hatten Gäste bei uns wohnen.«

      Miss Craddock fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund, wie es ihre Art war, wenn sie sich enttäuscht fühlte.

      »Ach so«, sagte sie, »also haben Sie diese Woche wieder nichts gearbeitet. «

      Miss Craddock ergriff ihre Feder und tauchte sie in die rote Tinte. Dann wandte sie sich dem Aufsatz zu.

      »Er war des Korrigierens nicht wert«, bemerkte sie und hielt, die Feder in der Luft, inne. »Ein zehnjähriges Kind hätte sich seiner geschämt.« Kitty wurde dunkelrot.

      »Und das Verwunderliche ist«, sagte Miss Craddock und legte die Feder hin, als die Stunde zu Ende war, »daß Sie ganz gut zu selbständigem Denken fähig sind.«

      Kitty errötete vor Freude.

      »Aber Sie machen keinen Gebrauch davon«, sagte Miss Craddock. »Warum tun Sie’s nicht?« fügte sie hinzu und sah sie mit ihren klugen grauen Augen an.

      »Wissen Sie, Miss Craddock«, begann Kitty eifrig, »meine Mutter – «


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