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Die Erde. Emile ZolaЧитать онлайн книгу.

Die Erde - Emile Zola


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schwarzen Hut, den er seit zehn Jahren bei Regen und Sonnenschein mit sich herumschleppte. Die Nacht brach herein, das schmale Fenster spendete einen letzten schmutzigen Lichtschein, in dem der Hut mit seiner flachen Krempe und seiner Urnenform eine ungewöhnliche Bedeutung annahm.

      Aber trotz seines Rausches immer bei seinem Geschäft, wachte Grosbois auf und stammelte:

      „Nun wären wir soweit ... Ich sage euch, daß das Schriftstück fertig ist. Ich bin gestern bei Herrn Baillehache vorbeigekommen, er hat es mir gezeigt. Bloß hinter euern Namen sind die Nummern der Parzellen noch nicht eingesetzt ... Wir werden sie also jetzt verlosen, und der Notar braucht sie nur noch einzutragen, damit ihr Sonnabend bei ihm das Schriftstück unterzeichnen könnt.“ Er schüttelte sich, hob die Stimme: „Na los, ich werde die Zettel zurechtmachen.“

      Mit einer jähen Bewegung kamen die Kinder näher, ohne daß sie dabei versuchten, ihr Mißtrauen zu verbergen. Sie paßten auf ihn auf, beobachteten die geringsten Handbewegungen, als seien es die eines Taschenspielers, der imstande ist, die Teile verschwinden zu lassen. Zunächst hatte er mit seinen dicken zitternden Alkoholikerfingern das Stück Papier in drei Teile geschnitten; dann schrieb er auf jedes Stück eine riesige Zahl – 1, 2, 3 – und drückte dabei sehr auf; und über seine Schultern hinweg folgten alle der Feder; befriedigt, festzustellen, daß keine Mogelei möglich war, nickten selbst der Vater und die Mutter mit dem Kopf. Die Zettel wurden langsam zusammengefaltet und in den Hut geworfen.

      Schweigen herrschte, feierliches Schweigen.

      Nach reichlich zwei Minuten sagte Grosbois:

      „Ihr müßt euch endlich entscheiden ... Wer macht den Anfang?“

      Niemand rührte sich. Die Finsternis nahm zu, der Hut schien in diesem Dunkel größer zu werden.

      „Dem Alter nach, wollt ihr?“ schlug der Landvermesser vor. „Du, Jesus Christus, du bist der Älteste.“

      Gutmütig trat Jesus Christus vor, aber er verlor das Gleichgewicht und wäre beinahe hingefallen. Er hatte die Faust mit einer heftigen Anstrengung in den Hut versenkt, als gelte es, einen Felsblock herauszuholen. Als er den Zettel in der Hand hielt, mußte er ans Fenster treten.

      „Zwei!“ schrie er und fand zweifellos diese Zahl besonders schrullig, denn ihm blieb die Luft weg vor Lachen.

      „Du, Fanny!“ rief Grosbois auf.

      Als Fanny die Hand tief drin hatte, ließ sie sich Zeit. Sie wühlte, rührte die Zettel um, wog einen gegen den andern ab.

      „Es ist verboten auszusuchen“, sagte Geierkopf wütend, dem die Leidenschaft die Kehle zuschnürte und der bleich geworden war bei der Nummer, die sein Bruder gezogen hatte.

      „Sieh mal einer an! Warum denn?“ entgegnete sie. „Ich guck nicht hin, fühlen kann ich wohl.“

      „Laß sein“, murmelte der Vater, „das bleibt sich gleich, der eine Zettel ist nicht schwerer als der andere.“

      Sie entschloß sich endlich, lief vor das Fenster.

      „Eins!“

      „Na schön, da hat also Geierkopf die drei“, fuhr Fouan fort. „Zieh sie, mein Junge.“

      In der zunehmenden Finsternis hatte man nicht sehen können, wie sich das Gesicht des Jüngsten verzerrte. Seine Stimme platzte los vor Zorn:

      „Nie und nimmer!“

      „Wieso?“

      „Wenn ihr glaubt, daß ich annehme, ah, nein! – Das dritte Los, nicht wahr? Das schlechte Los! Ich habe euch zur Genüge gesagt, daß ich anders teilen wollte. Nein! Nein! Ihr macht euch über mich lustig! – Und überhaupt, glaubt ihr, ich durchschaue eure Schliche nicht? Hätte nicht der Jüngste als erster sein Los ziehen müssen? – Nein! Nein! Ich ziehe nicht, weil gemogelt wird!“

      Der Vater und die Mutter sahen zu, wie er sich ereiferte, mit Füßen und Fäusten um sich schlug.

      „Mein armes Kind, du wirst verrückt“, sagte Rose.

      „Ach, Mutter, ich weiß genau, daß Ihr mich nie habt leiden können. Ihr würdet mir die Haut vom Leibe ziehen, um sie meinem Bruder zu geben ... Ihr alle, ihr würdet mich auffressen ...“

      Fouan unterbrach ihn hart:

      „Genug Dummheiten, he! – Willst du ziehen?“

      „Ich will, daß man noch mal von vorn anfängt.“

      Aber man erhob allgemein Einspruch. Jesus Christus und Fanny umklammerten ihre Zettel, als trachte man, sie ihnen zu entreißen. Delhomme erklärte, daß es bei der Verlosung ehrlich zugegangen sei, und sehr gekränkt redete Grosbois davon, fortzugehen, wenn man seine Redlichkeit in Verdacht ziehe.

      „Dann will ich, daß der Vater zu meinem Teil tausend Francs von dem Geld aus seinem Versteck hinzulegt.“

      Der Alte, der einen Augenblick verdutzt war, stammelte. Furchtbar richtete er sich wieder hoch, trat vor.

      „Was sagst du? Du legst es also darauf an, mich umzubringen, schlimmer Kerl! Man könnte das Haus abreißen und würde nicht einen Liard finden ... Nimm das Los, Himmelsakrament, oder du kriegst gar nichts!“

      Aber Geierkopf mit seinem eigensinnigen Schädel wich vor der erhobenen Faust seines Vaters nicht zurück.

      „Nein!“

      Das Schweigen sank wieder herab, beklommenes Schweigen. Nun war der riesige Hut hinderlich, der sich mit diesem einzigen Los auf dem Grunde, das niemand anrühren wollte, den Dingen in den Weg stellte. Um dem ein Ende zu machen, riet der Landvermesser dem Alten, es selber zu ziehen. Und ernst zog es der Alte, ging vors Fenster, um es zu lesen, als wäre es ihm nicht bekannt gewesen.

      „Drei! – Du hast das dritte Los, hörst du? Das Schriftstück ist fertig, todsicher wird Herr Baillehache nichts daran ändern, denn was getan ist, kann nicht noch mal getan werden ... Und da du hier schläfst, geb ich dir die Nacht zum Überlegen ... Los, es ist zu Ende, reden wir nicht mehr darüber.“

      Geierkopf, den die Finsternis ertränkte, antwortete nicht.

      Die anderen stimmten geräuschvoll zu, während sich nun die Mutter entschloß, eine Kerze anzuzünden, um den Tisch zu decken.

      Und in diesem Augenblick gewahrte Jean, der sich wieder zu seinem Kumpel begab, zwei Schatten, die sich umschlungen hielten und von der menschenleeren und schwarzen Landstraße aus spähten, was man bei Fouans mache. Am schieferfarbenen Himmel begannen Schneeflocken zu stieben, schwerelos wie Federn.

      „Oh, Herr Jean“, sagte eine sanfte Stimme, „Ihr habt uns Angst eingejagt!“

      Da erkannte er Françoise, in eine Kapuze vermummt, mit den üppigen Lippen in dem langen Gesicht. Sie preßte sich an ihre Schwester Lise, hielt sie mit einem Arm umfaßt. Die beiden Schwestern vergötterten einander, man traf sie immer so, die eine am Halse der andern. Lise, die größere, die trotz ihrer groben Züge und der beginnenden Aufgedunsenheit ihrer ganzen rundlichen Person freundlich aussah, blieb lustig in ihrem Unglück.

      „Ihr spioniert also?“ fragte er heiter.

      „Freilich!“ antwortete sie, „das interessiert mich, was da drin vor sich geht ... Möchte wissen, ob das Geierkopf zu einem Entschluß bringt!“

      Mit einer liebkosenden Bewegung hatte Françoise mit ihrem anderen Arm den aufgetriebenen Bauch ihrer Schwester umschlossen.

      „Das Schwein, mit Verlaub zu sagen! – Wenn er Land besitzt, wird er vielleicht ein reicheres Mädchen haben wollen.“

      Aber Jean machte ihnen Hoffnung: die Teilung dürfte beendet sein, das übrige würde man regeln. Als er ihnen dann mitteilte, daß er bei den Alten esse, sagte Françoise noch:

      „Na schön, wir werden uns nachher wiedersehen, wir kommen zum Feierabend.“

      Er sah zu, wie sie sich in der Nacht verloren. Der Schnee fiel dichter, auf ihre Kleidungsstücke,


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