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Die Erde. Emile ZolaЧитать онлайн книгу.

Die Erde - Emile Zola


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und auch sie schienen nicht gesehen zu haben, daß er eintrat. Dann ging er, ohne ein Wort hinzuzufügen, hinaus, schickte sich an, auf dem Bürgersteig zu warten.

      „Oh, Jesus Christus, oh, Jesus Christus!“ sagte mehrmals der kleine Schreiber mit gekünstelter Baßstimme, die Nase der Straße zugewandt, und schien mehr und mehr belustigt über den Spitznamen, der in ihm spaßige Geschichten wachrief.

      Aber kaum fünf Minuten vergingen, da trafen endlich die Fouans ein, zwei alte Leute mit langsam gewordenen und vorsichtigen Bewegungen. Der jetzt siebzig Jahre alte, einst sehr stämmige Vater war vertrocknet und zusammengeschrumpelt bei einer so harten Arbeit, bei einer so gierigen Leidenschaft nach Erde, daß sein Leib sich krümmte, wie um zu dieser heftig begehrten und endlich besessenen Erde zurückzukehren. Er war jedoch noch rüstig, bis auf die Beine, war gut beieinander, hatte untadlig als Hasenpfoten geschnittene weiße Backenbärtchen, die lange Nase der Familie, die sein hageres Gesicht mit den von großen Furchen durchschnittenen Lederflächen spitzer machte. Und in seinem Schatten, nicht einen Fußbreit von ihm weichend, schien die Mutter, die kleiner war, üppig geblieben zu sein mit dem dicken Bauch beginnender Wassersucht, dem haferfarbenen Gesicht, das durchlöchert war von runden Augen, einem runden Mund, der durch eine Unmenge von Runzeln zusammengeschnürt war wie die Geldbeutel von Geizhälsen. Stumpfsinnig, im Haushalt auf die Rolle eines folgsamen und arbeitsamen Tieres beschränkt, hatte sie stets vor der despotischen Autorität ihres Mannes gezittert.

      „Ah, ihr seid’s also!“ rief Fanny und erhob sich.

      Delhomme war ebenfalls von seinem Stuhl aufgestanden. Und hinter den Alten war Jesus Christus, sich in den Hüften wiegend, ohne ein Wort soeben wieder zum Vorschein gekommen. Er drückte den Stummel seiner Zigarre aus, stopfte dann den stänkrigen Qualmer in eine Tasche seines Kittels.

      „Da sind wir also“, sagte Fouan. „Es fehlt nur Geierkopf ... Niemals pünktlich, niemals wie die andern, dieser Kerl!“ „Ich habe ihn auf dem Markt gesehen“, erklärte Jesus Christus mit einer vom Schnaps heiseren Stimme. „Er wird gleich kommen.“

      Geierkopf, der Jüngste, war siebenundzwanzig Jahre alt und verdankte diesen Beinamen seinem eigensinnigen, unausgesetzt in Auflehnung begriffenen Kopf, der sich auf seine Ideen versteifte, die seine und niemand anderes Ideen waren. Sogar als Bengel hatte er sich nicht mit seinen Eltern vertragen können; und später war er, nachdem er eine gute Nummer gezogen hatte, von ihnen ausgerückt, um sich zu verdingen, zuerst auf La Borderie, danach auf La Chamade.

      Aber während der Vater noch schimpfte, trat er lebhaft und fröhlich ein. Bei ihm war die große Nase der Fouans abgeplattet, während sich der Unterteil des Gesichts, die Kiefer als gewaltige Fleischfresserkinnladen vorschoben. Die Schläfen flohen zurück, der ganze Oberteil des Kopfes verschmälerte sich, und hinter dem lustigen Lachen seiner grauen Augen lag bereits Verschlagenheit und Gewalttätigkeit. Er hatte von seinem Vater das rohe Verlangen, die Versessenheit aufs Besitzen, was beides verschlimmert wurde durch den engstirnigen Geiz der Mütter. Bei jeder Streitigkeit pflegte er den beiden Alten, wenn sie ihn mit Vorwürfen überhäuften, zu antworten: „Hättet mich nicht so machen müssen!“

      „Hört mal, es sind fünf Meilen von La Chamade nach Cloyes“, antwortete er auf das Schimpfen. „Und außerdem, was denn? Ich treffe zur selben Zeit ein wie ihr ... Will man wieder über mich herfallen?“

      Nun stritten sich alle, schrien mit ihren gellenden und lauten Stimmen, die an den Wind auf freiem Felde gewöhnt waren, erörterten heftig ihre Angelegenheiten, ganz so, als wären sie bei sich zu Hause. Die Schreiber, die dadurch gestört wurden, warfen ihnen scheele Blicke zu; da kam auf den Lärm hin der Notar und öffnete abermals die Tür seines Arbeitszimmers.

      „Seid ihr alle da? Na las, kommt rein!“

      Dieses Arbeitszimmer lag zum Garten hin, dem schmalen Erdstreifen, der bis zu den blattlosen Pappeln am Loir hinabreichte, die man in der Ferne erblickte. Als Kaminschmuck stand da eine Stutzuhr aus schwarzem Marmor zwischen Aktenpacken, und nichts weiter als der Mahagonischreibtisch, ein Aktenschrank und Stühle.

      Sofort hatte sich Herr Baillehache an diesem Schreibtisch niedergelassen wie bei einer Gerichtssitzung, während die Bauern, die hintereinander eingetreten waren, voller Verlegenheit zögerten, nach den Stühlen schielten, weil sie nicht wußten, wo und wie sie sich setzen sollten.

      „Nun, setzt euch!“

      Da fanden sich Fouan und Rose, von den anderen geschoben, in der ersten Reihe auf zwei Stühlen; Fanny und Delhomme setzten sich dahinter, ebenfalls Seite an Seite, während sich Geierkopf dicht an der Wand in einer Ecke absonderte und Hyacinthe vor dem Fenster, dessen Licht er mit seinen breiten Schultern wegnahm, allein stehen blieb.

      Ungeduldig geworden, redete ihn der Notar jedoch vertraulich an:

      „Setzt Euch doch, Jesus Christus!“ Und Herr Baillehache mußte als erster die Angelegenheit anschneiden: „So, Vater Fouan, Ihr habt Euch also entschlossen, Euern Besitz zu Lebzeiten zwischen Eure beiden Söhne und Eure Tochter aufzuteilen?“

      Der Alte antwortete nicht, die anderen verharrten reglos, ein tiefes Schweigen entstand.

      Der Notar, der diesen schleppenden Gang der Verhandlung gewohnt war, beeilte sich übrigens auch nicht. Sein Amt lag seit zweihundertfünfzig Jahren in der Familie, vom Vater auf den Sohn waren die Baillehaches in Cloyes aufeinander gefolgt, waren vom uralten Blut der Beauce und nahmen von ihrer Bauernkundschaft die bedächtige Schwerfälligkeit, die heimtückische Umsicht an, die mit langen Pausen und unnützen Worten die geringste Verhandlung ertränken. Er hatte ein Federmesser aufgeklappt, er schnitt sich die Fingernägel.

      „Nicht wahr, man muß annehmen, daß Ihr Euch entschlossen habt“, wiederholte er schließlich, die Augen starr auf den Alten gerichtet.

      Dieser drehte sich um, warf einen Blick auf alle, bevor er, die Worte suchend, sagte:

      „Ja, das kann wohl sein, Herr Baillehache ... Ich habe mit Ihnen bei der Ernte davon gesprochen. Sie haben mir gesagt, ich soll mir das mehr durch den Kopf gehen lassen, und ich habe mir das mehr durch den Kopf gehen lassen, und ich sehe, daß es damit trotzdem dahin kommen muß.“ Er setzte in unterbrochenen, von fortgesetzten Einwürfen zerschnittenen Sätzen auseinander warum. Was er aber nicht sagte, was aus der in seiner Kehle zurückgestauten Erregung hervorging, war die unendliche Traurigkeit, der dumpfe Groll, das Zerreißen seines ganzen Leibes, weil er sich von diesem Besitz trennen sollte, den er vor dem Tode seines Vaters so heiß begehrt, später mit einer brünstigen Erbitterung bebaut, dann Fetzen um Fetzen um den Preis filzigsten Geizes vermehrt hatte. Solch ein Stückchen Land bedeutete Monate bei Käse und Brot, Winter ohne Feuerung, Sommer voller Arbeit bei brennender Hitze ohne andere Stärkung als ein paar Schluck Wasser. Er hatte die Erde als Frau geliebt, die tötet und für die man mordet. Weder Gattin noch Kinder, noch irgend jemand, nichts Menschliches: die Erde! Und da war er nun alt geworden, mußte diese Geliebte an seine Söhne abtreten, wie sein Vater sie ihm selber abgetreten hatte, wütend über sein Unvermögen. „Sehen Sie, Herr Baillehache, man muß Vernunft annehmen, es geht nicht mehr mit den Beinen, die Arme sind kaum besser, und freilich, die Erde leidet darunter ... ʼs hätte noch gehen können, wenn man sich mit den Kindern verständigt hätte ...“ Er warf einen kurzen Blick auf Geierkopf und auf Jesus Christus, die sich nicht rührten, die Augen in die Ferne gerichtet hatten, gleichsam hundert Meilen weit weg waren von dem, was er sagte. „Aber was? Soll ich Leute nehmen, Fremde, die uns ausplündern? Nein, das Gesinde, das ist zu teuer, das frißt heutzutage den Verdienst weg ... Ich, ich kann also nicht mehr. Sehen Sie, zu dieser Jahreszeit, nun ja, da habe ich kaum die Kraft gehabt, von den neunzehn Sestern, die ich besitze, ein Viertel zu bebauen, gerade genug zum Essen, Getreide für uns und Heu für die beiden Kühe ... Na ja, das zerreißt mir das Herz, zu sehen, wie diese gute Erde verkommt. Ja, lieber lasse ich alles fahren, als daß ich diese Pfuscherei mitmache.“ Die Stimme versagte ihm, mit einer hilflosen Gebärde brachte er all seinen Schmerz und seinen Verzicht zum Ausdruck.

      Fügsam, erdrückt von mehr als einem halben Jahrhundert Gehorsam und Arbeit, hörte seine Frau neben ihm zu.

      „Neulich“, fuhr er fort, „ist Rose beim Käsemachen mit der Nase reingefallen.


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