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Die Erde. Emile ZolaЧитать онлайн книгу.

Die Erde - Emile Zola


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Zähnen schien Geierkopf durch sein Schweigen einzuwilligen.

      Und Fouan beherrschte sie immer noch, ließ seine harten Blicke, die Blicke des Gebieters, dem gehorcht wird, umherschweifen. Schließlich setzte er sich wieder und sagte:

      „Also, nun geht’s, wir sind uns einig.“

      Wieder von Schläfrigkeit befallen, hatte Herr Baillehache, ohne sich aufzuregen, das Ende des Streits abgewartet. Er machte die Augen wieder auf, und abschließend sagte er friedfertig:

      „Da ihr euch einig seid, ist’s jetzt genug damit ... Ich werde nun, da ich die Bedingungen kenne, das Schriftstück aufsetzen ... Laßt eurerseits das Land vermessen, nehmt die Aufteilung vor und sagt dem Landvermesser, daß er mir eine Aufstellung schicken soll, die die Bezeichnung der Parzellen enthält. Wenn ihr sie ausgelost habt, brauchen wir nur noch hinter jedem Namen die gezogene Nummer einzusetzen, und wir unterschreiben.“

      Er hatte sich von seinem Lehnsessel erhoben, um sie zu verabschieden.

      Aber zaudernd, überlegend, rührten sie sich noch nicht. War das auch wirklich alles? Vergaßen sie nichts? Hatten sie nicht ein schlechtes Geschäft gemacht, das zu widerrufen vielleicht noch Zeit wäre?

      Es schlug drei Uhr, sie waren seit fast zwei Stunden da.

      „Geht“, sagte schließlich der Notar zu ihnen. „Andere warten.“

      Sie mußten sich entschließen, er drängte sie in die Kanzlei, wo sich tatsächlich Bauern reglos und steif auf den Stühlen geduldeten, während der kleine Schreiber durch das Fenster eine Hundebalgerei verfolgte und die beiden anderen mürrisch immer noch ihre Federn auf dem Stempelpapier kratzen ließen. Draußen verharrte die Familie einen Augenblick, mitten auf der Straße hingepflanzt.

      „Wenn ihr wollt“, sagte der Vater, „wird die Vermessung übermorgen, am Montag, stattfinden.“

      Sie nahmen mit einem Kopfnicken an; die einen ein paar Schritte hinter den anderen, gingen sie die Rue Grouaise hinunter.

      Als dann der alte Fouan und Rose in die Rue du Temple zur Kirche zu eingebogen waren, entfernten sich Fanny und Delhomme durch die Rue Grande. Geierkopf war auf dem Place Saint-Lubin stehengeblieben; er fragte sich immer noch, ob der Vater Geld versteckt hatte oder nicht. Und allein geblieben, ging Jesus Christus, nachdem er seinen Zigarrenstummel wieder angezündet hatte, sich in den Hüften wiegend, ins Café „Bon Laboureur“.

      KAPITEL III

      Das Haus der Fouans war das erste in Rognes am Rande der Landstraße von Cloyes nach Bazoches-le-Doyen, die durch das Dorf verläuft. Und am Montag ging der Alte gleich bei Tagesanbruch um sieben Uhr aus dem Haus, um sich zum vereinbarten Treffpunkt vor der Kirche zu begeben, als er an der Nachbartür seine Schwester, die Große, erblickte, die trotz ihrer achtzig Jahre bereits aufgestanden war.

      Seit Jahrhunderten waren diese Fouans da gesprossen und gewachsen wie eigensinnige und zähe Pflanzen. Als ehemalige Leibeigene der Rognes-Bouquevals, von denen keine Spur übriggeblieben war, kaum ein paar eingegrabene Steine eines zerstörten Schlosses, hatten sie wohl unter Philipp dem Schönen die Freiheit erhalten; und von da an waren sie Grundbesitzer geworden; ein Arpent, zwei Arpents vielleicht, die sie dem Grundherrn bei Geldverlegenheit abkauften und deren Preis mit Schweiß und Blut zehnfach bezahlt wurde. Dann hatte das lange Ringen begonnen, ein vierhundertjähriges Ringen in leidenschaftlicher Verbissenheit, die die Väter ihren Söhnen vermachten, um diesen Besitz zu verteidigen und zu vergrößern: verlorengegangene und zurückgekaufte Landstücke, unaufhörlich wieder in Frage gestellter lächerlich kleiner Besitz, von so hohen Steuern erdrückte Erbschaften, daß sie dahinzuschmelzen schienen, nach und nach jedoch durch dieses Besitzbedürfnis mit einer allmählich siegreichen Zähigkeit vergrößerte Wiesen und Ackerstücke. Generationen erlagen dabei, lange Menschenleben düngten den Boden; als aber die Revolution von 1789 kam und die Rechte des damaligen Fouan, Joseph-Casimir, bestätigte, besaß dieser einundzwanzig Arpents, die in vierhundert Jahren dem ehemaligen herrschaftlichen Gut abgerungen worden waren.

      Im Jahre 1793 war dieser Joseph-Casimir siebenundzwanzig Jahre alt; und an dem Tag, da das, was von dem Gut übriggeblieben war, zum Nationalbesitz erklärt und parzellenweise versteigert wurde, brannte er darauf, einige Hektar davon zu erwerben. Heruntergekommen, verschuldet, überließen die Rognes-Bouquevals schon seit langem, seit sie den letzten Turm des Schlosses hatten einstürzen lassen, ihren Gläubigern das Pachtgeld von La Borderie, von dessen Anbauflächen drei Viertel brach blieben. Es war da vor allem neben einer seiner Parzellen ein großes Stück, nach dem der Bauer mit dem rasenden Verlangen seines Geschlechts gierte. Aber die Ernten waren schlecht, er besaß kaum hundert Taler Ersparnisse in einem alten Topf hinter seinem Ofen; und andererseits hatte ihn, wenn ihm einen Augenblick der Gedanke gekommen war, bei einem Geldverleiher in Cloyes ein Darlehen aufzunehmen, eine ängstliche Vorsicht davon abgehalten: diese Besitztümer der Adligen machten ihm Angst; wer wußte, ob man sie ihm nicht später wieder wegnehmen würde? So daß er, zwischen Verlangen und Mißtrauen schwankend, zu seinem Herzeleid sehen mußte, wie bei den Versteigerungen La Borderie zu einem Fünftel seines Werts Stück um Stück von einem Bürger aus Châteaudun, Isidore Hourdequin, einem ehemaligen Angestellten vom Salzhof, gekauft wurde.

      Joseph-Casimir Fouan hatte, als er alt geworden war, seine einundzwanzig Arpents – sieben für jedes Kind – zwischen seiner Ältesten, Marianne, und seinen beiden Söhnen, Louis und Michel, aufgeteilt; eine jüngere Tochter, Laure, die schneidern gelernt hatte und in Châteaudun untergekommen war, wurde mit Geld abgefunden. Aber die Heiraten zerbrachen diese Gleichheit. Während Marianne Fouan, die Große genannt, einen Nachbarn ehelichte, Antoine Péchard, der ungefähr achtzehn Arpents hatte, lud sich Michel Fouan, Fliege genannt, eine Liebste auf den Hals, der ihr Vater nur zwei Arpents Wein hinterlassen sollte. Louis Fouan, der mit Rose Maliverne, Erbin von zwölf Arpents, verheiratet war, hatte auf diese Weise seinerseits die neun und einen halben Hektar zusammengebracht, die er sich nun anschickte, zwischen seine drei Kinder aufzuteilen, da die Reihe an ihn kam.

      In der Familie war die Große gefürchtet und geachtet, nicht wegen ihres Alters, sondern wegen ihres Vermögens. Sie war noch sehr gerade, sehr groß, hager und hart, hatte starke Knochen und den fleischlosen Kopf eines Raubvogels auf einem langen, welken, blutfarbenen Hals. Bei ihr war die Nase der Familie wie ein schrecklicher Schnabel gebogen; sie hatte runde und starre Augen, kein Haar mehr unter dem gelben Foulardkopftuch, das sie trug, und im Gegensatz dazu alle ihre Zähne, Kinnladen, als müsse sie von Kieselsteinen leben. Sie schritt mit erhobenem Stock, sie ging niemals aus ohne ihren Schlehdornspazierstock, dessen sie sich einzig und allein bediente, um auf Tiere und Menschen einzuschlagen. Sie war zeitig Witwe geworden und allein mit einer Tochter zurückgeblieben, die sie davongejagt hatte, weil sich die Schlampe darauf versteift hatte, gegen ihren Willen einen armen Burschen, Vincent Bouteroue, zu heiraten; und selbst jetzt, da diese Tochter und ihr Mann im Elend gestorben waren und ihr eine Enkeltochter und einen Enkelsohn hinterlassen hatten, Palmyre und Hilarion, sie bereits zweiunddreißig und er vierundzwanzig Jahre alt, hatte sie nicht verziehen; sie ließ die beiden schier vor Hunger verrecken und wollte nicht, daß man sie an ihr Vorhandensein gemahnte. Seit dem Tode ihres Mannes leitete sie persönlich die Bestellung ihrer Äcker, hatte drei Kühe, ein Schwein und einen Knecht, die sie aus dem gemeinsamen Trog nährte; vor Schrekken geradezu auf dem Bauch liegend, gehorchten ihr alle.

      Als Fouan sie an ihrer Tür sah, war er aus Rücksicht näher getreten. Sie war zehn Jahre älter als er, wie das ganze Dorf hegte er für ihre Härte, ihren Geiz, ihr Versessensein aufs Besitzen und aufs Leben Ehrerbietung und Bewunderung.

      „Du, Große, ich wollte dir gerade die Sache mitteilen“, sagte er. „Ich habe mich entschlossen, ich gehe dort rauf wegen der Teilung.“

      Sie antwortete nicht, packte ihren Stock fester und schwenkte ihn.

      „Neulich abend habe ich dich noch um Rat fragen wollen; aber ich habe angeklopft und niemand hat geantwortet.“

      Da platzte sie los mit ihrer schrillen Stimme:

      „Dummkopf! Ich hätte dir schon einen Rat gegeben! Man muß dumm und feige sein, um auf seinen Besitz zu


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