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Der Kaperschiffer vor hundert Jahren. Фредерик МарриетЧитать онлайн книгу.

Der Kaperschiffer vor hundert Jahren - Фредерик Марриет


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so gut von meiner Geburt und meinem Herkommen unterrichtet seid, kaum zu sagen, dass ich meiner Familie durch das Zugeständniss, einer ihrer Söhne befinde sich in einer so unwürdigen Lage, keine Schande machen wollte. Allerdings dachte ich weder damals, noch denke ich jetzt, dass etwas Arges darin liege, wenn man die Unabhängigkeit in einer niederen Stellung einem Leben vorziehe, wie das war, welches mich zu meinem Schritte bewog; indess konnte ich meine Familie nicht bezeichnen, ohne auch anzugeben, warum ich sie verlassen hatte, wesshalb ich lieber schwieg, denn ich hielt mich nicht für berechtigt, Fremden Familiengeheimnisse mitzutheilen. Die Folgen meiner ersten Einführung in vornehmer Gesellschaft waren für mich sehr angenehm, denn ich erhielt von der versammelten Gesellschaft noch viele weitern Einladungen, obschon mein Matrosenanzug nicht sonderlich im Einklang stand mit den gepuderten Perücken und den seidenen Westen der Gentlemen, noch weniger aber mit den Reifröcken und Atlas-Garnirungen, die den Reizen der Damen zur Folie dienen mussten.

      Anfangs machte ich mir nicht eben viel daraus; aber je heimischer ich mich in meinen Kreisen fühlte, desto mehr begann ich mich meines Anzugs zu schämen, namentlich da die jungen Laffen ihre Gläser in die Augen zu stecken pflegten und mich ansahen, als ob ich ein Ungeheuer sei. Ich hatte indess das schönere Geschlecht auf meiner Seite und brauchte daher nicht auf solches Volk zu achten. Die Damen erklärten mich für bezaubernd und erwiesen mir viel Höflichkeit; ja, meine Eitelkeit liess mich sogar öfters argwöhnen, ich sei bei einigen etwas mehr, als ein blos Begünstigter. Namentlich bedeutete mir ein muthwilliges, eroberungssüchtiges Frauenzimmer eines Tages, als ich mit ihr in dem grossen Fenster des Salons stand — da ich in Beziehung dessen, was zwischen der Negerkönigin und mir stattgefunden, so verschwiegen sei, so könne es mir nicht fehlen, über die Gunst und Geneigtheit der Damen zu gebieten, da diese ein rücksichtsvolles Benehmen bei einem so jungen und hübschen Mann stets zu schätzen wüssten. Ich liess mich jedoch durch diese Schmeichelei nicht verlocken, da mir, ich wusste nicht wie es kam, stets die französische Dame und ihr Benehmen vor Augen stand. Ja, ich hatte fast einen Widerwillen — im mindesten Falle eine völlige Gleichgültigkeit gegen das schöne Geschlecht eingesogen.

      Dieser Zutritt in gute Gesellschaft übte übrigens eine Wirkung auf mich — er machte mich sorgfältiger in meinem Anzug, so dass jetzt alle meine Löhnung auf Ausstattung meines Aeusseren verwendet wurde. Wie Ihr Euch erinnern werdet, Madame, waren damals unter den Seeleuten nur zwei Arten, sich zu tragen, üblich, die eine unter denen, welche in den nördlichen Seen segelten, die andere unter den Schiffern in tropischen Gegenden, je nachdem es eben für das Klima passte. Die Matrosen des Nordens trugen die Jacke, einen wollenen Kittel, Hosen, einen leinenen Ueberwurf, wollene Strümpfe, Schuhe und Schnallen, wozu gewöhnlich noch die Pelsmütze kam. Bei den andern war die Jacke leicht, kurz und mit hängenden Knöpfen versehen; über den Bund der Beinkleidung lief eine rothe Schärpe, die zierlichen Schuhe waren mit Schnallen geschmückt und den Kopf bedeckte eine Mütze mit niederhängendem Boden oder ein Federhut. Den letzteren hatte ich, da ich mich blos in warmen Klimaten herumgetrieben, stets getragen, und ich pflegte statt der Perücke, die ich nie sonderlich leiden konnte, obschon sie auch unter den Seeleuten sehr gewöhnlich war, mein Haar in seine natürlichen Locken zu kämmen. In den durchbohrten Ohren hatte ich lange goldene Ohrenringe und in den Schuhen vergoldete Schnallen. Aber abgesehen von dem Anzuge, den ich allmählig in seinem Material verschönerte, kam mir auch mein Umgang mit Leuten von Stande in so fern zu Statten, dass meine Sitten sich verfeinerten.

      Ich hatte mich ungefähr zwei Monate in Liverpool aufgehalten, in der Erwartung, dass ein Schiff seine Ladung löschen und dafür ein anderes Cargo einnehmen würde, als ein Kaper, welcher demselben Eigenthümer gehörte, mit vier Prisen von beträchtlichem Werthe im Hafen anlangte. Tags darauf lud mich der Schiffsherr zu sich ein, um mich dem Kapitän, der den Kaper commandirte, vorzustellen.

      Dieser sah ganz anders aus, als Kapitän Weatherall, welcher ein stämmiger, starkgliederiger Mann mit wetterbraunem Gesichte gewesen war. Er mochte ungefähr sechsundzwanzig zählen, hatte eine dunkle Hautfarbe mit pechschwarzen Haaren und Augen, und war etwas schmächtig von Person. Man hätte ihn einen sehr schönen Juden nennen können, denn der Schnitt seines Gesichtes war israelitisch, und ich machte auch später die Entdeckung, dass seine Abkunft dem Aeusseren entsprach, obschon ich nicht gerade sagen könnte, dass er je den Gebräuchen dieses merkwürdigen Volkes nachgekommen wäre. Er war schön gekleidet, hatte seine Haare leicht gepudert, trug einen Litzenrock mit dergleichen Weste, eine blaue Schärpe mit langen Beinkleidern, einen Gürtel, in welchem ein Dolch und mit Silber ausgelegte Pistolen stacken, und an seiner Seite hing ein zierlicher Säbel. An dem Finger hatte er mehrere Diamantringe, während er in der Hand ein damascirtes Rohr trug. Mit einem Worte, ich war noch nie mit einer so schmucken und gewinnenden Aussenseite zusammengetroffen, und würde ihn wohl eher für den Befehlshaber eines königlichen Schiffs als für den Kapitän eines Liverpooler Kapers gehalten haben. In der Unterhaltung sprach er gut und geläufig, dabei aber mit einer Miene selbstbewusster Entschiedenheit, und er wusste in der Gesellschaft stets den Ton anzugeben, selbst da, wo man ihn durchaus nicht als die Hauptperson betrachten konnte. Der Schiffseigenthümer theilte mir im Verlauf des Abends mit, dass er ein trefflicher Offizier von grossem persönlichem Muthe sei, der schon viel Geld errungen habe, aber es stets verschleudere, sobald er es in seiner Tasche spüre.

      Dieser Mann, welcher den Namen Levee führte (wahrscheinlich eine Umwandlung von Levi), machte einen sehr guten Eindruck auf mich, und da ich fand, dass er meine Bekanntschaft nicht verschmähte, so gab ich mir Mühe, ihm zu gefallen. Auch standen wir zur Zeit, als mein Schiff zum Aussegeln bereit war, bereits auf sehr vertrautem Fuss. Ich fand nunmehr, dass ich zu dem Amt eines ersten Maten vorgerückt war — eine Beförderung, die mir grosse Freude machte.

      Wir segelten mit einem nicht schweren, assortirten Kargo aus, und während unserer Fahrt begegnete uns nichts von Bedeutung. Wir machten einen guten Handel an der Küste, an der wir hinliefen, indem wir unsere gedruckten Kattune und Eisenwaaren gegen Elfenbein, Goldstaub und Wachs eintauschten. Nachdem wir uns sechs Wochen an der Küste aufgehalten, fuhren wir in den Senegal ein, um daselbst den Rest unserer Ladung zu veräussern, die uns von dem Gouverneur des Forts abgenommen wurde. Er liess uns immerhin einen schönen Nutzen, obschon der Tausch lange nicht so einträglich war, wie unser Küstenverkehr; doch dies liess sich auch nicht wohl erwarten, da wir eigentlich nur noch mit ausgelesener Waare versehen waren. Der Kapitän war sehr erfreut in dem Bewusstsein, dass der Eigenthümer mit ihm zufrieden sein würde, und seine Zufriedenheit wurde durch den Umstand nicht wenig erhöht, dass er für eigene Rechnung bei dem Kargo mitspekulirt hatte. Der Rest des Elfenbeins aus den Vorräthen des Gouverneurs war eben eingelaufen, und wir hatten nur noch hinreichenden Mundvorrath und Wasser für die Heimreise einzunehmen, als ein Vorfall stattfand, den ich hier berichten muss. Unsere Mannschaft bestand aus dem Kapitän, mir, der die Stelle des ersten Maten begleitete, dem zweiten Maten und zwölf Matrosen, von denen vier früher mit mir in der Gefangenschaft der Neger gewesen, und in derselben Weise, wie ich bei Gelegenheit unserer frühern Reise berichtete, befreit worden waren. Diese vier Männer liebten mich sehr, vielleicht hauptsächlich wegen meines Wohlwollens gegen sie in der Zeit, als ich Sklave der Königin Whyna war; denn ich sorgte für sie in aller nur möglichen Weise, und wusste die Verwendung meiner Gebieterin dahin zu benützen, dass sie stets von der Tafel des Königs mit reichlichem Mundvorrath versehen wurden. Den zweiten Maten und die übrigen acht Matrosen hatten wir zu Liverpool eingenommen; es waren schöne kräftige Leute, aber von sehr lockerem Charakter, obschon wir dies erst nach unserer Ausfahrt entdeckten. Im Senegal lag neben uns eine niedrige schwarze Brigg vor Anker, die im Sklavenhandel Geschäfte machte und gleichzeitig mit uns in der Bai eingelaufen war — letzteres sehr zur Ueberraschung der Mannschaft, denn obschon sie als eine sehr schnelle Seglerin galt, war sie doch in allen Punkten durch unser Schiff ausgestochen worden, welches man für das schnellste Liverpooler Fahrzeug hielt. Die Mannschaft des Sklavenhändlers war sehr zahlreich und eine so blutdürstige Bande, wie mir nur je eine vorgekommen ist. Ihr Boot lag stets neben unserem Fahrzeug, und ich bemerkte, dass ihre Besuche vorzugsweise den acht Matrosen galten, welche wir zu Liverpool eingenommen hatten; mit der übrigen Mannschaft schienen sie sich auf keine Bekanntschaft einlassen zu wollen. Dies machte meinen Argwohn rege, und obschon ich vor der Hand schwieg, waren meine Augen und Ohren doch nicht träge. Als ich eines Vormittags am Fusse der Hüttentreppe stand und unter der Tempellucke vom Deck aus nicht bemerkt werden konnte, vernahm ich, wie unsere Leute


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