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Jungfrauen-Schloß. Michael MarburgЧитать онлайн книгу.

Jungfrauen-Schloß - Michael Marburg


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      „Bis zum nächsten Dorf sind es etwa acht Kilometer“, sagte der Fahrer und nahm gekonnt eine enge Kurve. „Und in der Richtung, in der Sie gingen, sind es elf Kilometer.“

      „Also haben Sie mir tatsächlich das Leben gerettet“, erwiderte Martin. „Denn bis dorthin wäre ich im Leben nicht mehr gekommen.“

      „Das haben wir uns auch gedacht“, meinte der Fahrer. Martin tastete nach seinen Zigaretten. Er fand sie, aber sie nutzten ihm nichts, denn sie waren total durchnäßt. Der Fahrer verringerte die Geschwindigkeit. Im Lichte der Scheinwerfer, hinter den surrenden Scheibenwischern, tauchte die Abzweigung einer schmalen Nebenstraße auf. Der Wagen bog ein.

      Es ging bergauf, die schmale Straße wand sich durch den dichten Wald. Einzelne Felsgruppen ragten rechts und links von der Straße auf.

      „Liegt hier oben überhaupt ein Dorf?“ fragte Martin. „Wir sind gleich da“, erwiderte der Fahrer.

      Sie waren wirklich da, denn hinter einer sehr engen Kurve tauchte plötzlich eine Zugbrücke aus der Finsternis, und sie führte in eine Burg hinein.

      Der Wagen rollte über die Zugbrücke, passierte die torbogenähnliche Einfahrt und erreichte den Burghof. Er war von drei Seiten mit Baulichkeiten umgeben, auf der vierten Seite gab es nur eine Wehrmauer.

      Links stand ein Tor offen. Der Wagen fuhr hinein. Kein Regen prasselte mehr auf das Wagendach. Das Geräusch des Motors erstarb.

      „Bitte, steigen Sie aus“, sagte der Fahrer und tat es selbst. Licht flammte auf.

      Während Martin aus dem Wagen kletterte, sah er, daß in der gewölbeartigen Garage noch drei andere Wagen standen. Ein Jaguar, ein Mercedes und ein schnittiger Sportwagen.

      „Hier entlang, bitte“, sagte der Fahrer und winkte Martin, ihm zu folgen.

      Während die Frau rasch ausschritt und einer eisenbeschlagenen alten Tür zustrebte, folgten der Fahrer und Martin ihr. Hinter der Tür lag ein sehr schöner Raum mit schwarzer Balkendecke, schweren alten Möbeln und zahllosen Jagdtrophäen an den Wänden. Über einem Kamin hing der mächtige Kopf eines Elches. Eine Art Jagdzimmer, dachte Martin beeindruckt.

      Noch ehe er sich richtig umgesehen hatte, war die Frau schon verschwunden. Der Fahrer stand drüben, nahm seine graue Mütze ab und betrachtete Martin lächelnd. „Sie sehen ja schlimm aus“, sagte er.

      Martin blickte an sich hinunter. Dieser Bemerkung war nichts hinzuzufügen.

      „Ich weiß nicht, wie lange ich durch den Regen geirrt bin“, sagte Martin kläglich. „Ich weiß aber genau, daß ich zweimal auf Gottes Erdboden gelandet bin. Zuletzt im Straßengraben.“

      „Kommen Sie bitte“, sagte der Fahrer.

      Martin war alles egal. Er folgte dem anderen. Hinter dem Jagdzimmer erreichten sie eine große Halle, zwei Stockwerke hoch. An den Wänden standen Ritterrüstungen, altersdunkle Gemälde hingen zwischen ihnen, in den Ecken des Raumes schwangen sich zwei breite, hölzerne Wendeltreppen in die Höhe. Auf dem Boden lag ein riesiger alter Perserteppich.

      Der Fahrer stieg eine der beiden Treppen hinauf. Auf dem roten Läufer, der über die Stufen gespannt war, hinterließen Martins Schuhe unschöne Flecken.

      Oben gab es eine Galerie, nach rechts und nach links zweigten Korridore ab. Gobelins waren hier der Wandschmuck. Der Fahrer wählte den linken Korridor und stieß nach etwa sieben oder acht Metern eine Tür auf. „Hier können Sie aus sich wieder einen Menschen machen“, sagte der Fahrer und wies in den Raum, der dahinter lag. „Ich bringe Ihnen einen Hausmantel, damit Sie aus Ihren nassen Sachen herauskönnen.“

      „Sehr liebenswürdig“, murmelte Martin. „Sie sind für mich der reinste Engel, wissen Sie das?“

      „Freut mich“, grinste der Fahrer. „Vermutlich haben Sie Hunger, nicht wahr?“

      „Ich könnte die Zähne in die Wand schlagen“, entgegnete Martin Hoffmann.

      „Wenn Sie fertig sind, kommen Sie herunter in die Halle. Ich werde dafür sorgen, daß Sie etwas zwischen die Zähne bekommen“, erklärte der Fahrer. „Selbstverständlich können Sie über Nacht hierbleiben.“

      „Ich weiß nicht, ob ich das annehmen darf …“

      „Sie können es ruhig annehmen, denn wenn Sie nicht bleiben wollen, muß ich noch einmal den Wagen aus dem Stall holen, und dazu habe ich keine Lust mehr. Ich habe einen langen Tag hinter mir, verstehen Sie? Ich komme gerade aus München.“

      „Ich verstehe. Und vielen Dank auch für alles. Bei wem habe ich eigentlich die Ehre?“

      „Sie befinden sich auf dem Sitz der Komteß von Bregg. Es war die Dame, die mit mir im Wagen saß. Ich bin Peter, Mädchen für alles, unter anderem Fahrer und Menschenretter.“

      „Sie scheinen eine wahre Perle zu sein“, grinste Martin. Peter grinste zurück und ging. Martin schaute sich um. Er stand in einem sehr schönen, salonähnlichen Raum, der mit alten Möbeln stilvoll ausgestattet war. Hinter einer Tür fand Martin ein Schlafzimmer, in dem ein Himmelbett stand. Tatsächlich, eines mit gedrechselten Pfosten und einem gelben Baldachin, bestickt mit bunten Blumen und phantastischen Tieren. Neben dem Schlafzimmer fand Martin ein hochmodernes Bad, in dem es an nichts fehlte. Die Armaturen waren vergoldet, die Spiegel waren riesig.

      Martin riß sich die nassen Kleider vom Leibe. Eine Minute später stand er unter der Dusche und wurde wieder ein Mensch.

      Angetan mit einem dunkelroten Hausmantel, den der Fahrer inzwischen gebracht hatte, stieg Martin über die Wendeltreppe in die Halle hinunter.

      Der Fahrer stand unten.

      „Na, wie fühlen Sie sich?“ fragte er freundlich.

      „Wie im Himmel“, sagte Martin.

      „Kommen Sie bitte.“

      Wieder ging es durch eine Tür. Diesmal gelangte Martin in einen kleinen Speiseraum. Auch hier herrliche alte Möbel, in der Mitte ein runder Tisch mit ein paar Stühlen. Auf dem Tisch lag ein Gedeck.

      „Ich nehme an“, sagte der Fahrer, „daß Sie was Scharfes gut vertragen können.“ Er zauberte eine Cognacflasche herbei und goß zwei Gläser voll.

      „Auf Ihr zweites Leben“, grinste der Fahrer.

      „Auf meine Retter“, sagte Martin und kippte das Zeug hinunter. Es rann wie Feuer durch seine Kehle. „Übrigens, ich heiße Hoffmann, Martin Hoffmann.“

      „Angenehm. Ich für meinen Teil ziehe mich jetzt zurück. Marion wird von jetzt an für Sie sorgen. Sie muß jeden Moment hereinkommen.“

      „Dann gibt es also noch mehr solche Engel wie Sie in dieser Burg?“ fragte Martin.

      Der Fahrer, der Peter hieß und müde war, wurde einer Antwort enthoben, denn Marion kam herein.

      Sie war jung, zweiundzwanzig vielleicht, hatte blondes langes Haar, ein hübsches, pikantes Gesicht mit vollen Lippen. Sie trug ein schwarzes Kleid mit einer weißen Schürze. Das Kleid war kurz, es bedeckte etwa die Hälfte der Oberschenkel. Unter dem Kleid wölbten sich zwei volle Brüste.

      Marion lächelte freundlich und brachte ein Tablett mit. Spiegeleier mit Schinken, kaltes Fleisch, Wurst, Käse. „Guten Abend“, sagte Marion höflich. „Hoffentlich schmeckt es Ihnen, ich konnte in der Eile leider nicht mehr auf die Beine stellen.“

      „Ich sagte bereits, hier gibt es offenbar nur Engel“, sagte Martin und spürte den Donner in seinem Magen.

      Der Fahrer zog sich zurück, Martin stürzte sich über das Essen. Er war hungrig wie ein Wolf. Marion war wieder verschwunden. In jeder anderen Situation hätte Martin seine Blicke viel länger auf dem hübschen Mädchen ruhen lassen, jetzt aber mußte er erst einmal etwas zwischen die Rippen bekommen.

      Zehn Minuten später war Martin Hoffmann gesättigt wie ein Negerstamm nach einem gut gegrillten Watussi. „Uff!“ machte Martin,


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