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Aus dem Leben eines Taugenichts. Joseph von EichendorffЧитать онлайн книгу.

Aus dem Leben eines Taugenichts - Joseph von Eichendorff


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langen Haut. – Mir ist’s nirgends recht. Es ist, als wäre ich überall eben zu spät gekommen, als hätte die ganze Welt gar nicht auf mich gerechnet.

      Wie ich eben so philosophiere, höre ich auf einmal unten im Grase etwas einherrascheln. Zwei feine Stimmen sprachen ganz nahe und leise miteinander. Bald darauf bogen sich die Zweige in dem Gesträuche auseinander, und die Kammerjungfer steckte ihr kleines Gesichtchen, sich nach allen Seiten umsehend, zwischen der Laube hindurch. Der Mondschein funkelte recht auf ihren pfiffigen Augen, wie sie hervorguckten. Ich hielt den Atem an mich und blickte unverwandt hinunter. Es dauerte auch nicht lange, so trat wirklich die Gärtnerin, ganz so wie mir sie die Kammerjungfer gestern beschrieben hatte, zwischen den Bäumen heraus. Mein Herz klopfte mir zum Zerspringen. Sie aber hatte eine Larve vor und sah sich, wie mir schien, verwundert auf dem Platze um. – Da wollt’s mir vorkommen, als wäre sie gar nicht recht schlank und niedlich. — Endlich trat sie ganz nahe an den Baum und nahm die Larve ab. – Es war wahrhaftig die andere ältere gnädige Frau!

      Wie froh war ich nun, als ich mich vom ersten Schrecke erholt hatte, dass ich mich hier oben in Sicherheit befand. Wie in aller Welt, dachte ich, kommt die nur jetzt hierher? wenn nun die liebe, schöne, gnädige Frau die Blumen abholt – das wird eine schöne Geschichte werden! Ich hätte am Ende weinen mögen vor Ärger über den ganzen Spektakel.

      Indem hub die verkappte Gärtnerin unten an: „Es ist so stickend heiss droben im Saale, ich musste gehen, mich ein wenig abzukühlen in der freien, schönen Natur.“ Dabei fächelte sie sich mit der Larve in einem fort und blies die Luft von sich. Bei dem hellen Mondscheine konnte ich deutlich erkennen, wie ihr die Flechsen am Halse ordentlich angeschwollen waren; sie sah ganz erbost aus und war ziegelrot im Gesichte. Die Kammerjungfer suchte unterdes hinter allen Hecken herum, als hätte sie eine Stecknadel verloren.

      „Ich brauche so notwendig noch frische Blumen zu meiner Maske,“ fuhr die Gärtnerin von neuem fort, „wo er auch stecken mag!“ – Die Kammerjungfer suchte und kicherte dabei immerfort heimlich in sich selbst hinein. – „Sagtest du was, Rosette?“ fragte die Gärtnerin spitzig. – „Ich sage, was ich immer gesagt habe,“ erwiderte die Kammerjungfer und machte ein ganz ernsthaftes, treuherziges Gesicht, „der ganze Einnehmer ist und bleibt ein Lümmel, er liegt gewiss irgendwo hinter einem Strauche und schläft.“

      Mir zuckte es in allen meinen Gliedern, herunterzuspringen und meine Reputation zu retten – da hörte man auf einmal ein grosses Pauken und Musizieren und Lärmen vom Schlosse her.

      Nun hielt sich die Gärtnerin nicht länger. „Da bringen die Menschen,“ fuhr sie verdriesslich auf dem Herrn das Vivat. Komm, man wird uns vermissen!“ — Und hiermit steckte sie die Larve schnell vor und ging wütend mit der Kammerjungfer nach dem Schlosse zu fort. Die Bäume und Sträucher wiesen kurios, wie mit langen Nasen und Fingern, hinter ihr drein, der Mondschein tanzte noch fix, wie über eine Klaviatur, über ihre breite Taille auf und nieder, und so nahm sie, so recht wie ich auf dem Theater manchmal die Sängerinnen gesehen, unter Trompeten und Pauken schnell ihren Abzug.

      Ich aber wusste in meinem Baume droben eigentlich gar nicht recht, wie mir geschehen, und ich richtete nunmehr meine Augen unverwandt auf das Schloss hin; denn ein Kreis hoher Windlichter unten an den Stufen des Einganges warf dort einen seltsamen Schein über die blitzenden Fenster und weit in den Garten hinein. Es war die Dienerschaft, die soeben ihrer jungen Herrschaft ein Ständchen brachte. Mitten unter ihnen stand der prächtig aufgeputzte Portier wie ein Staatsminister vor einem Notenpulte und arbeitete sich emsig an einem Fagotte ab.

      Wie ich mich soeben zurechtsetzte, um der schönen Serenade zuzuhören, gingen auf einmal oben auf dem Balkone des Schlosses die Flügeltüren auf. Ein hoher Herr, schön und stattlich in Uniform und mit vielen funkelnden Sternen, trat auf den Balkon heraus und an seiner Hand – die schöne junge gnädige Frau, in ganz weissem Kleide, wie eine Lilie in der Nacht oder wie wenn der Mond über das klare Firmament zöge.

      Ich konnte keinen Blick von dem Platze wenden, und Garten, Bäume und Felder gingen unter vor meinen Sinnen, wie sie so wundersam beleuchtet von den Fackeln hoch und schlank dastand und bald anmutig mit dem schönen Offizier sprach, bald wieder freundlich zu den Musikanten herunter nickte. Die Leute unten waren ausser sich vor Freude, und ich hielt mich am Ende auch nicht mehr und schrie immer aus Leibeskräften Vivat mit.

      Als sie aber, bald darauf wieder von dem Balkone verschwand, unter eine Fackel nach der anderen verlöschte und die Notenpulte weggeräumt wurden und nun der Garten ringsumher auch wieder finster wurde und rauschte wie vorher – da merkt’ ich erst alles – da fiel es mir auf einmal aufs Herz, dass mich wohl eigentlich nur die Tante mit den Blumen bestellt hatte, dass die Schöne gar nicht an mich dachte und lange verheiratet ist, und dass ich selber ein grosser Narr war.

      Alles das versenkte mich recht in einen Abgrund von Nachsinnen. Ich wickelte mich, gleich einem Igel, in die Stacheln meiner eigenen Gedanken zusammen: vom Schlosse schallte die Tanzmusik nur noch seltener herüber, die Wolken wanderten einsam über den dunkeln Garten weg. Und so sass ich auf dem Baume droben wie die Nachteule in den Ruinen meines Glückes die ganze Nacht hindurch.

      Die kühle Morgenluft weckte mich endlich aus meinen Träumereien. Ich erstaunte ordentlich, wie ich so auf einmal um mich her blickte. Musik und Tanz waren lange vorbei, im Schlosse und rings um das Schloss herum auf dem Rasenplatze und den steinernen Stufen und Säulen sah alles so still, kühl und feierlich aus nur der Springbrunnen vor dem Eingange plätscherte einsam in einem fort. Hin und her in den Zweigen neben mir erwachten schon die Vögel, schüttelten ihre bunten Federn und sahen, die kleinen Flügel dehnend, neugierig und verwundert ihren seltsamen Schlafkameraden an. Fröhlich schweifende Morgenstrahlen funkelten über den Garten weg auf meine Brust.

      Da richtete ich mich in meinem Baume auf und sah seit langer Zeit zum ersten Male wieder einmal so recht weit in das Land hinaus, wie da schon einzelne Schiffe auf der Donau zwischen den Weinbergen herabfuhren und die noch leeren Landstrassen wie Brücken über das schimmernde Land sich fern über die Berge und Täler hinausschwangen.

      Ich weiss nicht, wie es kam – aber mich packte da auf einmal wieder meine ehemalige Reiselust: alle die alte Wehmut und Freude und grosse Erwartung. Mir fiel dabei zugleich ein, wie nun die schöne Frau droben auf dem Schlosse zwischen Blumen und unter seidenen Decken schlummerte und ein Engel bei ihr auf dem Bette sässe in der Morgenstille. – Nein, rief ich aus, fort muss ich von hier, und immerfort, so weit, als der Himmel blau ist!

      Und hiermit nahm ich mein Körbchen und warf es hoch in die Luft, so dass es recht lieblich anzusehen war, wie die Blumen zwischen den Zweigen und auf dem grünen Rasen unten bunt umherlagen. Dann stieg ich selber schnell herunter und ging durch den stillen Garten auf meine Wohnung zu. Gar oft blieb ich da noch stehen auf manchem Plätzchen, wo ich sie sonst wohl einmal gesehen oder im Schatten liegend an sie gedacht hatte.

      In und um mein Häuschen sah alles noch so aus, wie ich es gestern verlassen hatte. Das Gärtchen war geplündert und wüst, im Zimmer drin lag noch das grosse Rechnungsbuch aufgeschlagen, meine Geige, die ich schon fast ganz vergessen hatte, hing verstaubt an der Wand. Ein Morgenstrahl aber aus dem gegenüberstehenden Fenster fuhr gerade blitzend über die Saiten. Das gab einen rechten Klang in meinem Herzen. Ja, sagt’ ich, komm nur her, du getreues Instrument! Unser Reich ist nicht von dieser Welt!

      Und so nahm ich die Geige von der Wand, liess Rechnungsbuch, Schlafrock, Pantoffeln, Pfeifen und Parasol liegen und wanderte, arm wie ich gekommen war, aus meinem Häuschen und auf der glänzenden Landstrasse von dannen.

      Ich blickte noch oft zurück; mir war ganz seltsam zumute, so traurig und doch auch wieder so überaus fröhlich, wie einem Vogel, der aus seinem Käfige ausreisst. Und als ich schon eine weite Strecke gegangen war, nahm ich draussen im Freien meine Geige vor und sang:

      Den lieben Gott lass ich nur walten;

      Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld

      Und Erd’ und Himmel tut erhalten,

      Hat auch mein’ Sach’ aufs best’ bestellt!

      Das Schloss, der Garten und die Türme von Wien waren schon hinter mir im Morgendufte versunken, über mir jubilierten unzählige


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