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zu glatten Werkzeugen zu polieren. Ein menschenähnliches Thier, welches eine Hand und einen Arm besaß, hinreichend vollkommen, um einen Stein mit Genauigkeit zu werfen oder einen Feuerstein in ein rohes Werkzeug zu formen, konnte bei hinreichender Übung, wie sich wohl kaum zweifeln läßt, fast Alles machen, soweit nur mechanische Geschicklichkeit in Betracht kommt, was ein civilisierter Mensch machen kann. Die Structur der Hand läßt sich in dieser Beziehung mit der der Stimmorgane vergleichen, welche bei den Affen zum Ausstoßen verschiedener Signalrufe oder, wie in einer Species, musikalischer Cadenzen gebraucht werden. Aber beim Menschen sind völlig ähnliche Stimmorgane, in Folge der vererbten Wirkungen des Gebrauchs, der Äußerung articulierter Sprache angepaßt worden.
Wenden wir uns nun zu den nächsten Verwandten des Menschen und daher auch zu den besten Repräsentanten unserer früheren Urerzeuger, so finden wir, daß die Hände bei den Vierhändern nach demselben allgemeinen Plane wie bei uns gebaut, aber viel weniger vollkommen verschiedenartiger Benutzung angepaßt sind. Ihre Hände dienen nicht so gut wie die Füße eines Hundes zur Locomotion, wie wir bei denjenigen Affen sehen können, welche auf den äußeren Rändern der Sohlen oder auf dem Rücken ihrer gebogenen Finger gehen, wie der Schimpanse und Orang.127 Indessen sind ihre Hände für das Erklimmen von Bäumen wunderbar geeignet. Affen ergreifen dünne Zweige oder Taue mit dem Daumen auf der einen und den Fingern und der Handfläche auf der andern Seite, in derselben Weise wie wir es thun. Sie können auch ziemlich große Gegenstände, wie den Hals einer Flasche, zu ihrem Munde führen. Paviane wenden Steine um und scharren Wurzeln mit ihren Händen aus. Sie ergreifen Nüsse, Insecten oder andere kleine Gegenstände so, daß dabei der Daumen den übrigen Fingern gegenübergestellt wird, und ohne Zweifel ziehen sie in dieser Weise Eier und junge Vögel aus den Nestern. Amerikanische Affen schlagen die wilden Orangen auf Zweige auf, bis die Rinde geborsten ist, und zerren diese dann mit den Fingern ihrer beiden Hände ab. Sie schlagen im wilden Zustande harte Früchte mit Steinen auf. Andere Affen öffnen Muschelschalen mit den beiden Daumen. Mit ihren Fingern ziehen sie Dornen und Grannen aus und suchen einander die Schmarotzer ab. Sie rollen Steine herab oder werfen sie nach ihren Feinden. Nichtsdestoweniger führen sie aber diese verschiedenen Handlungen ungeschickt aus, und wie ich selbst gesehen habe, sind sie vollständig außer Stande, einen Stein mit Präcision zu werfen. Es scheint mir durchaus nicht richtig zu sein, daß, weil »Gegenstände nur ungeschickt von Affen erfaßt« werden, ein viel weniger »specialisiertes Greiforgan« ihnen ebensogut gedient haben würde,128 wie ihre gegenwärtigen Hände. Im Gegentheil, ich sehe keinen Grund zu zweifeln, ob nicht eine noch vollkommener construierte Hand für sie ein Vortheil gewesen wäre, vorausgesetzt, und es ist von Wichtigkeit, dies hervorzuheben, daß ihre Hände damit für das Erklettern von Bäumen nicht weniger geschickt geworden wären. Wir dürfen vermuthen, daß eine so vollkommene Hand wie die des Menschen von Nachtheil für das Klettern gewesen wäre, da die am meisten auf Bäumen lebenden Affen in der Welt, nämlich Ateles in Amerika, Colobus in Afrika und Hylobates in Asien, entweder keine Daumen oder ihre Finger zum Theil mit einander verwachsen haben, so daß ihre Hände in bloße Greifhaken verwandelt worden sind.129
Sobald irgend ein frühes Glied in der großen Reihe der Primaten in Folge einer Veränderung der Art und Weise seine Subsistenz zu erlangen oder einer Veränderung in den Bedingungen seines Heimathlandes dazu gelangte, etwas weniger auf Bäumen und mehr auf dem Boden zu leben, würde seine Art, sich fortzubewegen, modificiert worden sein; und in diesem Falle wird die Form entweder noch eigentlicher vierfüßig oder strenger zweifüßig haben werden müssen. Paviane bewohnen bergige oder felsige Districte und klettern nur nothgedrungen auf hohe Bäume,130 sie haben daher auch fast die Gangart eines Hundes angenommen. Nur der Mensch ist ein Zweifüßer geworden; und wir können, wie ich glaube, zum Theil sehen, wie er dazu gekommen ist, die aufrechte Stellung zu erhalten, welche eines seiner auffallendsten Merkmale bildet. Der Mensch hätte seine jetzige herrschende Stellung in der Welt nicht ohne den Gebrauch seiner Hände erreichen können, welche so wunderbar geeignet sind, seinem Willen folgend thätig zu sein. Wie Sir C. Bell betont:131 »die Hand ersetzt alle Instrumente und durch ihr Zusammenwirken mit dem Intellect verleiht sie ihm universelle Herrschaft«. Die Hände und Arme hätten aber kaum hinreichend vollkommen werden können, Waffen zu fabricieren oder Steine und Speere nach einem bestimmten Ziele zu werfen, solange sie gewohnheitsgemäß zur Locomotion benutzt worden wären, wobei sie das ganze Gewicht des Körpers zu tragen hatten, oder solange sie speciell, wie vorher schon bemerkt wurde, zum Erklettern von Bäumen angepaßt waren. Eine derartige rohe Behandlung würde auch den Gefühlssinn abgestumpft haben, von dem ihr fernerer Gebrauch zum großen Theil abhing. Schon aus diesen Ursachen allein wird es ein Vortheil für den Menschen gewesen sein, daß er ein Zweifüßer geworden ist; aber für viele Handlungen ist es unentbehrlich, daß beide Arme und der ganze obere Theil des Körpers frei seien, und zu diesem Zweck mußte er fest auf seinen Füßen stehen. Um diesen großen Vortheil zu erlangen, sind die Füße platt geworden und ist die große Zehe eigenthümlich modificiert, obgleich dies den Verlust der Fähigkeit zum Greifen mit sich gebracht hat. Es ist in Übereinstimmung mit dem Princip der physiologischen Arbeitsteilung, welches durch das ganze Thierreich hindurch herrscht, daß in dem Maße, wie die Hände zum Greifen vervollkommnet wurden, die Füße sich mehr zum Tragen und zur Locomotion ausbildeten. Doch haben bei einigen Wilden die Füße ihr Greifvermögen nicht vollständig verloren, wie durch die Art des Erkletterns von Bäumen und durch den Gebrauch, der in verschiedener Weise von ihnen gemacht wird, bewiesen wird.132
War es ein Vortheil für den Menschen, seine Hände und Arme frei zu haben und fest auf seinen Füßen zu stehen, woran sich nach seinem so ausgezeichneten Erfolge in dem Kampfe um's Dasein nicht zweifeln läßt, dann kann ich keinen Grund sehen, warum es für die Urerzeuger des Menschen nicht hätte vortheilhaft gewesen sein sollen, immer mehr und mehr aufrecht oder zweifüßig zu werden. Sie würden dadurch besser im Stande gewesen sein, sich mit Steinen und Keulen zu vertheidigen oder ihre Beute anzugreifen oder auf andere Weise Nahrung zu erlangen. Die am besten gebauten Individuen werden in der Länge der Zeit am besten Erfolg gehabt haben und in größerer Zahl am Leben geblieben sein. Wenn der Gorilla und einige wenige verwandte Formen ausgestorben wären, würde man mit großer Überzeugungskraft und scheinbar mit sehr viel Recht zu dem Schlusse getrieben werden, daß ein Thier nicht allmählich aus einem Vierfüßer in einen Zweifüßer umgewandelt worden sein könnte, da alle Individuen in einem Zwischenzustand erbärmlich schlecht zum Gehen angelegt gewesen wären. Aber wir wissen (und dies ist wohl der Überlegung werth), daß mehrere Affen jetzt factisch sich in diesem Zwischenzustand befinden, und Niemand zweifelt, daß sie einen im Ganzen ihren Lebensbedingungen gut angepaßten Bau haben. So läuft der Gorilla mit einem seitlich watschelnden Gang, schreitet aber gewöhnlich so fort, daß er sich auf seine gebeugten Hände stützt. Die langarmigen Affen gebrauchen gelegentlich ihre Arme wie Krücken, indem sie ihren Körper zwischen denselben nach vorwärts schwingen, und einige Arten von Hylobates können, ohne daß es ihnen gelehrt worden wäre, mit ziemlicher Schnelligkeit aufrecht gehen oder laufen. Doch bewegen sie sich ungeschickt und viel weniger sicher als der Mensch. Kurz, wir sehen bei den jetzt lebenden Affen verschiedene Abstufungen zwischen einer Form der Bewegung, welche streng der eines Vierfüßers gleicht, und der eines Zweifüßers oder des Menschen; doch nähern sich, wie ein unparteiischer Beurtheiler betont,133 die anthropomorphen Affen in ihrem Bau mehr dem zweifüßigen als dem vierfüßigen Typus.
In dem Maße, wie die Urerzeuger des Menschen mehr und mehr aufrecht wurden, ihre Hände und Arme mehr und mehr zum Greifen und zu andern Zwecken, und ihre Beine und Füße gleichzeitig zur sichern Stütze und zur Ortsbewegung modificiert wurden, werden auch endlose andere Veränderungen im Bau nothwendig geworden sein. Das Becken muß breiter, das Rückgrat eigenthümlich gebogen und der Kopf in einer veränderten Stellung befestigt worden sein; und alle diese Veränderungen sind