Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз ДарвинЧитать онлайн книгу.
durch Gewohnheit, – Beispiel und Nachahmung, – Verstand, – Erfahrung und selbst eigenes Interesse, – Unterricht während der Jugend und religiöse Gefühle.
Ein äußerst bedeutungsvolles Hemmnis für die Zunahme der Zahl von Menschen einer höheren Classe in civilisierten Ländern ist von Mr. Greg und Mr. Galton sehr scharf hervorgehoben worden,303 nämlich die Thatsache, daß die sehr Armen und Leichtsinnigen, welche oft durch Laster heruntergekommen sind, fast unabänderlich früh heirathen, während die Sorgsamen und Mäßigen, welche meist auch in anderer Beziehung tugendhaft sind, spät im Leben heirathen, so daß sie im Stande sind, sich selbst und ihre Kinder mit Leichtigkeit zu erhalten. Diejenigen, welche früh heirathen, erzeugen innerhalb einer gegebenen Zeit nicht bloß eine größere Anzahl von Generationen, sondern sie bringen, wie Dr. Duncan gezeigt hat,304 auch viel mehr Kinder hervor. Außerdem sind die Kinder, welche von Müttern während der Blüthe ihres Lebens geboren werden, schwerer und größer und daher wahrscheinlich kräftiger als diejenigen, welche in andern Perioden geboren werden. Hierdurch neigt die Zahl der leichtsinnigen, heruntergekommenen und oft lasterhaften Glieder der Gesellschaft zu einer Zunahme in einem schnelleren Maße als die der vorsichtigen und im Allgemeinen tugendhaften Glieder. Oder, wie Mr. Greg den Fall darstellt: »der sorglose, schmutzige, nicht höher hinaus wollende Irländer vermehrt sich wie die Kaninchen; der frugale, vorausdenkende, sich selbst achtende, ehrgeizige Schotte, welcher streng in seiner Moralität, durchgeistigt in seinem Glauben, gescheidt und discipliniert in seinem Wesen ist, verbringt die besten Jahre seines Lebens im Kampfe und im Stande des Coelibats, heirathet spät und hinterläßt nur wenig Nachkommen. Man nehme ein Land, welches ursprünglich von tausend Sachsen und tausend Celten bevölkert gewesen sei, und nach einem Dutzend Generationen werden 5/6 der Bevölkerung Celten sein, aber 5/6 des Besitzes, der Macht und des Intellects werden dem einen übriggebliebenen Sechstel der Sachsen angehören. In dem ewigen Kampfe um's Dasein wird die untergeordnete und weniger begünstigte Rasse es sein, welche vorherrscht und zwar vorherrscht nicht kraft ihrer guten Eigenschaften, sondern kraft ihrer Fehler.«
Es sind indessen mehrere Hemmnisse gegen diese nach abwärts strebende Bewegung vorhanden. Wir haben gesehen, daß die Unmäßigen einem hohen Sterblichkeitsverhältnis unterliegen und daß die im höchsten Grade Lüderlichen wenig Nachkommen hinterlassen. Die ärmsten Classen häufen sich in Städten an und Dr. Stark hat nach den statistischen Ergebnissen von zehn Jahren für Schottland bewiesen,305 daß auf allen Altersstufen das Sterblichkeitsverhältnis in Städten höher ist als in ländlichen Bezirken, »und während der ersten fünf Lebensjahre ist das Mortalitätsverhältnis der Stadt fast genau das doppelte von dem der ländlichen Bezirke«. Da die Angaben sowohl die Reicheren als die Armen umfassen, so würde ohne Zweifel mehr als die doppelte Anzahl von Geburten nöthig sein, um die Zahl der sehr armen Einwohner in Städten im Verhältnis zu denen auf dem Lande in gleicher Höhe zu erhalten. Bei Frauen ist das Verheirathen in einem zu frühen Alter in hohem Grade schädlich; denn in Frankreich hat man gefunden, daß »zweimal soviel verheirathete weibliche Personen im Alter von unter zwanzig Jahren im Jahre starben, als unverheirathete desselben Alters«. Auch die Sterblichkeit von verheiratheten Männern unter zwanzig Jahren ist ganz »excessiv hoch«,306 was aber die Ursache hiervon sein mag, scheint zweifelhaft. Sollten endlich diejenigen Männer, welche in kluger Weise das Heirathen aufschieben, bis sie ihre Familien mit Comfort erhalten können, Frauen in der Blüthe des Lebens nehmen, wie sie es ja oft thun, so würde das Verhältnis der Zunahme in den besseren Classen nur unbedeutend verringert werden.
Nach einer enormen Menge statistischer Angaben, welche im Verlaufe des Jahres 1853 aufgenommen wurden, ist ermittelt worden, daß die unverheiratheten Männer in ganz Frankreich zwischen dem Alter von zwanzig und achtzig Jahren in einem viel größeren Verhältnisse starben als die verheiratheten. So starben z. B. von jedem Tausend unverheiratheter Männer zwischen dem Alter von zwanzig und dreißig Jahren jährlich 11,3, während von den verheiratheten nur 6,5 starben.307 Die Gültigkeit eines ähnlichen Gesetzes wurde während der Jahre 1863 und 1864 in Bezug auf die ganze Bevölkerung in einem Alter von über zwanzig in Schottland nachgewiesen. Es starben z. B. von jedem Tausend unverheiratheter Männer in dem Alter von zwischen zwanzig und dreißig Jahren 14,97 jährlich, während von den verheiratheten nur 7,24 starben, also weniger als die Hälfte.308 Dr. Stark bemerkt hierzu: »Junggesellenthum ist viel zerstörender für das Leben, als es die ungesündesten Handwerke sind, oder als der Aufenthalt in einem ungesunden Hause oder Bezirke es ist, wo niemals auch nur der entfernteste Versuch zu einer gesundheitlichen Verbesserung gemacht worden ist.« Er ist der Ansicht, daß die verringerte Mortalität das directe Resultat »der Verheirathung und der regelmäßigen häuslichen Gewohnheiten ist; welche diesem Zustande eigen sind«. Er nimmt indessen an, daß die unmäßigen, lüderlichen und verbrecherischen Classen, deren Lebensdauer gering ist, für gewöhnlich nicht heirathen, und es muß zugegeben werden, daß Männer mit schwacher Constitution, schlechter Gesundheit oder irgend einer bedeutenden Schwäche an Körper oder Geist oft nicht wünschen werden zu heirathen oder zurückgewiesen werden. Dr. Stark scheint zu dem Schlusse, daß das Verheirathetsein an sich eine hauptsächliche Ursache des verlängerten Lebens ist, dadurch gekommen zu sein, daß er fand, daß bejahrte verheirathete Männer noch immer einen beträchtlichen Vortheil in dieser Beziehung vor den unverheirateten desselben hohen Alters voraus haben. Jedermann werden aber Beispiele bekannt geworden sein, wo Männer von schwacher Gesundheit, welche während ihrer Jugend nicht heiratheten, doch ein hohes Alter erreicht haben, trotzdem sie schwach blieben und daher immer eine wahrscheinlich geringere Lebensdauer und auch weniger Aussicht zu heirathen hatten. Noch ein anderer merkwürdiger Umstand scheint die Folgerung des Dr. Stark zu unterstützen, daß nämlich Wittwen und Wittwer in Frankreich im Vergleich mit den verheiratheten Personen einem sehr ungünstigen Mortalitätsverhältnisse unterliegen; doch schreibt Dr. Farr dies der Armuth und den üblen Gewohnheiten zu, welche der Auflösung der Familie folgen, ebenso wie dem Kummer. Im Ganzen können wir mit Dr. Farr schließen, daß die geringere Mortalität verheiratheter Personen gegenüber derjenigen unverheiratheter, welche ein allgemeines Gesetz zu sein scheint. »hauptsächlich Folge der constanten Beseitigung unvollkommener Formen und der geschickten Auswahl der schönsten Individuen innerhalb jeder der aufeinander folgenden Generationen ist«, wobei die Zuchtwahl sich nur auf den verheiratheten Zustand bezieht und auf alle körperlichen, intellectuellen und moralischen Eigenschaften wirkt.309 Wir können daher wohl schließen, daß gesunde und gute Menschen, welche aus Klugheit eine Zeit lang unverheirathet bleiben, keinem hohen Mortalitätsverhältnis unterliegen.
Wenn die verschiedenen, in den letzten beiden Absätzen speciell angeführten, und vielleicht noch andere jetzt unbekannte, Hemmnisse es nicht verhindern, daß die leichtsinnigen, lasterhaften und in anderer Weise niedriger stehenden Glieder der Gesellschaft sich in einem schnelleren Verhältnisse vermehren als die bessere Classe der Menschen, so wird die Nation rückschreiten, wie es in der Geschichte der Welt nur zu oft vorgekommen ist. Wir müssen uns daran erinnern, daß Fortschritt keine unabänderliche Regel ist. Es ist äußerst schwer zu sagen, warum die eine civilisierte Nation emporsteigt, machtvoller wird und sich weiter verbreitet als eine andere; oder warum eine und dieselbe Nation zu einer Zeit mehr fortschreitet als zu einer andern. Wir können nur sagen, daß dies von einer Zunahme der factischen Anzahl der Bevölkerung, von der Zahl der Menschen, die mit hohen intellectuellen und moralischen Fähigkeiten begabt sind, ebenso wie von der Höhe dessen abhängt, was bei ihnen für ausgezeichnet gilt. Körperliche Bildung scheint nur geringen Einfluß zu haben, ausgenommen insofern, als körperliche Kraft zu geistiger Kraft führt.
Es ist von mehreren Schriftstellern hervorgehoben worden, daß, weil hohe intellectuelle Kräfte einer Nation vortheilhaft sind, die alten Griechen, welche in Bezug auf den Intellect doch einige Grade höher gestanden haben als irgend eine Rasse, welche