Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз ДарвинЧитать онлайн книгу.
dar, und man sagt, daß die große Trappe ( Otis tarda) polygam sei. Unter den Watvögeln weichen nur äußerst wenige Arten sexuell von einander ab; aber der Kampfläufer ( Machetes pugnax) bietet eine sehr auffallende Ausnahme dar und Montagu glaubt, daß diese Art polygam sei. Hiernach wird es daher ersichtlich, daß bei Vögeln oft eine nahe Beziehung zwischen Polygamie und der Entwicklung scharf markierter sexueller Verschiedenheiten besteht. Als ich Mr. Bartlett, welcher über Vögel so bedeutende Erfahrung besitzt, im zoologischen Garten frug, ob der männliche Tragopan (einer der Gallinaceen) polygam sei, überraschte mich seine Antwort: »Ich weiß es nicht, ich sollte es aber nach seinen glänzenden Farben wohl meinen«.
Es verdient Beachtung, daß der Instinct der Paarung mit einem einzigen Weibchen im Zustande der Domestication leicht verloren geht. Die wilde Ente ist streng monogam, die domesticierte Ente stark polygam. Mr. W. D. Fox theilt mir mit, daß bei einigen halb gezähmten Wildenten, welche auf einem großen Teiche in seiner Nachbarschaft gehalten wurden, so viele Entriche von den Wildhütern geschossen wurden, daß nur einer für je sieben oder acht Weibchen übrig gelassen wurde, und doch wurden ganz ungewöhnlich große Bruten erzogen. Das Perlhuhn lebt in stricter Monogamie Mr. Fox findet aber, daß dieser Vogel am besten fortkommt, wenn man auf zwei oder drei Hennen einen Hahn hält. Die Canarienvögel paaren sich im Naturzustande; aber die Züchter in England bringen mit vielem Erfolge nur ein Männchen zu vier oder fünf Weibchen. Ich habe diese Fälle angeführt, da sie es wahrscheinlich machen, daß Arten, die im Naturzustande monogam sind, sehr leicht entweder zeitweise oder beständig polygam werden können.
In Bezug auf die Reptilien und Fische muß bemerkt werden, daß zu wenig von ihrer Lebensweise bekannt ist, um uns in den Stand zu setzen, von ihren Hochzeitsarrangements zu sprechen. Man sagt indeß, daß der Stichling ( Gasterosteus) ein Polygamist sei,450 und das Männchen weicht während der Brütezeit auffallend vom Weibchen ab.
Fassen wir nun die Mittel zusammen, durch welche, soweit wir es beurtheilen können, die geschlechtliche Zuchtwahl zur Entwicklung secundärer Sexualcharaktere geführt hat. Es ist gezeigt worden, daß die größte Zahl kräftiger Nachkommen durch die Paarung der kräftigsten, der am besten bewaffneten und der, im Kampfe mit anderen, siegreichen Männchen mit den kräftigsten und am besten ernährten Weibchen, welche im Frühjahr zuerst zur Brut bereit sind, erzogen wird. Wenn sich derartige Weibchen die anziehenderen und gleichzeitig auch kräftigeren Männchen auswählen, so werden sie eine größere Zahl von Nachkommen aufbringen als die sich verspätenden Weibchen, welche sich mit den weniger kräftigen und weniger anziehenden Männchen paaren müssen. Dasselbe wird eintreten, wenn die kräftigeren Männchen die mit größerer Anziehungskraft versehenen und zu derselben Zeit gesünderen und kräftigeren Weibchen auswählen; und besonders wird dies gelten, wenn das Männchen das Weibchen vertheidigt und es bei der Beschaffung von Nahrung für die Jungen unterstützt. Der in dieser Weise von den kräftigeren Paaren beim Aufziehen einer größeren Anzahl von Nachkommen erlangte Vortheil hat allem Anscheine nach hingereicht, geschlechtliche Zuchtwahl in Thätigkeit treten zu lassen. Aber ein großes Übergewicht an Zahl seitens der Männchen über die Weibchen würde noch wirksamer sein: – mag das Übergewicht nur gelegentlich und local oder bleibend sein, mag es zur Zeit der Geburt oder später in Folge der bedeutenderen Zerstörung der Weibchen eintreten, oder mag es indirect ein Resultat eines polygamen Lebens sein.
Das Männchen allgemein mehr modificiert als das Weibchen. – Wenn die beiden Geschlechter von einander in der äußeren Erscheinung abweichen, so ist es durch das ganze Thierreich hindurch das Männchen, welches, mit seltenen Ausnahmen, hauptsächlich modificiert worden ist; denn allgemein bleibt das Weibchen den Jungen seiner eigenen Species und ebenso auch anderen erwachsenen Gliedern derselben Gruppe ähnlicher. Die Ursache hiervon scheint darin zu liegen, daß die Männchen beinahe aller Thiere stärkere Leidenschaften haben als die Weibchen. Daher sind es die Männchen, welche mit einander kämpfen und eifrig ihre Reize vor den Weibchen entfalten; und diejenigen, welche siegreich aus solchen Wettstreiten hervorgehen, überliefern ihre Superiorität ihren männlichen Nachkommen. Warum die Männchen ihre Merkmale nicht auf beide Geschlechter vererben, wird hernach betrachtet werden. Daß die Männchen aller Säugethiere begierig die Weibchen verfolgen, ist allgemein bekannt. Dasselbe gilt für die Vögel. Aber viele männliche Vögel verfolgen nicht sowohl die Weibchen, als entfalten auch ihr Gefieder, führen fremdartige Gesten auf und lassen ihren Gesang erschallen in Gegenwart der Weibchen. Bei den wenigen Fischen, welche beobachtet worden sind, scheint das Männchen viel eifriger zu sein als das Weibchen; und dasselbe ist bei Alligatoren und, wie es scheint, auch bei Batrachiern der Fall. Durch die ungeheure Classe der Insecten hindurch herrscht, wie Kirby bemerkt,451 »das Gesetz, daß das Männchen das Weibchen aufzusuchen hat«. Wie ich von zwei bedeutenden Autoritäten, Mr. Blackwall und Mr. C. Spence Bate, höre, sind unter den Spinnen und Crustaceen die Männchen lebendiger und in ihrer Lebensweise herumschweifender als die Weibchen. Wenn bei Insecten und Crustaceen die Sinnes- oder Locomotionsorgane in dem einen Geschlechte vorhanden sind, in dem andern dagegen fehlen, oder wenn sie, wie es häufig der Fall ist, in dem einen Geschlechte höher entwickelt sind als in dem andern, so ist es beinahe unabänderlich, soweit ich es nachweisen kann, das Männchen, welches derartige Organe behalten oder dieselben am meisten entwickelt hat, und dies zeigt, daß das Männchen während der Bewerbung der beiden Geschlechter der thätigere Theil ist.452
Das Weibchen ist andererseits mit sehr seltenen Ausnahmen weniger begierig als das Männchen. Wie der berühmte Hunter453 schon vor langer Zeit bemerkte, verlangt es im Allgemeinen geworben zu werden; es ist spröde, und man kann oft sehen, daß es eine Zeit lang den Versuch macht, dem Männchen zu entrinnen. Jeder, der nur die Lebensweise von Thieren aufmerksam beobachtet hat, wird im Stande sein, sich Beispiele dieser Art in's Gedächtnis zurückzurufen. Nach verschiedenen später mitzutheilenden Thatsachen zu urtheilen und nach den Wirkungen, welche getrost der geschlechtlichen Zuchtwahl zugeschrieben werden können, übt das Weibchen, wenn auch vergleichsweise passiv, allgemein eine gewisse Wahl aus und nimmt ein Männchen im Vorzug vor andern an. Oder wie die Erscheinungen uns zuweilen zu glauben veranlassen dürften: es nimmt nicht dasjenige Männchen, welches ihm das anziehendste war, sondern dasjenige, welches ihm am wenigsten zuwider war. Das Ausüben einer gewissen Wahl von Seiten des Weibchens scheint ein fast so allgemeines Gesetz wie die Begierde des Männchens zu sein.
Wir werden natürlich veranlaßt, zu untersuchen, warum das Männchen in so vielen und soweit von einander verschiedenen Classen gieriger als das Weibchen geworden ist, so daß es das Weibchen aufsucht und den thätigeren Theil bei der ganzen Bewerbung darstellt. Es würde kein Vortheil und sogar etwas Verlust an Kraft sein, wenn beide Geschlechter gegenseitig einander suchen sollten. Warum soll aber fast immer das Männchen der suchende Theil sein? Bei Pflanzen müssen die Ei'chen nach der Befruchtung eine Zeit lang ernährt werden, daher wird der Pollen nothwendig zu den weiblichen Organen hingebracht, er wird auf die Narbe entweder durch die Thätigkeit der Insecten oder des Windes oder durch die eigenen Bewegungen der Staubfäden gebracht. Bei den Algen und anderen Pflanzen geschieht dies sogar durch die locomotive Fähigkeit der Antherozoiden. Bei niedrig organisierten Thieren, welche beständig an einem und demselben Orte befestigt sind und getrennte Geschlechter haben, wird das männliche Element unabänderlich zum Weibchen gebracht, und wir können hiervon auch die Ursache einsehen; denn wenn die Eier selbst sich vor ihrer Befruchtung lösten und keiner späteren Ernährung oder Beschützung bedürften, so könnten sie wegen ihrer relativ bedeutenderen Größe weniger leicht transportiert werden als das männliche Element. Daher sind viele der niederen Thiere in dieser Beziehung den Pflanzen analog.454 Da die Männchen fest angehefteter und im Wasser lebender Thiere dadurch veranlaßt wurden, ihr befruchtendes Element auszustoßen, so ist es natürlich, daß diejenigen ihrer Nachkommen, welche sich in der Stufenleiter erhoben und die Fähigkeit der Ortsbewegung erlangten, dieselbe Gewohnheit beibehielten; sie werden sich den Weibchen so sehr als möglich