Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert). Гарриет Бичер-СтоуЧитать онлайн книгу.
sich daran, zu suchen. Er guckte hinter Stühle und Schränke, und unter die Bettbank und hinter den Herd. Er kroch sogar in ein paar Mauselöcher hinein, aber es war ihm nicht möglich, den Kobold zu finden.
Die ganze Zeit, während er suchte, weinte er und betete und gelobte alle möglichen Dinge. Er wollte nie wieder jemand das Wort brechen, er wollte nie wieder boshaft sein, er wollte nie wieder bei der Predigt einschlafen. Wenn er nur wieder ein Mensch werden könne, dann wollte er auch tüchtig sein und ein guter und gehorsamer Junge. Aber was er auch versprach, es half nicht im geringsten.
Plötzlich fiel ihm ein, daß er die Mutter hatte sagen hören, die Kobolde hielten sich mit Vorliebe im Kuhstall auf, und er beschloß, gleich da hinauszugehen und zu sehen, ob er den Kobold nicht finden könne. Zum Glück stand die Tür nur angelehnt, denn er hätte das Schloß nicht erreichen und sie öffnen können, aber nun gelangte er ohne Schwierigkeit hindurch.
Als er auf den Flur hinauskam, sah er sich nach seinen Holzschuhen um, denn drinnen in der Stube ging er natürlich auf Socken. Er überlegte gerade, was er mit den großen, klotzigen Holzschuhen anfangen sollte, aber im selben Augenblick sah er ein Paar kleine Schuhe auf der Türschwelle stehen. Als er sah, daß der Kobold auch die Holzschuhe verwandelt hatte, wurde ihm noch beklommener zumute. Es sah ja so aus, als wenn dies Elend lange währen sollte.
Auf der alten Eichenplanke, die vor der Haustür lag, hüpfte ein Spatz. Kaum hatte der den Jungen erblickt, als er »Tit, tit! Tit, tit!« rief. »Nein, seht doch nur den Gänsejungen Niels! Seht den Däumling! Seht den Däumling Niels Holgersen!«
Sogleich wandten sowohl die Gänse als auch die Hühner die Köpfe herum und es entstand ein schreckliches Gegacker. »Kickerikih!« krähte der Hahn, »das ist gut genug für ihn; Kickerikih, er hat mich an meinem Kamm gezupft.« – »Gut, gut, gut, gut, das ist gut genug für ihn!« riefen die Hühner, und so blieben sie dabei bis ins unendliche. Die Gänse flogen in einem dichten Haufen zusammen, steckten die Köpfe zusammen und fragten: »Wer kann das doch nur getan haben? Wer kann das doch nur getan haben?«
Aber das Sonderbarste bei dem Ganzen war, daß der Junge verstand, was sie sagten. Er war so erstaunt, daß er still auf der Treppenstufe stehen blieb und lauschte. »Das muß daher kommen, weil ich in einen Kobold verwandelt bin,« sagte er. »Darum kann ich die Sprache der Vögel verstehen.«
Er fand, es war unleidlich, daß die Vögel nicht aufhören wollten zu sagen, daß es gut genug für ihn sei. Er warf einen Stein nach ihnen und rief: »So schweigt doch still, ihr Lumpengesindel!«
Aber er hatte vergessen, daß er nicht so groß war, daß die Hühner bange vor ihm zu sein brauchten. Die ganze Hühnerschar fuhr auf ihn los und stellte sich rund um ihn herum auf und schrie: »Gut, gut, gut, das ist gut genug für dich!«
Der Junge versuchte zu entkommen, aber die Hühner liefen ihm nach und schrien, so daß die Ohren ihm beinahe abgefallen wären. Er wäre ihnen wohl nie entronnen, wenn nicht die Hauskatze des Weges gekommen wäre. Sobald die Hühner die Katze sahen, schwiegen sie still und taten so, als dächten sie an nichts weiter, als nach Würmern in der Erde zu scharren.
Der Junge lief schnell zu der Katze hin. »Liebe kleine Miez,« sagte er »du kennst ja alle Winkel und Schlupflöcher hier auf dem Hofe? Willst du mir nicht erzählen, wo ich den Kobold finden kann?«
Die Katze antwortete nicht sogleich. Sie setzte sich hin, legte den Schwanz hübsch in einen Kranz vor ihre Pfoten und starrte den Jungen an. Es war eine große, schwarze Katze mit einem weißen Fleck auf der Brust. Ihr Haar war glatt und glänzend im Sonnenschein. Die Krallen hatte sie eingezogen, und die Augen waren ganz grau bis auf einen kleinen schmalen Spalt in der Mitte. Die Katze sah aus wie die personifizierte Frömmigkeit.
»Ich weiß recht gut, wo der Kobold wohnt,« sagte sie mit sanfter Stimme, »aber darum ist es nicht gesagt, daß ich es dir erzählen will.«
»Liebe Miez, du mußt mir wirklich helfen,« sagte der Junge. »Siehst du denn nicht, daß er mich verhext hat?«
Die Katze öffnete die Augen ein wenig weiter, so daß die grüne Bosheit herauszulugen begann. Sie spann und schnurrte vor Wohlbehagen, ehe sie antwortete: »Soll ich dir vielleicht helfen, weil du mich so oft am Schwanz gezogen hast,« sagte sie schließlich.
Da wurde der Junge wütend und vergaß ganz, wie klein und machtlos er war. »Ich kann dich noch einmal am Schwanz ziehen!« sagte er und fuhr auf die Katze los.
Im selben Augenblick war die Katze so verändert, daß der Junge kaum glauben konnte, es sei dasselbe Tier. Jedes Haar auf ihrem Leibe sträubte sich. Der Rücken krümmte sich, die Beine streckten sich, die Krallen kratzten in der Erde, der Schwanz wurde kurz und dick, die Ohren legten sich zurück, der Mund fauchte, die Augen standen weit offen und funkelten wie glühende Kohlen.
Der Junge wollte sich nicht von einer Katze bange machen lassen, sondern ging noch einen Schritt vor. Aber da fuhr die Katze mit einem Sprung gerade auf den Jungen los, warf ihn um und stellte sich über ihn, die Vorderpfoten auf seiner Brust und den Rachen über seiner Kehle.
Der Junge fühlte, daß die Krallen ihm durch die Weste und das Hemd in die Haut drangen, während die scharfen Eckzähne seine Kehle kitzelten. Er schrie aus Leibeskräften um Hilfe.
Aber es kam niemand, und er glaubte bestimmt, daß seine letzte Stunde geschlagen habe. Da merkte er, daß die Katze die Krallen einzog und seine Kehle freigab.
»So,« sagte sie, »jetzt mag es genug sein. Diesmal will ich dich um meiner Hausmutter willen loslassen. Ich wollte nur, daß du wissen solltest, wer von uns beiden jetzt der Stärkere ist.«
Damit ging die Katze ihrer Wege und sah ebenso glatt und fromm aus wie vorher, als sie kam. Der Junge war so verlegen, daß er kein Wort sagte, sondern sich nur beeilte, in den Kuhstall hineinzukommen, um nach dem Kobold zu suchen.
Da waren nicht mehr als drei Kühe. Aber als der Knabe in den Stall hineinkam, entstand ein Brüllen und Lärmen, so daß man gern hätte glauben können, da wären wenigstens dreißig.
»Muh, muh, muh!« brüllte Mairose. »Es ist nur gut, daß es noch Gerechtigkeit in der Welt gibt!«
»Muh, muh, muh!« stimmten sie alle drei ein. Er konnte nicht hören, was sie sagten, so riefen sie durcheinander.
Der Junge wollte nach dem Kobold fragen, aber er konnte sich kein Gehör verschaffen, weil die Kühe so loslegten. Sie benahmen sich so, wie sie zu tun pflegten, wenn er einen fremden Hund zu ihnen einließ. Sie schlugen mit den Hinterbeinen aus, rissen und zerrten an ihren Halsketten, drehten die Köpfe nach außen und stießen mit den Hörnern nach ihm.
»Komm du bloß heran!« sagte Mairose, »dann will ich dir einen Stoß versetzen, den du so bald nicht wieder vergißt!«
»Komm hierher,« sagte Goldlilie, »dann sollst du Erlaubnis haben, auf meinen Hörnern zu tanzen!«
»Komm nur her, dann sollst du fühlen, wie es schmeckte, wenn du mit deinen Holzschuhen nach mir warfst, wie du es diesen Sommer so oft getan hast!« brüllte Stern.
»Komm nur her, dann will ich dir die Bremse heimzahlen, die du mir ins Ohr gesetzt hast,« schrie Goldlilie.
Mairose war die älteste und klügste von ihnen, und sie war die allerzornigste, »Komm nur her,« sagte sie, »dann will ich dir alle die Male heimzahlen, wo du deiner Mutter den Milchhuker weggezogen hast, und alle die Male, wo du ihr ein Bein gestellt hast, wenn sie mit dem Milcheimer geschleppt kam, und alle Tränen, die sie hier um dich vergossen hat.«
Der Junge wollte ihnen sagen, er bereue, daß er schlecht gegen sie gewesen war, und daß er so etwas nie wieder tun wolle, wenn sie ihm nur sagen wollten, wo der Kobold sei. Aber die Kühe hörten nicht nach ihm hin. Sie wurden so erregt, daß er bange wurde, eine von ihnen könne sich losreißen, und er hielt es für das beste, sich aus dem Kuhstall herauszuschleichen.
Als er wieder draußen war, befiel ihn eine große Verzagtheit. Er sah ein, daß niemand auf dem Hofe ihm helfen wollte, den Kobold zu finden. Und es würde wohl