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Aufregend war es immer. Hugo PortischЧитать онлайн книгу.

Aufregend war es immer - Hugo Portisch


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Lyrik zur Frage des Lebens und des Todes – der sie übrigens heiter und gelassen gegenübertritt.

      Zwei Bücher schrieben wir gemeinsam, weil wir sie auch gemeinsam erlebt haben. Beide Familien, Traudis und meine, waren leidenschaftliche Schwammerlsucher. Auch immer bemüht, nicht nur die üblichen Steinpilze und Eierschwammerln (Pfifferlinge) zu sammeln.

      Aber wie ärgerlich – die Pilzbücher, in denen wir feststellen wollten, um welche Art Pilze es sich handelte, ließen keinen direkten Vergleich zwischen essbaren und giftigen Arten zu.

      Wir stellten uns immer vor, wie ein brauchbares Pilzerkennungsbuch aussehen sollte. In London stellen an Wochenenden Künstler aller Art ihre Werke entlang der Einzäunung des Hydeparks aus. Bei einem dieser Werke blieben wir einmal stehen und sprachen mit dem Künstler. Ein Windstoß blätterte eine vor ihm liegende Zeichenmappe auf und gab den Blick frei auf einen großartig gemalten Pilz. Ja, er liebe Pilze, sagte der Künstler, und er male sie auch gern. Sein Name war Alfonso Madden und er lud uns ein, seine Sammlung an Pilzbildern daheim anzuschauen. Die Bilder waren absolut naturgetreu – wie geschaffen für ein Pilzbuch, wie wir es uns vorstellten.

      Wir fassten sofort den Entschluss, das von uns herbeigewünschte Pilzbuch mit Maddens Illustrationen selbst zu verfassen. »Pilze suchen ein Vergnügen« nannten wir es und boten dem Leser drei große Vorteile: gut erkennbare Bilder von Pilzen, die einander ähnlich sind, im direkten Vergleich miteinander – der Essbare und der Giftige oder Ungenießbare unmittelbar gegenübergestellt. Und wir reihten sie gemäß der Jahreszeit, in der sie zu finden sind, denn irgendwelche Pilze gibt es immer.

      Das zweite Buch, das Traudi und ich gemeinsam schrieben, nannte unser Verleger Hannes Steiner »Die Olive und wir«. Die Geschichte des alten Bauernhauses in der Toskana, das wir ganz zufällig gefunden und auf Traudis Wunsch innerhalb weniger Stunden gekauft hatten. Und all das, was wir dabei und danach erlebt haben. Ein guter Teil unserer gemeinsamen Biografie. Aber ohne Traudi hätte es das alles nicht gegeben.

      Vor allem auch nicht unseren Sohn, Edgar. So wie seine Mutter hoch talentiert, in fünf Sprachen perfekt in Wort und Schrift, stets tatendurstig. Wir hatten viel Spaß miteinander, machten einige große Reisen gemeinsam, und auch das Haus in der Toskana hat er mit großer Freude erlebt. Er und ich pflanzten dort zusammen einen ganzen Wald, der inzwischen schon groß geworden ist. Eine Zeit lang nutzte Edgar sein vom mütterlichen Großvater ererbtes Talent, um zu zeichnen und zu malen. Seine Bilder wurden in Galerien Italiens, Hollands, Deutschlands und Österreichs ausgestellt und von den Feuilletons recht positiv aufgenommen. Dann heiratete er und bewarb sich um einen Brotberuf im Europarat in Straßburg. Dort leitete er bald die Audiovisuelle Abteilung der Pressestelle. Aber so wie ich wurde er sein Fernweh nie los. Auch er wollte und musste in die Welt hinausziehen. So kam er nach Madagaskar, das ihn ungemein faszinierte. Nach seinem dritten Besuch pachtete er dort einen kilometerlangen, wunderbaren Strand vor einem tropisch belebten Riff, ideal zum Schnorcheln und Tauchen. Dort entwickelte Edgar ein kleines touristisches Zentrum mit Gästehaus, einem Restaurant und einer Autovermietung. Intensiv bereiste er die Insel und beteiligte sich auch organisatorisch an meiner 1996 gedrehten Madagaskar-Dokumentation für ORF und ZDF. 2011 erwischte ihn eine Tropenkrankheit, eine Bilharziose. Im französischen Pasteur-Institut gut ausgeheilt, dabei aber sehr geschwächt, übernahm er sich gleich wieder und starb an einem Herzstillstand.

      Das war zweifellos der härteste Schlag in unserem Leben. Aber auch der hat uns nur noch mehr zusammenrücken lassen.

      Wir waren alarmiert Weichenstellung für Europa

      Die kommunistischen Machtergreifungen in Bulgarien, Rumänien, Ungarn und nun auch in der Tschechoslowakei wurden auf ein Grundübel zurückgeführt und dieses mit einem Namen bedacht: Jalta. Jalta, die Kur- und Badestadt auf der Krim, zu der schon die russischen Zaren zur Erholung reisten. In einer der palastartigen Villen fand im Februar 1945 die sogenannte »Konferenz von Jalta« statt. Stalin hatte den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt und den britischen Premierminister Winston Churchill eingeladen, mit ihm das weitere Schicksal Europas zu besprechen, jetzt, da der Krieg zu Ende ging.

      Eine Woche lang saß man beisammen, vom 4. bis zum 11. Februar. In diesen Tagen fassten die drei Staatsmänner für die Zukunft Europas entscheidende Beschlüsse: Das demnächst besiegte Deutschland sollte in vier Besatzungszonen aufgeteilt – die vierte war Frankreich zugedacht –, aber von allen vier Siegermächten gemeinsam verwaltet werden. Von Berlin aus, das ebenfalls in vier Sektoren geteilt werden sollte.

      Danach beriet man, was mit jenen Ländern geschehen sollte, die von der Roten Armee befreit und besetzt wurden. Dazu zählten Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, die Tschechoslowakei und vermutlich auch Österreich. Vor allem Churchill fürchtete, dass die Sowjetunion in diesen Ländern kommunistische Regierungen einsetzen und damit westlichen Einflüssen verschließen würde. Roosevelt war bestrebt, Stalin nicht durch offenes Misstrauen vor den Kopf zu stoßen und daher eine Formel für die Zukunft dieser Länder zu finden, die von beiden Seiten akzeptiert werden konnte. Und Stalin war, so schien es, bereit, auf diese Formel einzugehen: In allen diesen Ländern sollten demokratische Parteien gegründet und provisorische Regierungen eingesetzt werden, deren Aufgabe es wäre, freie Wahlen durchzuführen. Aufgrund der Wahlergebnisse sollten dann Koalitionsregierungen aller Parteien gebildet werden. Das klang gut und war für Churchill und Roosevelt zu akzeptieren. Stalin hatte nur um Zustimmung zu einem Zusatz gebeten: Diese Regierungen sollten verpflichtet sein, sich gegenüber der Sowjetunion freundschaftlich zu verhalten. Für Roosevelt war das eine Selbstverständlichkeit, Churchill blieb misstrauisch, aber nahm das auch hin.

      Die künftigen Besatzungszonen in Deutschland wurden festgelegt, zunächst ohne Frankreich zu beteiligen, aber das wurde bald korrigiert. Für Österreich war Ähnliches vorgesehen, aufgrund seiner Kleinheit dachte man zuerst an zwei Zonen, eine sowjetische und eine britische, dann an drei und schließlich an vier wie in Deutschland. Sosehr später diese Beschlüsse von Jalta für alle Putschversuche und kommunistischen Machtergreifungen in den von den Sowjets befreiten und besetzten Gebieten verantwortlich gemacht wurden – Stalin hat seine Zusagen zunächst gehalten, wenn auch auf etwas unterschiedliche Weise. In das zuerst befreite Polen brachten die Sowjets schon eine von polnischen Kommunisten im Moskauer Exil gebildete Regierung mit, während der in England residierenden polnischen Exilregierung die Einreise nach Polen lange Zeit verwehrt wurde. So schien das künftige Schicksal Polens bereits besiegelt, obwohl es doch gerade Polen war, für dessen Freiheit und Unabhängigkeit Großbritannien in den Krieg gezogen war.

      Aber in Bulgarien, Rumänien, in Ungarn, der Tschechoslowakei und auch in Österreich löste Stalin seine Zusagen ein. In Anwesenheit der sowjetischen Truppen konnten in diesen Ländern demokratische Parteien gebildet werden. In der Regel waren es vor allem drei: eine konservative, die das Bürger- und Bauerntum vertreten sollte, eine sozialdemokratische und eine kommunistische. In allen diesen Ländern wurden auch freie, demokratische Wahlen von den Sowjets zugelassen. Die Wahlergebnisse waren unterschiedlich, doch die Kommunisten blieben in allen Ländern in der Minderheit. In Österreich erhielten sie nur fünf Prozent aller abgegebenen Stimmen, in der Tschechoslowakei 33 Prozent. Unabhängig von den Wahlresultaten wurden Koalitionsregierungen gebildet, in denen alle Parteien vertreten waren. Doch bestanden die Sowjets in jedem Land darauf, dass das Innenministerium von einem Kommunisten geführt wird. Und den Innenministerien unterstanden Polizei, Staatspolizei und Geheimpolizei. Der jeweilige Chef der Staats- und Geheimpolizei war nun vom Innenminister einzusetzen und das war in allen diesen Staaten ein bewährter, sowjettreuer Kommunist.

      In Sofia, in Bukarest, in Budapest sorgte die Staatspolizei bald dafür, dass die demokratischen Mitglieder der Regierungen unter den verschiedensten Anschuldigungen verdächtigt, beschuldigt, ihrer Ämter enthoben, vor Gericht gestellt, abgeurteilt und eingesperrt wurden – so es ihnen nicht gelang, in letzter Minute ins Ausland zu fliehen. Nur in Prag lief es ein wenig anders, aber im Endeffekt gleich: Mit 33 Prozent Stimmanteil waren dort die Kommunisten die stärkste Partei und stellten schon den Ministerpräsidenten des Landes, Klement Gottwald. Und es dauerte bis 1948, bis Gottwald versuchte, die Polizei zur Gänze unter seine Kontrolle zu bringen.

      Die nicht-kommunistischen Mitglieder seiner Regierung traten aus


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