Tarzan – Band 5 – Der Schatz von Opar. Edgar Rice BurroughsЧитать онлайн книгу.
Wechsel vornahm, wiederholte Tarzan seine Frage auf Französisch. Mit einem Male wurde sich Werper über den vollen Umfang von Tarzans Verletzung klar. Der Mann hatte das Gedächtnis verloren und konnte sich nicht mehr an die Vergangenheit erinnern. Der Belgier wollte ihn, schon darüber aufklären, als ihm blitzartig der Gedanke kam, wenn er Tarzan – wenigstens eine Zeit lang – über seine Identität im Dunkel ließ, konnte er vielleicht des Affenmenschen Unfall zu seinem Vorteil ausnützen. Ich kann Ihnen nicht sagen, woher Sie kommen, sagte er. Aber das kann ich Ihnen versichern, wenn wir nicht bald aus diesem schauerlichen Platz herauskommen, dann werden wir beide auf diesem blutigen Altar getötet. Das Weib hier wollte mir eben das Messer in das Herz stoßen, als der Löwe die höllische Feier unterbrach. Kommen Sie schnell, lassen Sie uns aus diesem verfluchten Tempel einen Ausgang suchen, ehe sie sich von ihrem Schreck erholen und wieder zusammenkommen.
Tarzan wendete sich wieder an La.
Warum wolltest du diesen Mann töten? Bist du hungrig? Die Hohepriesterin stieß einen Schrei des Ekels aus. Wollte er euch töten? fragte Tarzan wieder.
Das Weib schüttelte den Kopf.
Warum wolltest du ihn denn dann töten? Tarzan suchte der Sache auf den Grund zu kommen.
La hob den schlanken Arm und deutete auf die Sonne:
Wir wollten seine Seele dem Feuergott opfern.
Tarzan sah verständnislos drein. Er war wieder ein Affe, und Affen verstehen nichts von Seelen und Feuergöttern.
Haben Sie den Wunsch, zu sterben? fragte er Werper. Der Belgier versicherte ihm mit Tränen, dass er keine Lust dazu hätte.
Nun gut, dann sollen Sie es auch nicht, sagte Tarzan. Kommen Sie! Wir gehen. Dieses Weibchen wollte Sie töten und mich für sich selbst behalten. Aber hier ist kein Platz für einen Mangani. Unter diesen Steinmauern würde ich bald sterben.
Wir gehen jetzt, erklärte er La.
Das Weib sprang auf den Affenmenschen zu und nahm seine Hände in die seinen.
Verlasse mich nicht! schrie sie. Bleibe und du sollst der Hohepriester sein. La liebt dich. Ganz Opar soll dir gehören. Sklaven sollen dich bedienen. Bleibe, Affentarzan, und lasse Liebe deinen Lohn sein.
Der Affenmensch schob das kniende Weib beiseite.
Tarzan begehrt dich nicht, sagte er, trat zu Werper, zerschnitt seine Fesseln und winkte ihm, zu folgen. Mit verzerrtem Gesicht, keuchend vor Wut, sprang La auf.
Du musst bleiben, kreischte sie. La will dich haben, und wenn sie dich nicht lebend bekommen kann, will sie dich tot besitzen. Sie erhob ihr Gesicht zum Himmel und stieß den schauerlichen Schrei aus, welchen Werper einmal und Tarzan schon öfter gehört hatte. Alsbald kam als Antwort darauf ein Gewirr von Stimmen aus den umgebenden Räumen und Gängen. Herbei, schützende Priester! Die Ungläubigen haben das Allerheiligste entweiht. Herbei! Jaget Angst in ihr Herz, verteidigt La und ihren Altar, wascht den Tempel mit dem Blute der Schänder rein!
Tarzan verstand das alles, wenn auch nicht Werper. Der erstere sah, dass der Belgier unbewaffnet war. Mit einem schnellen Schritt an Las Seite fasste er sie in seine starken Arme und hatte sie rasch entwaffnet, obgleich sie sich wie ein wildgewordener Dämon wehrte. Das lange Opfermesser reichte er Werper. Sie werden das brauchen, sagte er, während bereits aus jeder Tür eine Schar der missgestalteten Männer von Opar in den Tempel strömte.
Sie waren mit Keulen und Messern bewaffnet und fühlten sich durch fanatische Wut und Tollheit ermutigt. Werper war voller Schrecken, aber Tarzan besah den Haufen voller Verachtung und ging langsam auf den Ausgang zu, durch welchen er den Tempel verlassen wollte. Ein plumper Priester vertrat ihm den Weg. Tarzan schwang seinen schweren Speer wie eine Keule, und der Bursche fiel zu Boden.
Wieder und wieder sauste die Waffe nieder, während sich Tarzan langsam seinen Weg nach dem Gange bahnte. Werper drängte sich dicht hinter ihn und warf angstvolle Blicke rückwärts nach dem schreienden, vor Wut tanzenden Haufen, der sie im Rücken bedrohte. Er hielt das Opfermesser für jeden bereit, der sich in seinen Bereich wagen würde, aber es kam keiner. Er wunderte sich eine Zeit lang, warum sie so mutig mit dem riesigen Affenmenschen kämpften, während sie sich an ihn, den viel Schwächeren, nicht heranwagten. Und er wäre doch schon ihrem ersten Angriff erlegen. Aber Tarzan hatte bereits über die Leichen der sämtlichen im Wege gewesenen Priester hinweg den Ausgang erkämpft, ehe Werper den Grund seiner Unverletzlichkeit erkannte. Die Priester scheuten das Opfermesser. Gerne wollten sie dem Tode ins Angesicht sehen und ihn in der Verteidigung ihrer Hohepriesterin und ihres Altars sogar willkommen heißen, aber augenscheinlich war Tod und Tod zweierlei. Irgendein merkwürdiger Aberglaube war mit der polierten Klinge verknüpft, sodass kein Oparier sich einem Tode durch sie aussetzen wollte, während sie sich doch kampfesfroh dem schrecklichen Affenmenschen entgegenwarfen.
Werper teilte dem anderen seine Entdeckung mit, sobald sie aus dem Tempel heraus waren. Der Affenmensch lachte und ließ Werper, die juwelengeschmückte Waffe schwingend, vorausgehen. Wie Spreu vor dem Wind stoben die Oparier nach allen Seiten auseinander, Tarzan und der Belgier fanden den Weg durch Gänge und Räume des alten Tempels offen.
Als sie durch den Raum mit den sieben massiv goldenen Säulen kamen, riss der Belgier die Augen auf. Mit schlecht verhaltener Habsucht besah er die uralten, goldenen Tafeln an den Wänden fast aller Räume und vieler Gänge, während dem Affenmenschen all dieser Reichtum nichts zu sagen schien.
Auf dem weiteren Wege kamen sie auf die breite Straße zwischen den ehrwürdigen Mauerresten der Ruinen von Opar und der inneren Stadtumwallung. Große Affen schnatterten auf sie herab und bedrohten sie, aber Tarzan antwortete ihnen in ihrer Art und gab Spott mit Spott, Schimpf mit Schimpf und Drohung mit Drohung zurück.
Werper sah, wie ein haariger Affenbulle sich von einer gebrochenen Säule herabschwang und mit gesträubtem Haar steifbeinig auf den nackten Riesen losging. Er zeigte die gelben Fänge und rollte drohend ein wütendes Schnarren und Bellen über seine dicken Hängelippen.
Der Belgier sah sich nach seinem Gefährten um und erblickte mit Schaudern, wie sich der Mensch bückte, bis die geschlossenen Fäuste gleich denen des Affen auf dem Boden ruhten. Dann umkreiste Tarzan steifbeinig genau wie der Affe den bogenschlagenden Affen. Aus der Menschenkehle kamen dieselben tierischen Bell- und Knurrlaute wie aus dem Affenmaul. Mit geschlossenen Augen hätte Werper keinen Unterschied zwischen beiden machen können; es war die gegenseitige Herausforderung