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Don Quixote. Miguel de CervantesЧитать онлайн книгу.

Don Quixote - Miguel de Cervantes


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Ihr von der Freundschaft und Liebe, die Gott auch gegen den Feind befiehlt, so dürft Ihr nur gleich in die Heilige Schrift einbrechen, ja Ihr könnt so keck sein und die göttlichen Worte selbst aufführen:

      Ego autem dico vobis diligite inimicos vestros.

      Handelt Ihr von schlechten Gedanken, so dürft Ihr nur das Evangelium anführen:

      De corde exeunt cogitationes malae.

      Kommt Ihr auf die Unzuverlässigkeit der Freunde, so ist gleich Cato da, der Euch sein Distichon anbietet:

      Donec eris felix, multos numerabis amicos,

      Tempora si fuerint nubila solus eris.

      Und mit diesen und ähnlichen lateinischen Brocken halten sie Euch schon für einen Grammatiker, welches in unseren Tagen etwas Ansehnliches und Treffliches ist. Was aber die Anmerkungen am Ende des Buches betrifft, so dürft Ihr es nur ganz dreiste so machen. (Nennt Ihr irgendeinen Riesen in Eurem Buche, so fallt nur auf den Riesen Goliath, und bloß mit diesem, der Euch doch so gut wie gar keine Unkosten macht, könnt Ihr schon eine große Anmerkung ausfüllen, denn Ihr dürft nur schreiben: Dieser Riese Goliath oder Goliat war ein Philister, den der Schäfer David mit einem Steinwurf im Tale Terebintus tötete, wie es im Buche der Könige erzählt wird, in demselben Kapitel, welches davon handelt.).

      Damit Ihr Euch aber auch als einen Mann zeigen könnt, der in den weltlichen. Dingen und der Kosmographie bewandert ist, so dürft Ihr es nur so einrichten, daß Ihr in Eurem Buche einmal den Tagofluß erwähnt, augenblicks könnt Ihr wieder eine herrliche Anmerkung niederschreiben: Dieser Fluß Tago führt seinen Namen von einem Könige von Spanien, er entspringt da und da und ergießt sich in den Ozean, indem er vorher die Mauern der berühmten Stadt Lissabon küßt, auch meint man, daß er Goldsand mit sich führe usw. Sprecht Ihr von Räubern, so will ich Euch gleich die Geschichte des Cacus schenken, die ich auswendig weiß. Wenn liederliche Weiber vorkommen, so habt Ihr ja den Bischof von Mondoñedo, der Euch die Lamia, Lais und Floria liefert, deren Anführung Euch in ziemliches Ansehen setzen wird. Nennt Ihr Grausame, so bietet Euch Ovidius die Medea an. Nennt Ihr Zauberinnen, so hat Homerus die Calypso und Virgilius die Circe. Sollen es tapfere Feldherren sein, so gibt Julius Cäsar Euch selbst in seinen Kommentarien, und Plutarch gibt Euch gleich tausend Alexander. Wollt Ihr von Liebe etwas abhandeln, so trefft Ihr, wenn Ihr nur ein Quentchen Italienisch wißt, auf den Leo Hebräus, der Euch ein ganzes Maß vollzapfen wird. Mögt Ihr Euch aber nicht nach fremden Gegenden bemühen, so habt Ihr ja den Fonseca von der Liebe Gottes zu Hause, wo Ihr und der Scharfsinnigste so viel über diese Materie finden werdet, als sein Herz nur wünscht. Kurz, Ihr braucht nichts weiter zu tun, als diese Namen zu nennen, oder diese Geschichten, die ich soeben genannt habe, in die Eurigen aufzunehrnen, und dann laßt mich nur für die Bemerkungen und Anmerkungen sorgen, denn ich schwöre Euch, daß ich den ganzen Rand vollschreiben und wohl vier Bogen am Ende des Buches verderben will.

      Jetzt bleibt uns nur noch die Zitation der Autoren übrig, die man in anderen Büchern findet und die in den Eurigen fehlen. Diesem abzuhelfen gibt es ein sehr bequemes Mittel, denn Ihr braucht nur eins von den Büchern zu nehmen, in denen sie alle, wie Ihr sagt, von A bis Z zitiert sind. Das nämliche Abc könnt Ihr nun auch Eurem Buche anheften: sieht man auch die Lüge ganz deutlich, so tut Euch das nichts, da Ihr alle diese Autoren nicht braucht, und vielleicht ist doch einer oder der andere so einfältig, daß er glaubt, Ihr hättet sie wirklich alle bei Eurer einfachen schlichten Erzählung gebraucht. Überdies wird es niemand untersuchen, ob Ihr ihnen gefolgt seid, oder nicht, denn keiner kümmert sich darum, Ihr habt aber gar, wenn Ihr die Sache genau nehmt, alle der Sachen nicht nötig, die, wie Ihr sagt, Eurem Buche mangeln, denn das ganze Buch ist gegen die Ritterbücher gerichtet, die Aristoteles nicht kannte, die der heilige Basilius nicht erwähnt und Cicero niemals anführt; auch gehört in die Erzählung erdichteter Narrheiten keine pünktliche Wahrheit, oder Beobachtungen aus der Astrologie; auch die geometrischen Maße sind hier unnütz, sowie die Widerlegung der Argumente, deren sich die Rhetorik bediente; auch soll keinem eine Predigt gehalten werden, indem das Weltliche mit dem Göttlichen vermischt wird, eine Art Mischung, die kein christlicher Verstand billigen sollte. Euer Hauptzweck ist das darzustellen, was Ihr schreiben wollt, und je mehr Ihr das erreicht, je vorzüglicher wird Euer Buch sein, da Ihr Euch auch in Eurem Buche nichts weiter vorsetzt, als das Ansehen zu stürzen, indem bei der Welt und dem Haufen die Ritterbücher stehn, so gehen Euch auch die Sentenzen der Philosophen, die Ermahnungen der Heiligen Schrift, die Fabeln der Poeten, die Figuren der Redner, die Wunder der Heiligen gar nichts an, sondern Euer Augenmerk ist, Eure Erzählung in einem einfachen, ausdrucksvollen, edlen und geziemenden Stil zu verfassen, daß Eure Perioden sich wohlklingend und anständig fortbewegen und daß Ihr nach Eurer Absicht alles deutlich darstellt, ohne Eure Ideen durch Spitzfindigkeit oder Dunkelheit zu verwirren. Bewirkt, daß beim Lesen Eures Buches der Melancholische zum Lachen bewegt, der Lacher noch aufgeräumter werde, daß der Einfältige sich ergötze und der Verständige die Erfindung bewundere, daß der Ernste sie nicht verwerfe und der Klügere sie nicht verachten Kurz, richtet es ins Werk, daß Ihr das schlecht gegründete Ansehen dieser Ritterbücher zerstört, die von so vielen gehaßt und von noch mehreren verehrt werden; gelingt Euch dies, so ist Euch nichts Kleines gelungen.“

      Mit andächtigem Stillschweigen hörte ich dem Rat meines Freundes zu und seine Gedanken waren mir so einleuchtend, daß ich sie alle, ohne mit ihm zu disputieren, billigte, ja mir selbst vornahm, aus ihnen diesen Prolog zu bilden, in welchem du nun, freundlicher Leser, seinen Verstand findest, sowie mein Glück, daß ich ihn zu einer Zeit antraf, da mir guter Rat so nötig war, zugleich aber auch eine Freude für dich entdeckst, indem dir nun die aufrichtige und unverstellte Historie des berühmten Don Quixote von la Mancha geschenkt wird, der, wie alle Einwohner auf dem Gefilde Montiel behaupten, der keuscheste Verliebte sowie der tapferste Ritter gewesen ist, den man wohl seit vielen Jahren dort herum bemerkt hat. Ich will dir den Dienst nicht sehr hoch anrechnen, den ich dir damit erweise, daß ich dich mit einem so merkwürdigen und ehrenvollen Ritter bekannt mache; aber das verlange ich von dir, daß du mir für die Bekanntschaft seines Stallmeisters Sancho Pansa danken sollst, in welchem ich alle stallmeisterliche Lieblichkeit, die in den Scharen der unnützen Ritterbücher zerstreut ist, habe vereinigen wollen. Und hiemit beschütze dich Gott und vergiß mich nicht.

      Lebe wohl.

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