Tarzan – Band 1 – Tarzan und die weiße Frau. Edgar Rice BurroughsЧитать онлайн книгу.
ab.
Nachdem sie auf diese Weise eine Stunde verbracht hatten, rief Kerschak sie alle zusammen und befahl ihnen, ihm zu folgen.
Jetzt hieß es: Fort zur See hinunter!
Sie gingen zumeist aus der Erde, und folgten dem Weg, den die großen Elefanten durch das Dickicht der Bäume, Sträucher und Schlingpflanzen gebrochen hatten. Ihr Gehen war eine rollende, unbeholfene Bewegung, indem sie die Knöchel ihrer geschlossenen Hände auf den Boden setzten und ihren plumpen Körper vorwärts schwangen. Wenn aber der Weg zwischen niederen Bäumen hindurchführte, bewegten sie sich schneller, indem sie sich von Ast zu Ast mit der Gewandtheit ihrer Vettern, der kleinen Kletteraffen, schwangen.
Auch Kala war bei der Truppe, und sie trug den ganzen Weg ihr kleines, totes Kind fest an ihre Brust gedrückt.
Es war kurz nach Mittag, als sie eine Anhöhe erreichten, von wo sie den Strand übersehen konnten, an dem die Hütte lag.
Dorthin führte sie Kerschak!
Er wollte das Geheimnis ergründen, das diese Wohnung barg. Mehr als einmal hatte er gesehen, dass einer seines Stammes dort getötet wurde. Da drinnen war nämlich ein merkwürdiger weißer Affe; der hatte einen seltsamen schwarzen Stock, und wenn er diesen in die Hand nahm, gab es einen lauten Knall und dann blieb einer tot liegen. Kerschak wollte sich dieses todbringende Werkzeug aneignen und das Innere dieses geheimnisvollen Baues erforschen. Das musste ein wunderliches Tier sein, das da drinnen hauste. Er hasste es und hätte es gern in den Hals gebissen. Aber er fürchtete es auch, und deshalb kam er oft mit seinem Stamme dorthin auf Kundschaft. Er wollte eine Zeit abwarten, wo der Weiße nicht auf seiner Hut wäre.
Aber noch jedes Mal hatte er Pech gehabt. Sobald er sich mit seinen Angehörigen zeigte, erschien auch der Weiße mit seinem Stock und tötete irgendeinen von ihnen.
So hatte Kerschak es allmählich aufgegeben, einen Angriff zu wagen oder auch nur sich zu zeigen.
Nun war er gespannt, wie es heute gehen würde.
Der Weiße war nirgends zu erblicken. Kerschak wanderte mit seinen Angehörigen um die Hütte.
Als sie sahen, dass die Tür offen stand, krochen sie langsam, vorsichtig und geräuschlos heran. Da gab es kein Knurren und keine Wutschreie, denn sie durften den schwarzen Stock nicht wecken.
Sie kamen näher und näher, bis Kerschak selbst an der Tür war und heimlich hineinguckte. Hinter ihm waren zwei Männchen und dann Kala, die ihr totes Kleines noch immer fest an ihre Brust drückte.
In der Hütte sahen sie den seltsamen weißen Affen halb über dem Tisch liegen, die Arme um den Kopf gestreckt, und auf dem Bette lag eine mit einem Segeltuch bedeckte Gestalt, während von einer kleinen, einfachen Wiege das Wehklagen eines Säuglings herkam.
Kerschak war geräuschlos eingetreten und hielt sich zum Angriff bereit.
Da erhob sich John Clayton plötzlich und sah ihn an.
Er wurde starr vor Schrecken bei dem Anblick, der sich ihm bot: innerhalb der Tür standen drei große Affen, und hinter ihnen kamen deren noch mehr zum Vorschein, — wie viele, wusste er nicht.
Clayton sah, dass er verloren sei, denn seine Revolver und seine Gewehre hingen weit hinten an der Wand, und Kerschak ging zum Angriff vor.
Der riesige Affe stürzte sich auf den Wehrlosen, umfasste ihn und erdrückte ihn. Es war das Werk einer Minute.
Als er den schlaffen Körper des Leblosen losließ, wandte er seine Aufmerksamkeit der kleinen Wiege zu. Dabei kam Kala ihm aber zuvor. Das Wimmern des Säuglings hatte in ihrer Brust die Gefühle der Mutterschaft geweckt, und da sie diese an ihrem toten Kinde nicht mehr stillen konnte, ließ sie dieses in die Wiege fallen und nahm dafür den lebenden Säugling der Alice Clayton.
Als Kerschak das Kind ergreifen wollte, hatte sie es ihm schon weggeschnappt, und ehe er dazwischen fahren konnte, war sie zur Tür hinausgerannt und auf einen hohen Baum geflüchtet.
Hier liebkoste sie das schreiende Kind an ihrem Busen, und der Instinkt, der in diesem wilden Weibchen ebenso vorherrschte, wie in der Brust der zarten, schönen Mutter, der Instinkt der Mutterliebe, erstreckte sich auch auf das kleine Menschenkind.
Der Hunger hob allen Unterschied auf, und so wurde der Sohn eines englischen Lords und einer englischen Lady an der Brust von Kala, der großen Äffin, genährt.
Inzwischen untersuchten die Affen vorsichtig den Inhalt des Hauses, in das sie eingedrungen waren.
Als Kerschak sich von dem Tod Claytons überzeugt hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit der Gestalt zu, die auf dem Bette lag und mit einem Stück Segeltuch bedeckt war. Bedächtig hob er einen Zipfel des Leichentuches auf, aber als er den Körper der Frau darunter sah, riss er das Tuch mit einem Ruck von ihr weg und packte den stillen weißen Hals mit seinen riesigen behaarten Händen an.
Einen Augenblick drückte er seine Finger tief in ihr kaltes Fleisch ein, aber als er erkannte, dass sie schon tot sei, ließ er von ihr ab, um den Inhalt des Zimmers zu mustern.
Das Gewehr an der Wand zog zuerst seine Aufmerksamkeit auf sich. Das war jener seltsame, todbringende Donnerstock, den er nun schon seit Monaten in der Hand des weißen Affen gesehen hatte und dessen er sich so gern bemächtigt hätte, und nun, da er ihn ergreifen konnte, hatte er nicht den Mut, ihn anzufassen.
Vorsichtig näherte er sich dem Ding, jeden Augenblick bereit, zu fliehen, sobald das Mordwerkzeug losgehen würde. Er erinnerte sich noch sehr wohl, welch lauten Knall es von sich gab, wenn der wunderbare weiße Affe sich seiner bediente, sobald er angegriffen wurde, und wie dann jedes Mal einer seines Stammes tot zurückblieb.
Ein dunkles Bewusstsein sagte ihm allerdings, dass der Donnerstock nicht von selbst losgehe und dass er nur gefährlich wurde, wenn einer ihn in die Hand nahm.
Dennoch wagte er nicht, ihn zu berühren. Er ging vielmehr auf und ab, drehte dabei den Kopf, aber so, dass er den Gegenstand seiner Wünsche nicht aus dem Auge verlor. Der große König der Affen gebrauchte seine langen Arme, wie ein Mensch sich der Krücken bedient; bei jedem Schritt rollte er seinen schweren Rumpf weiter, knurrte oder stieß auch einen jener ohrenbetäubenden Schreie aus, die das Schreckenerregendste im ganzen Dschungel waren.
So ging er auf und ab.
Auf einmal machte er Halt vor dem Gewehr. Langsam streckte er die Hand danach aus, bis er den glänzenden Lauf beinahe berührte, zog sie abermals zurück und setzte seine eiligen Schritte im Zimmer fort.
Und