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Die schwarze Tulpe. Alexandre DumasЧитать онлайн книгу.

Die schwarze Tulpe - Alexandre Dumas


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      »Ich werde es versuchen,« und in Cornelius Antlitze malte sich die ganze Entschlossenheit eines großen, kühnen Mannes.

      »Habt Ihr denn keinen Wagen mitgenommen?«

      »Wohl nahm ich den meinen mit, aber ich ließ ihm am Teiche, in der Nähe des Hauptthores stehen.«

      »O nein,« rief das Mädchen mit unverkennbarer Freude, in die kleinen Hände klatschend. »Auch darauf habe ich gedacht. In der Voraussetzung, daß Euer Diener ein braver Mann sei, befahl ich ihm, mit dem Wagen an der Ausfallsthüre zu warten.«

      Der Blick, den die beiden Brüder wechselten, verrieth jene himmlische Empfindung, die in ihrer Seele entstehend, ihnen das ganze, verloren geglaubte Gebiet der Hoffnung wiedergab. Dann wendeten sich beider Augen nach dem reizenden Mädchen, das wie ein rettender Engel, den Unglücklichen den Weg des Heiles zeigen sollte.

      »Wird uns Dein Vater aber diese Thüre öffnen?« fragte Johann nach einer kurzen Pause.

      »Nein, er wird es auf keinen Fall thun.«

      »Was hilft uns dann Dein Rath?«

      »Das sollt Ihr gleich erfahren. Ich wußte seine Weigerung schon im voraus, benützte den Augenblick, wo er durch das Fenster mit einem Pistolenschützen vertraulich plauderte, und nahm von seinem Schlüsselbunde ohne Geräusch gerade das, was ich am nothwendigsten brauchte.«

      »Du hast also den Schlüssel?«

      »Ja, hier ist er!«

      »Kind,« sprach Cornelius, unfähig seine Rührung zu verbergen. »Ich bin seit Kurzem arm, ärmer vielleicht als Du es bist, ich besitze Nichts was ich Dir als Dank und Erinnerung für die schöne Handlung, die Du eben vollführst, zurücklassen könnte. Nimm das Einzige, was man mir in der trüben Zeit der Gefangenschaft ließ, meine Bibel, die Du noch in dem kurz verlassenen Kerker finden wirst. Nimm sie hin als den Beweis der tiefsten Empfindung, welche ich mein ganzes Leben hindurch für Dich hegen werde, ihr stelle ich zugleich den Wunsch zur Seite: Sie möge Dir einst Glück und Segen bringen.«

      »Ich danke, danke Euch, Cornelius, ich werde dies Denkmal der heiligsten Erinnerung nie aus meinen Händen geben, dann setzte sie seufzend, und so leise, daß die Brüder es nicht hören konnten hinzu. O! Schade, daß ich nicht lesen kann.«

      In diesem Augenblicke verdoppelte sich das Getöse auf der Straße.

      »Hörst Du es, meine Tochter,« rief Johann, »ich glaube, wir haben keine Minute zu verlieren.«

      »Ja, ja, kommt, last uns eilen.«

      Leicht wie eine Gazelle, mit ihrem kleinen Füßchen kaum den Boden berührend, schwebte die reizende Gestalt über den Hof nach dem entgegengesetzten Theile des Gefängnisses. Dort wartete sie auf die ihr nur langsam folgenden Brüder, führte diese über zwölf schmale steinerne Stufen in einen kleinen, von zackigen Ringmauern umgebenden Hof, öffnete daselbst eine, schmale eiserne Thür und ließ die Unglücklichen ins Freie treten.

      Der Wagen stand richtig an dieser Stelle.

      »Schnell, schnell,« rief der Kutscher mit der größten Besorgniß, als er seines Herrn ansichtig wurde.

      »Der Lärm wird immer stärker, ich glaube sie kommen schon.«

      Cornelius ward in den Wagen gehoben. Johann dann ergriff sodann Rosas Hand.

      »Leb wohl, mein gutes Kind,« sprach er mit einer Thräne im Auge, »alles was ich dir sagen oder bieten könnte, wäre zu schwach, Dir meinen Dank darzuthun. Möge der Allmächtige Dir in einer ungetrübten heitern Lebensbahn, in Erfüllung aller Deiner Wünsche, den Lohn für die Rettung zweier Menschen geben.«

      Rosa hielt die Hand des edlen Mannes noch einige Minuten fest, dann aber drückte sie ehrerbietig einen Kuß darauf.

      »Ein, eilt,« rief sie, »ich glaube, man schlägt schon an das Hauptthor an.«

      Johann war eingestiegen. Er schloß vorsichtig das zu beiden Seiten des Wagens herabhängende Leder, und gab dem Kutscher mit dem Rufe: Zum Tol-Hek, zugleich den Befehl zur Abfahrt.

      Der Tol-Hek war das Hauptthor von Haag. Durch dieses gelangte man zu dem Hafen von Scheveningen, in welchem ein kleines französisches Schiff, die Flüchtlinge erwartete.,«

      Der Wagen setzte sich in Bewegung, und von zwei stamändischen Pferden gezogen, rollte er schnell dahin.

      Rosa war an der kleinen Thüre stehen geblieben, bis eine vorspringende Straßenecke ihr das Fuhrwerk weiter unsichtbar machte.

      Dann trat sie zurück, schloß die Thüre sorgfältig zu, und warf den Schlüssel in einen nahe stehenden Brunnen.

      Das Getöse, das Rosa früher gehört, und das sie so besorgt gemacht hatte, rührte auch wirklich nur von den Anstrengungen des Pöbels her, der, nachdem Tilly und seine Soldaten den Platz geräumt, alle zu Gebote stehenden Mittel anwandte, sich den Eingang in das Gefängniß zu erzwingen.

      Zuerst hatte man an Gryphus, die Aufforderung gestellt, den Buytenhoff ohne Widerrede zu öffnen. Allein zu seinem Ruhme sei es gesagt, er weigerte sich beharrlich, Folge zu leisten, wenn nicht ein höherer Befehl ihn hier ermächtige. Nun nahm die Menge wieder zu dem bekannten und so beliebten Mittel seine Zuflucht, sie gebrauchte Gewalt. Aber das Thor war massiv gebaut, und von Innen so gut verwahrt, das es allen Anstrengungen zum Trotze nicht um ein Haarbreit aus seinen Fugen weichen wollte. Dies steigerte die Wuth der Stürmenden nur um so mehr, ihre Anstrengungen verdoppelten sich, und Gryphus, der anfänglich kalt und ruhig hinter dem selben gestanden war, bemerkte mit bangen Zagen, daß selbst dieser eherne Widerstand, ihn früher oder später verlassen, und der Wuth der Eindringenden, Preis geben würde. Schon überlegte er für sich, ob es nicht rathsamer wäre, den Eingang selbst zu öffnen, als er sich sanft am Arme berührt fühlte. Er sah sich um, Rosa stand vor ihm.

      »Hörst Du die Wüthenden?« sprach er zitternd.

      »Ich höre sie eben so klar und deutlich, wie Ihr.«

      »Was würdest Du in meiner Lage machen?«

      »Die Thüre einschlagen lassen.«

      »Dann ermorden sie mich.«

      »Ja, wenn sie Euch sehen würden.«

      »Und wie sollen sie mich nicht sehen?«

      »Verbergt Euch.«

      »Wo?«

      »In dem geheimen Gefängniß.«

      »Und Du, meine Tochter?«

      »Ich werde mit Euch hinabsteigen, die Thüre über mir zuschließen, und wenn die Wüthenden den Buytenhoff verlassen haben, kommen wir wieder unversehrt aus unserm Versteck hervor.«

      »Du hast recht, mein gutes Kind. Ich staune, was für eine Klugheit in Deinem kleinen Köpfchen steckt.«

      Beide betraten den langen Gang, den die Brüder Witt vor Kurzem verlassen, eilten an das Ende desselben, wo Rosa eine ganz unkenntliche Fallthüre aufhob, und mit ihrem Vater in einen kleinen, dunklen Raum hinabstieg.

      In dem Augenblicke, wo das Mädchen die Thüre über ihrem Kopfe wieder schloß, hatte der Pöbel das Hauptthor eingebrochen, und stürzte mit Wuth und Freudengeschrei in den Hof.

      »Wir sind gerettet,« sprach Rosa horchend.

      »Aber unsere Gefangenen?«

      »Lasset Gott über sie wachen, mein Vater, und erlaubt mir nur, daß ich über Euch wache.«

      Das Gefängniß, in welches Rosa ihren Vater geführt hatte, bot im Ganzen genommen, für zwei Personen einen hinlänglichen Raum. Es war unter den Namen geheimes Gefängniß, eine jener Lokalitäten, die nur den Behörden bekannt, von ihnen benutzt wurde, um entweder vornehme Angeklagte, die irgend eine, mächtige Partei besaßen, darin verwahrend, jeden Tumult, so wie ihre Befreiung zu verhindern, oder


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