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im Schlaraffenland. Heinrich MannЧитать онлайн книгу.

im Schlaraffenland - Heinrich Mann


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dichten und langen Wimpern hervorkam, in seiner Treuherzigkeit merkwürdig einschmeichelnd sei, und dass die bedingungslose Verehrung, die er ausdrückte, einer Dame überaus angenehm sein müsse. Flüchtig dachte er sogar an Frau Türkheimer. Er zögerte noch, denn der misslungene schwarze Rock, der dem gut gewachsenen Jüngling etwas Ungeschicktes gab, forderte zur Vorsicht auf. Das Haar war erbärmlich geschnitten, doch trug Andreas den Kopf recht gut. Dann entschloss sich Doktor Bediener.

      „Sie sollten sich vor allem beim Theater einführen, ich meine in den Kreisen, die dem Theater nahe stehen.“

      „Schon wieder das Theater,“ dachte Andreas. „Es muss doch etwas damit los sein.“

      Er öffnete den Mund, aber Doktor Bediener schnitt seinen Einwand ab.

      „Sie werden noch nichts für die Bühne geschrieben haben, das tut nichts zur Sache. Man erobert die Welt nicht mehr von der Schreibstube aus. Auch der Schriftsteller muss heutzutage mit seiner Person eintreten. Sie werden sich in der Gesellschaft umsehen müssen.“

      „Kommen jetzt Türkheimers?“ fragte sich Andreas.

      Aber der Chefredakteur zögerte wieder.

      „Halten Sie sich vorläufig an uns,“ sagte er. „Unsere Sonntagsbeilage ,Die Neuzeit‘ steht den jungen Talenten offen. Schicken Sie uns etwas, und nach zwei, drei Versuchen rechnen wir Sie zu unseren Hausdichtern, die bei den Bühnen natürlich einen Vorsprung haben. Das ist das, was ich Ihnen versprechen kann.“

      Die letzten Worte sprach er langsamer, er schien auf etwas zu warten. Aber Andreas sah schon die Spalten des „Nachtkurier“ zu seinem Empfange weit geöffnet. Seine sanguinischen Hoffnungen wurden alle wieder wach. Es ward ihm ganz heiß, und ohne sich zu bedenken, versetzte er:

      „Herr Doktor, ohne die große unverdiente Güte, die Sie mir entgegenbringen, würde ich nie gewagt haben, Sie darum zu bitten, verzeihen Sie, dass ich es jetzt wage: würden Sie mich als Volontär aufnehmen?“

      Doktor Bedieners Miene drückte plötzlich tiefe Besorgnis aus.

      „Sie irren sich,“ sagte er. „Ich meine es mit den jungen Leuten, die mir empfohlen sind, zu gut, um sie auf die von Ihnen bezeichnete Art kalt zu stellen. Haben Sie die dreißig Unglücklichen gesehen, die dort drüben die Zeit totschlagen?“

      Andreas begriff, dass das Fenster im Wartezimmer zu seiner und seinesgleichen Abschreckung angebracht sei.

      „Wen Herr Jekuser dort hinsetzt, das geht mich nichts an,“ fuhr Doktor Bediener fort. „Aber ich sehe, dass man dort durch das viele Herumlungern faul und unbrauchbar wird. Wer es am längsten ausgehalten hat, bringt es schließlich zu einer kleinen Anstellung bei einem Provinzblatt. Beschränken sich Ihre Träume darauf? — Nein, mein Lieber,“ so schloss der Chefredakteur, „wir haben es besser mit Ihnen im Sinn. Was wir Ihnen versprechen können, habe ich schon gesagt. Sie wissen ja, welcher wirksamen Empfehlung Sie unser Wohlwollen verdanken.“

      Bei jedem der von Doktor Bediener gebrauchten, geschäftsmäßig kühlen „wir“ überrieselte es Andreas kalt. Er ward sich bewusst, dass seine persönliche Unterredung mit einem hohen Gönner beendet sei und dass er sich nur noch als namenloser Bittsteller einem Mächtigen gegenüber befinde, lind dies bloß infolge seiner plumpen Ungeschicklichkeit; weil er durch eine dumme Bitte den ganzen schönen Erfolg des bisherigen Gespräches zerstört hatte! Nun fühlte er Doktor Bedieners Blick mit der deutlichen Ankündigung auf sich ruhen, dass die Audienz beendet sei. Und nun wandte sich der Chefredakteur ganz unverhohlen der Stutzuhr auf dem breiten Schreibtische zu. Der arme junge Mann biss sich auf die Lippen. Er war bleich und verwirrt, doch fest entschlossen, sich lieber vom Redaktionsdiener hinaussetzen zu lassen, als unverrichteter Dinge freiwillig zu gehen.

      „Ich habe nichts mehr zu riskieren,“ sagte sich Andreas. „Gehe ich jetzt, so hinterlasse ich den denkbar schlechtesten Eindruck.“ — „Ich muss die Empfehlung an Türkheimer haben,“ wiederholte er sich hartnäckig und starrte auf den hellgeblümten englischen Teppich, der den Boden des Zimmers bedeckte. Er wollte ein niedrig hängendes Ölgemälde betrachten, doch versagte ihm der Mut. Sein Blick wagte sich nicht höher als bis zu Doktor Bedieners Lackschuhen und den weißen Gamaschen, über die das graue Beinkleid mit unsäglicher Eleganz herabfiel. Wäre der Chefredakteur nur ein beliebiges großes Tier gewesen, vor dem ein armer junger Mann wie Andreas im Staube kriechen musste! Aber er gebot ihm Achtung als Persönlichkeit; darin lag das Demütigende. Vor Erregung ward Andreas von Ohrensausen befallen. Dazwischen hörte er Doktor Bediener auf den Rand des Schreibtisches trommeln. Er warf einen ängstlichen Blick von unten herauf, die Situation war nicht länger haltbar. Aber zu seiner Verwunderung drehte der Chefredakteur Herrn Schmückes Brief in der Hand. Er sah sogar mit einem halben Lächeln darüber hinweg auf den jungen Mann, dessen Standhaftigkeit ihm schließlich vielleicht Achtung abgewann. Der schwarze Rock musste allerdings mit in Kauf genommen werden. Dennoch überwog das Empfehlende in Andreas’ Erscheinung. Auch war Herr Schmücke Gumplachs gewichtigster liberaler Wähler.

      „Die gesellschaftlichen Verbindungen,“ sagte Doktor Bediener, „betrachte ich, wie gesagt, als eine Hauptsache. Ich bin auch gern bereit, Ihnen den Anfang zu erleichtern. Warten Sie, ich werde Sie an ein Haus empfehlen, wo die aussichtsreichen Talente stets mit Wohlwollen aufgenommen werden. Die Hausfrau sammelt die Blüte unserer kunstsinnigen Gesellschaft um sich, Sie werden einflussreichen Leuten begegnen. Profitieren Sie von dem Ton, der bei Türkheimers herrscht, lieber Freund!“

      Damit übergab er Andreas die Visitenkarte, die er während des Sprechens mit ein paar Zeilen beschrieben hatte. Der junge Mann sprang auf. In dem Stolz, den er über die Erreichung seines Zieles empfand, steckte er den kostbaren Umschlag so flüchtig in die Brusttasche, als käme es ihm gar nicht darauf an. Dieser Zug mochte den Beifall des Chefredakteurs finden, der die Hand auf Andreas’ Schulter legte und ihn sehr freundlich zur Tür geleitete. Im Vorzimmer konnte jedermann hören, wie Doktor Bediener zu dem sich Verabschiedenden sagte:

      „Auf Wiedersehen, lieber Freund!“

      „Merkwürdig,“ dachte Andreas, der blind vor Glück die Treppe hinabeilte, „ich meinte schon, es ganz mit ihm verdorben zu haben, und jetzt bin ich gar sein lieber Freund, wie Schmücke und Pohlatz. Nur nicht ängstlich!“ sagte er sich triumphierend, aber auf dem Treppenabsatz rannte er mit einem heraufstürmenden Menschen so heftig zusammen, dass beide sich aneinander klammern mussten, um nicht umzufallen.

      „Warum sagen Sie das nicht gleich?“ versetzte der Fremde, während sie sich umarmt hielten. Dann hob er die Blume auf, die seinem Knopfloch entglitten war.

      Trotz ihrer stürmischen Begegnung empfing Andreas einen günstigen Eindruck von dem Andern. Es war ein mittelgroßer, untersetzter junger Mann, der einen Zylinder trug. Seine Kleidung war ziemlich elegant, von einer Allerweltseleganz, die nirgends auffallen konnte. Sein Gesicht zeigte ebenfalls nichts Hervorstechendes, er konnte einen mit seinem forschenden Hundeblick ansehen und einem gerade unter der Nase umherschnüffeln, ohne dass man dies unverschämt fand. Er hatte etwas so Heiteres und Gutmütiges an sich, dass man ihn gewiss anstandslos überall einließ, ihm alles Mögliche anvertraute und dabei gar nicht auf ihn achtete. Was wäre für einen Reporter wünschenswerter? Schon wie er Andreas liebenswürdig beiseiteschob, um sich Platz zu machen, war es deutlich, dass er überall durchkommen und alles erfahren musste, was er wollte, ohne auf Hindernisse zu treffen. So unpersönlich wie er aussah, war ein Zusammenstoß mit ihm eigentlich gar keiner.

      Er stieg zwei Stufen höher, kam aber eilig zurück und sagte:

      „Ach pardon, hörensemal! Da wir nun doch Bekanntschaft gemacht haben, können Sie mir vielleicht sagen, ob der Chef guter Laune ist. Sie kommen doch vom Chef.“

      „Ich war beim Doktor Bediener,“ bestätigte Andreas.

      „Können Sie mir sagen, was Sie da gemacht haben?“ fragte der andere und er schlug dabei einen so freundschaftlich zusprechenden Ton an, dass Andreas sofort die Überzeugung gewann, er könne im eigenen Interesse nichts besseres tun, als dem Fremden sagen, was er beim Doktor Bediener gemacht habe.

      „Nun, ich war an


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