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Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda HuchЧитать онлайн книгу.

Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch


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und dazu von so aus­ge­zeich­ne­ter Ge­sund­heit, dass das Trin­ken ihn nicht vom leb­haf­ten Be­trieb und viel­fa­cher Tä­tig­keit ab­hielt. Die­se bei­den Her­ren ge­rie­ten leicht an­ein­an­der, weil ein Streit zwi­schen ih­nen schweb­te, in­dem der Her­zog auf meh­re­re Äm­ter An­spruch er­hob, die der Land­graf als sein Ei­gen­tum an­sah und stets an­ge­se­hen hat­te und in de­ren Be­sitz er sich, recht­li­cher Ent­schei­dung vor­grei­fend, ge­walt­sam ge­setzt hat­te. Da­von ab­ge­se­hen, reiz­ten den Land­gra­fen des Her­zogs brei­te Ge­müt­lich­keit, sein selbst­ge­fäl­li­ges Be­ha­gen, sei­ne alt­vä­te­rischen Sit­ten und die Lang­sam­keit sei­nes Ver­stan­des; den Her­zog da­ge­gen är­ger­te das neue­rungs­süch­ti­ge We­sen des Land­gra­fen, das er un­fürst­lich fand, sei­ne Re­de­fer­tig­keit und Über­le­gen­heit, wie er denn das Ge­fühl hat­te, als schla­ge der Land­graf sei­ne, des Her­zogs, welt­be­rühm­te Ge­lehr­sam­keit ge­ring an. Al­ler­dings dach­te der Land­graf dies­be­züg­lich, der Her­zog sei ein Fass voll Sau­er­kraut, es sei wohl viel dar­in, aber ge­rin­ge, gro­be Nah­rung. In der Po­li­tik war Her­zog Hein­rich im Grun­de der Mei­nung, die Din­ge wä­ren gut, wie sie eben wä­ren, und das alte Rö­mi­sche Reich, wie es nun ein­mal sei, dür­fe durch­aus nicht an­ge­tas­tet wer­den; da er aber dar­auf er­picht war, die Stadt Braun­schweig, die sich als Reichs­stadt ge­bär­de­te, sich un­ter­tä­nig zu ma­chen, und der Kai­ser in die­sem Zwist kürz­lich ge­gen ihn und zu­guns­ten der Stadt ent­schie­den hat­te, schloss er sich mit zä­hem Nach­druck den Fürs­ten an, die es an­ti­kai­ser­lich trie­ben.

      Be­vor es zu ei­ner ge­mein­sa­men Be­rat­schla­gung kom­men konn­te, muss­te der zwi­schen dem Land­gra­fen und dem Her­zog schwe­ben­de Streit we­gen der Äm­ter in et­was bei­ge­legt wer­den, was der Pfalz­graf über sich nahm; dann tra­ten die Her­ren der Sa­che nä­her un­ter ei­ner star­ken Rede des Her­zogs Hein­rich Ju­li­us, wie schimpf­lich der spa­ni­sche Ein­fall für das Reich sei. Wenn es nicht Spa­ni­en wäre, mein­te Hes­sen, wür­de der Kai­ser sich eher rüh­ren, wie trä­ge er auch sei. Nun, man müs­se eben selbst han­deln, sag­te Hein­rich Ju­li­us, und da sie ein­mal so weit ei­nig wä­ren, sol­le das Un­we­sen bald ein Ende neh­men. Als es dar­an ging, das Heer zu­sam­men­zu­brin­gen, das die Spa­nier ver­trei­ben soll­te, zeig­ten sich je­doch vie­ler­lei Schwie­rig­kei­ten in Be­zug auf die An­zahl der Trup­pen und wie sie auf je­den zu ver­tei­len wä­ren; denn es woll­te je­der so we­nig wie mög­lich be­sol­den. Am Ende, mein­te Mo­ritz von Hes­sen, kön­ne man sich so hel­fen, dass man es den Hol­län­dern über­las­se, die Spa­nier zu ver­trei­ben, und sie nur mit Geld da­bei un­ter­stüt­ze. Die Hol­län­der hät­ten so­wie­so Sol­da­ten auf den Bei­nen und hät­ten eben­so viel In­ter­es­se dar­an wie das Reich selbst, dass die Spa­nier sich nicht im Cle­ve­schen fest­setz­ten. Was? rief der Her­zog von Braun­schweig ent­rüs­tet, mit den Hol­län­dern wol­le man ge­mei­ne Sa­che ma­chen und ih­nen gar noch Dank schul­dig wer­den? Mit den Re­bel­len und Trotz­köp­fen, die es den Fürs­ten gleich­tun woll­ten? Lie­ber wol­le er spa­nisch oder tür­kisch wer­den, und es sol­le kei­ner mehr mit ei­nem sol­chen Vor­schlag sei­ner fürst­li­chen Ehre zu nahe tre­ten. Dies war eine be­son­de­re Krän­kung für Mo­ritz von Hes­sen, der mit den hol­län­di­schen Staa­ten in ei­nem freund­schaft­li­chen Ver­hält­nis stand, so viel wie mög­lich Hol­län­der nach Hes­sen zu zie­hen und die dort herr­schen­de Blü­te an Kunst und Ge­wer­be in sein Land zu ver­pflan­zen such­te.

      Nach Ver­lauf ei­ni­ger Wo­chen, wäh­rend wel­cher die Spa­nier ernst­lich ver­warnt wor­den wa­ren, sich aus dem Reich zu­rück­zu­zie­hen, ei­nig­te man sich über die Zahl der zu wer­ben­den Trup­pen; nun aber er­klär­te Chris­ti­an von An­halt, er wol­le den Ober­be­fehl, wor­auf man sich doch ver­las­sen hat­te, nicht über­neh­men. An sei­nem Mut und gu­ten Wil­len wer­de man nicht zwei­feln, sag­te An­halt, es sei ja be­kannt, un­ter wel­chen Schwie­rig­kei­ten er sei­ner­zeit dem Kö­nig von Frank­reich zu Hil­fe ge­kom­men sei; aber sei­ne Ehre sei ihm zu lieb, als dass er sie bei ei­ner zwei­fel­haf­ten Sa­che aufs Spiel set­zen möch­te. Er habe von An­fang an ge­sagt, dass man mehr Mit­tel an das Un­ter­neh­men wen­den müs­se, wenn et­was da­bei her­aus­kom­men sol­le, und wenn man nicht auf ihn höre, wol­le er auch kei­ne Rol­le da­bei spie­len.

      Zwar ver­dach­ten die Fürs­ten dem An­hal­ter des­sen Ent­schluss, aber er brach­te Mo­ritz von Hes­sen auf den Ge­dan­ken, dass er an sei­ner Stel­le das Amt des Feld­herrn über­neh­men und auf die­sem Fel­de Lor­bee­ren ge­win­nen kön­ne. Es be­mäch­tig­te sich sei­ner bei der Vor­stel­lung eine ge­wis­se Un­ru­he, und er wuss­te selbst kaum, ob sei­ne Lust oder sei­ne Be­den­ken grö­ßer wä­ren. Ge­fah­ren und Stra­pa­zen fürch­te­te er nicht; und doch fühl­te er sich des Er­fol­ges nicht so si­cher, wie wenn er ein ma­the­ma­ti­sches Pro­blem hät­te lö­sen oder eine theo­lo­gi­sche Dis­pu­ta­ti­on hät­te hal­ten sol­len. In­des­sen ge­ra­de die­se Un­si­cher­heit sporn­te ihn an; es war ihm, als ob je­der die Zwei­fel hege, die in ihm selbst auf­stie­gen, und als müs­se er sie durch die Tat ent­kräf­ten.

      Kaum war Land­graf Mo­ritz mit sei­nem Aner­bie­ten her­vor­ge­tre­ten, als der Her­zog von Braun­schweig er­klär­te, er habe sich be­reits zum Di­rek­to­ri­um des Krie­ges ent­schlos­sen und wol­le nun nicht da­von zu­rück­tre­ten. Er dach­te bei sich, es sei ein lä­cher­li­cher An­spruch von Mo­ritz, der doch nur ein Maul­held sei, den Feld­herrn spie­len zu wol­len, wäh­rend der Land­graf fand, nach­dem Hein­rich Ju­li­us erst kürz­lich vor Braun­schweig ab­ge­blitzt sei, täte er bes­ser, hin­ter sei­nem Bier­krug sit­zen zu blei­ben. Hier­über zer­schlug sich der Feld­zug der ver­bün­de­ten Fürs­ten; die Trup­pen, die sie schon ge­wor­ben hat­ten, über­nah­men die be­nach­bar­ten Krei­se; da die­se aber kein Geld hat­ten, sie or­dent­lich aus­zu­rüs­ten und zu un­ter­hal­ten, ver­lief sich das Heer, be­vor et­was Ei­gent­li­ches un­ter­nom­men war, und die Fes­tung Or­sau blieb einst­wei­len im Be­sit­ze der Spa­nier.

      1 On­kel <<<

      Wäh­rend der jun­ge Erz­her­zog Fer­di­nand von Stei­er­mark zu In­gol­stadt stu­dier­te, be­gab es sich an ei­nem Fest­ta­ge, dass er spä­ter als ge­wöhn­lich zur Mes­se in die Kir­che kam und den vor­de­ren Stuhl, den er sonst in­ne­hat­te, von sei­nem Vet­ter Ma­xi­mi­li­an, dem Soh­ne des Her­zogs von Bay­ern, be­setzt fand. In­dem er die­sen mit freund­li­chem An­la­chen be­grüß­te, blieb er war­tend vor ihm ste­hen, und da Ma­xi­mi­li­an nicht Mie­ne mach­te, ihm den Platz zu über­las­sen, for­der­te er ihn leich­ten To­nes dazu auf. Er wis­se nicht, dass das Fer­di­n­ands Stuhl sei, ant­wor­te­te Ma­xi­mi­li­an zö­gernd und kühl; dass er ihn bis­her ge­habt hät­te, hin­de­re nicht, dass heu­te er, Ma­xi­mi­li­an, ihn be­hal­te, da er ihm ein­mal zu­vor­ge­kom­men sei. »Mein Platz ist es«, ent­geg­ne­te Fer­di­nand, »weil er als der vor­de­re mei­nem Ran­ge ge­bührt, und lege ich auch als Freund und Vet­ter kei­nen Wert dar­auf, so bin ich es doch seit dem Tode mei­nes Va­ters mei­ner Wür­de schul­dig, dar­auf zu be­ste­hen.«

      Hät­te er ge­wusst, sag­te Ma­xi­mi­li­an, dass Fer­di­nand es so auf­fass­te, wür­de er ihm den Stuhl vor­her nicht im­mer über­las­sen ha­ben, was nur aus dem Grun­de ge­sche­hen sei, weil er sich an der bay­ri­schen Lan­des­u­ni­ver­si­tät dem stei­er­mär­ki­schen Vet­ter


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