Alternative Kraftstoffe. Sven GeitmannЧитать онлайн книгу.
Methanol
1 EINLEITUNG
Der Energiesektor befindet sich in einem Wandlungsprozess. Die bestehenden Strukturen, basierend auf einer zentralistischen Energieversorgung mit fossilen Energieträgern, werden nicht nur von wissenschaftlicher Seite in Frage gestellt. Mittlerweile meldet sich auch verstärkt die politische Seite zu Wort, und sogar die Verbraucher mischen sich zunehmend in die Diskussion mit ein. Grundlegende Veränderungen in der Energiewirtschaft zeichnen sich ab: Mineralölkonzerne engagieren sich mehr denn je im Bereich alternativer Kraftstoffe, Energieversorger werben offensiv mit Energiesparmaßnahmen, und selbst die Autokonzerne, die lange gebremst haben, müssen sich mit Kohlendioxidreduzierung und Hybridlösungen auseinander setzen und angesichts der weltweiten Automobilkrise ihren gesamten Fuhrpark auf sparsamere Modelle umstellen. Auch auf der Verbraucherseite reift das Bewusstsein, dass ein nachhaltiger Umgang mit Energie nicht nur die Umwelt, sondern auch den eigenen Geldbeutel schont.
Dieser Umorientierungsprozess betrifft nicht nur Deutschland. Weltweit ist in den vergangenen Jahren die Erkenntnis gereift, dass die Energiepolitik der führenden Industrienationen aus unterschiedlichen Gründen nicht zukunftsfähig ist und daher abgelöst werden muss von einer auf Nachhaltigkeit basierenden Politik. Der zunehmende weltweite Energiebedarf, hervorgerufen durch Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und Globalisierung, kann allein mit Mineralöl langfristig nicht gedeckt werden. Die Ausbeutung der natürlichen Erdöl- und Erdgas-Vorkommen verursacht erhebliche Umweltprobleme, während die fossilen Ressourcen immer weiter dahinschmelzen. Hinzu kommt, dass die Abhängigkeit der ölimportierenden Länder von den Fördernationen ein zunehmendes politisches Konfliktpotential birgt.
Eine Abkehr von diesen Strukturen ist daher unvermeidlich. An ihre Stelle treten zunehmend neue Strukturen basierend auf erneuerbaren Energieträgern und alternativen Techniken. Das Schlagwort für diese neue energiepolitische Ära lautet: Nachhaltigkeit.
Eine nachhaltige Politik verlangt einen im Hinblick auf kommende Generationen verantwortungsbewussten Umgang mit Energie und Umwelt. Es geht um den effizienten Einsatz erneuerbarer Energieressourcen, die innerhalb der Nutzungsdauer wieder regeneriert werden können und bei der Verbrennung nur so viel Kohlendioxid freisetzen, wie zuvor bei der Erzeugung gebunden wurde.
Eine Ablösung der heutigen konventionellen Energiepolitik, die auf fossilen Primärenergieträgern und Kernbrennstoffen basiert, durch eine nachhaltige Politik ist jedoch nicht ohne weiteres von heut auf morgen realisierbar. Das Potential der erneuerbaren Energien ist zwar beträchtlich, steht aber nicht sofort in vollem Umfang zur Verfügung. Umso wichtiger ist es daher, den Anteil alternativer Energietechniken zügig zu vergrößern und umweltschonendere Antriebstechniken dort einzusetzen, wo es heute bereits möglich ist.
Einen wesentlichen Teil der Übergangsstrategie vom fossilen zum regenerativen Energiemanagement bildet – neben der zukünftig zunehmenden Nutzung von Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen – der verstärkte Einsatz von alternativen Kraftstoffen wie zum Beispiel Biodiesel, Pflanzenöl und Ethanol. Diese Energieträger können entscheidend dazu beitragen, dass die Mineralölreserven geschont werden, die Autarkie gefördert und gleichzeitig die Umweltbelastung durch Schadstoffemissionen vermindert wird. Auch Flüssiggas und Erdgas werden zu diesen Alternativlösungen gerechnet, obwohl es sich bei ihnen um fossile Energieträger handelt, deren Nutzung Umweltprobleme verursacht und die Ressourcen dezimiert. Als kurz- und mittelfristige Übergangslösung sind sie aber dennoch durchaus geeignet, vorausgesetzt, dass ihr Einsatz zeitlich befristet bleibt. Langfristig muss jedoch nach anderen Alternativen gesucht werden.
Im Fokus einer nachhaltigen Energiepolitik stehen derzeit die biogenen Kraftstoffe der ersten (Biodiesel, Pflanzenöl, Bioethanol) sowie der zweiten Generation (synthetische Kraftstoffe), obwohl auch hier noch einige Fragen offen sind. Hat der Anbau von Bioenergiepflanzen Sinn, wenn dafür riesige Urwaldflächen gerodet werden müssen? Ist es wirklich zielführend, große Mengen an Raps und Mais mit viel Dünger- und Pestizideinsatz erwirtschaften zu wollen, nur um anschließend einen „sauberen Kraftstoff“ einsetzen zu können? Lässt es sich verantworten, Getreide in Form von Bioethanol zu verbrennen, wenn in vielen Regionen der Welt Hunger herrscht? Nein. Hier muss sehr genau auf die gesamte Umwandlungskette der jeweiligen Kraftstoffe geachtet werden, von der Aussaat bis zum Abgas, und darauf, welcher Weg wirklich sinnvoll ist. Nicht alles, was die Vorsilbe „Bio“ trägt, ist auch wirklich nachhaltig.
Außerdem haben Maßnahmen zum Umweltschutz beziehungsweise zur Ressourcenschonung nur dann wirklich Sinn, wenn damit eine Energiesparpolitik einhergeht. Eine merkliche Effizienzsteigerung ist insbesondere vor dem Hintergrund des rasant steigenden Energiebedarfs in China, Indien und etlichen weiteren ehemaligen Entwicklungsländern von überaus großer Bedeutung.
Der derzeitige Gesamtwirkungsgrad bei der Energienutzung innerhalb Deutschlands liegt bei nur 30 %, weltweit liegt er lediglich bei 10 %. Eine derartige Verschwendung von insgesamt rund 90 % der nutzbaren Energie kann sich die Menschheit nicht länger leisten. Hier ist noch sehr großes Optimierungspotential vorhanden, um den Gesamtenergieverbrauch mit sinnvollen Einsparmaßnahmen zu reduzieren und die Effizienz signifikant zu erhöhen.
Dieses Buch soll dabei helfen, auf derartige energiewirtschaftliche Probleme hinzuweisen. Etwaige Verständnislücken sowohl bei Verbrauchern als auch bei Entscheidungsträgern können damit hoffentlich beseitigt werden, um einen bewussten Umgang mit Energien und eine nachhaltige Handlungsweise zu ermöglichen.
Um dies zu erreichen, wird im Folgenden zunächst über die derzeitige Situation im Energiesektor aufgeklärt. Es werden verschiedene alternative Kraftstoffe mit ihren Eigenschaften sowie Vor- und Nachteilen vorgestellt. Dies umfasst sowohl ihre chemischen und physikalischen Merkmale als auch ihre unterschiedlichen Herstellungsverfahren und Einsatzgebiete. Im Mittelpunkt steht dabei die Fahrzeugumrüstung, bei der aus ineffizienten Benzinmotoren relativ sauberere Gasmotoren und aus rußenden Dieselfahrzeugen