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Die bedeutendsten Grabreden. Bruno KernЧитать онлайн книгу.

Die bedeutendsten Grabreden - Bruno Kern


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Bischofs, verbietet im Jahr 391 endgültig die heidnischen Kulte und untersagt zwei Jahre später auch die – den heidnischen Göttern gewidmeten – olympischen Spiele. Das Christentum wird endgültig zur Staatsreligion. Erst das Wegbrechen der religiösen Basis mit der Reformation leitete im Abendland jene Entwicklung im Verhältnis von Kirche und Staat ein, die in die Säkularisierung münden konnte.

      Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse wird erst die wahre Bedeutung des Lobes der Demut und des Glaubens des Kaisers in der Leichenrede klar: Ein Kaiser hat sich in Ambrosius’ Verständnis der Kirche zu unterwerfen.

      Der außerordentliche Einfluss des Ambrosius auf die Politik erklärt sich vor allem aus der damals gefährdeten und bedrohten Situation des Römischen Reiches. Tatsächlich wird Rom bereits dreizehn Jahre nach dem Tod des Ambrosius (397) von den Wisigoten besetzt.

      Zur äußeren Situation der Rede ist noch anzumerken: Theodosius war in Mailand gestorben und sollte nach vierzig Tagen nach Konstantinopel überführt werden. Ambrosius hält seine Trauerrede vor der Überführung des Leichnams in Anwesenheit des zehnjährigen Honorius, der dem Kaiser auf dem Thron nachfolgen sollte.

      Die Rede

      Das also drohten uns die schweren Erdbeben, das die unaufhörlichen Regenschauer und kündigte die außergewöhnliche Dunkelheit und Finsternis, dass unser gnädigster Kaiser Theodosius vom Irdischen scheiden würde. Selbst die Elemente trauerten über seinen Hingang. Der Himmel war in Dunkel gehüllt, die Luft starrte ständig in Finsternis, die Erde schütterte unter Beben und war vollbedeckt von strömenden Wassern. Warum auch sollte nicht selbst die Welt trauern, dass jählings ein Herrscher hinweggerafft werden sollte, durch den das harte Los dieser Welt so gern Linderung erfuhr, indem er die Vergehen, ehe er sie strafte, verzieh? […]

      Ihr erinnert euch doch, welche Triumphe euch der Glaube des Theodosius errungen hat. Da infolge des engen Geländes und der Behinderungen durch den Tross das Heer etwas zu spät in die Schlacht eintrat und der Feind infolge der Verzögerung des Kampfes zum Sturm überzugehen schien, sprang der Kaiser vom Ross, trat allein vor die Schlachtreihe und rief: „Wo ist der Gott des Theodosius?“ Schon stand er Christus ganz nahe, da er dies sprach. Wer könnte denn auch so sprechen, wenn er sich nicht als Anhänger Christi fühlte? Durch diesen Ruf nun begeisterte er alle, durch sein Beispiel wappnete er alle. Gewiss, er stand an Jahren bereits im Greisenalter, kraft des Glaubens aber im kräftigen Mannesalter.

      Der Glaube des Theodosius war also euer Sieg; euer Glaube und eure Treue seien die Stärke seiner Söhne! Glaube und Treue ergänzen deren Alter. So sahen auch weder Abraham, da er im hohen Alter einen Sohn erzeugen, noch Sara, da sie ihn gebären sollte, auf ihr Alter. Und kein Wunder, wenn der Glaube das Alter ersetzt: Stellt er doch das Zukünftige dar. Was ist denn der Glaube anders als „die Wesenheit der Dinge, die man hofft“? So lehrt uns die Schrift. Wenn nun der Glaube die Wesenheit der zu hoffenden Dinge ist, um wie viel mehr der sichtbaren Dinge? Ein großes Gut ist der Glaube, von dem geschrieben steht: „Der Gerechte aber lebt aus dem Glauben, und zieht er sich zurück, wird er meiner Seele nicht gefallen.“ […]

      Wenn es viel heißt, irgendeinen barmherzigen oder glaubensvollen Menschen zu finden, wie viel mehr einen solchen Kaiser, den die Macht zum Strafen reizt, das Erbarmen aber davon zurückhält? Was gibt es Herrlicheres als den Glauben eines Kaisers, den die Macht nicht übermütig, der Stolz nicht hochfahrend, sondern der Frommsinn demütig macht? […] Einen Gefallen erblickte Theodosius glorreichen Angedenkens darin, wenn man ihn um Verzeihung bat; und desto näher stand er der Nachsicht, je mehr die Zorneswallung ihn anwandelte. Ein günstiges Vorzeichen der Vergebung war es, wenn er entrüstet war: und man wünschte an ihm, was man an anderen fürchtete, den Zorn. Das war das Heil der Angeklagten: Obschon er über alle Gewalt hatte, wollte er lieber wie ein Vater rügen, denn als Richter strafen. Oft sahen wir Schuldige, die er strenge tadelte, zittern – und sie wurden, ihrer Missetat überführt, von der Schuld freigesprochen, nachdem sie bereits die Hoffnung aufgegeben hatten. Zur Einsicht wollte er sie bringen, nicht sie büßen lassen. Ein Richter mit gerechter Waage, doch kein Strafrichter, da er keinem Geständigen die Verzeihung verweigerte. Oder handelte es sich um einen geheimen Gewissensfall, stellte er ihn Gott anheim. Dieses sein Wort fürchteten die Leute mehr als Strafe. Mit so zarter Rücksicht ging dabei der Kaiser vor, dass er sich die Leute mehr durch Gottesfurcht als durch Menschenfurcht verpflichten wollte. […]

      Etwas Edles ist es um einen barmherzigen Menschen, der anderen helfend für sich selbst sorgt und durch die Arznei für fremde Wunden die eigenen heilt. Denn wer zu verzeihen versteht, erkennt sich selbst als armseligen Menschen und wandelt die Wege Christi, der, als er Fleisch angenommen, lieber als Erlöser denn als Richter in diese Welt kommen wollte.

      Daher das schöne Wort des Psalmisten: „Ich habe geliebt, weil der Herr die Stimme meiner Bitte erhört.“ Bei der Lesung dieses Psalmes war es uns, als hörten wir den Theodosius selbst sprechen. „Ich habe geliebt“, beteuerte er. Ich erkenne die gottliebende Stimme; denn ich erkenne die Klänge, die diese Stimme bezeugen. Und er hat in Wahrheit geliebt, der seine Pflichten mehr als gewissenhaft erfüllte; der seinen Gegnern das Leben schenkte; der seine Widersacher liebte; der seinen Todfeinden verzieh; der es nicht über sich brachte, jene dem Untergang zu weihen, die nach seiner Krone strebten. Nicht der mittelmäßige, sondern der vollendete Schüler des Gesetzes kann das Wort sprechen: „Ich habe geliebt“; denn „die Vollendung des Gesetzes ist die Liebe“. […]

      Ein großes Gut ist die Demut, welche die in Gefahr Schwebenden rettet, die am Boden Liegenden aufrichtet. Sie kannte jener David, der ausrief: „Sieh, ich bin es, der gesündigt hat, ich der Hirte, der Böses getan hat: doch diese in der Herde hier, was haben sie getan? Wider mich kehre sich deine Hand!“ Mit gutem Grund spricht er so, nachdem er seine Krone Gott zu Füßen legte, Buße tat, seine Sünde bekannte und um Verzeihung bat: Auch Theodosius hat durch Demut das Heil erlangt. Christus erniedrigte sich, um alle zu erhöhen. Auch er ist zur Ruhe Christi gelangt, der dem demütigen Christus folgte.

      Eben darum, weil Kaiser Theodosius sich demütig erwies und, sobald die Sünde ihn angewandelt hatte, um Verzeihung bat, kehrte seine Seele heim in ihre Ruhe […]

      Frei und ledig dieser weltlichen Sorgen freut sich Theodosius, ihnen entronnen zu sein, und hebt seine Seele empor und lenkt sie hin zu jener ewigen Ruhe. Er beteuert, wie herrlich für ihn gesorgt sei, weil Gott seine Seele dem Tode entrissen, dem Tode, dem er, von den Fluten der Sünde ruhelos herumgeworfen, in dieser schlüpfrigen Welt so oft ausgesetzt war; weil er desgleichen von seinen Augen die Tränen genommen, denn „der Schmerz wird fliehen und die Trauer und die Klage“. Und an einer anderen Stelle lesen wir: „Er wird abwischen jede Träne von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein noch Trauer noch Jammer noch Schmerz.“ […] Das ist also das Land der Lebendigen, wo die Seele weilt, die nach dem Bilde und Gleichnisse Gottes geschaffen ist, nicht der Leib, aus Lehm gebildet. Daher kehrt das Fleisch zur Erde zurück, die Seele eilt der überirdischen Ruhe entgegen. Ihr gilt die Einladung: „kehre heim, meine Seele, in deine Ruhe!“ […]

      Schwankendem Streite entrückt, genießt jetzt Theodosius erlauchten Andenkens das ewige Licht, den dauernden Frieden und erfreut sich der Segensfülle der göttlichen Vergeltung für das, was er in diesem Leibesleben getan hat. Weil Theodosius erlauchten Andenkens den Herrn seinen Gott geliebt hat, darum verdiente er sich die Gemeinschaft der Heiligen.

      Auch ich, um mit einer Art Schlusswort meine Rede zu beschließen, habe den Mann geliebt voll Erbarmen, voll Demut auf dem Kaiserthron, lauteren Sinnes und sanften Herzens, wie der Herr einen solchen zu lieben pflegt, der beteuert: „Auf wem soll ich ruhen, als auf dem Demütigen und Sanftmütigen?“

      Ich habe den Mann geliebt, der mehr dem Tadler als dem Schmeichler beipflichtete. Er legte allen königlichen Schmuck ab, den er zu tragen pflegte, beweinte öffentlich in der Kirche seine Sünde, die ihn auf das trügerische Zureden anderer übermannt hatte, und flehte unter Seufzen und Tränen um Vergebung. Wessen gewöhnliche Leute sich schämen, dessen schämte der Kaiser sich nicht: öffentlich Buße zu tun. Und auch später verging kein Tag, an dem er nicht schmerzlich jener Verirrung gedacht hätte. Und wie? Als er einmal einen herrlichen Sieg errungen hatte, enthielt er sich gleichwohl, weil Feinde


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